In Den Armen Des Schicksals
vorwärtshastete.
„Billie! Antworte mir!“
Der Rauch war hier zu sehen, doch mit dem Wind, der ihn vor sich hertrieb, konnte Iain den Brandherd nicht ausmachen. Er nahm an, dass die Flammen in einiger Entfernung lodern mussten, doch sicher war er sich nicht. Auch blieb keine Zeit, lange darüber nachzudenken, wie ein Brand in diesem verlassenen Ort überhaupt entstehen konnte. Für Gewitter oder achtlose Camper war es die falsche Jahreszeit. Manche Landbesitzer legten kontrollierte Feuer an ihre Moorlandstreifen, um die Vegetation für den Wildbestand zu fördern, doch Iain hatte das nie für ökologisch sinnvoll gehalten. Und selbst dafür war es nicht der richtige Zeitpunkt.
Er begann zu rennen, rief unablässig Billies Namen, doch der Wind zerriss seine Rufe. Der Rauch wurde dichter, und noch immer konnte Iain keine Flammen sehen. Er rannte weiter, weil es keine andere Wahl gab.
Rauch drang in seine Lungen und erstickte seine Rufe. Er verlangsamte das Tempo, doch er lief weiter. Dunkelheit und Rauch ließen die Sicht mehr und mehr schwinden. Er fragte sich, wie er sie finden sollte, es sei denn, er stolperte über sie. Das Moor war weit, das Terrain trügerisch. Er könnte nur Meter an ihr vorbeilaufen, ohne es zu bemerken.
„Billie!“
Er hörte etwas hinter der undurchdringlichen Wand aus Dunkelheit vor ihm. Ein Keuchen, ein erstickter Aufschrei. Er konzentrierte sich darauf und schlug die Richtung ein, aus der der Laut gekommen war. „Billie? Sag etwas, verdammt. Führe mich.“
„Iain.“
Seine erste Erleichterung erhielt einen erheblichen Dämpfer, als er die Flammen sah. Er kam über eine Anhöhe und sah den roten Schimmer am Horizont. „Billie!“
„Hier.“ Sie tauchte aus der Dunkelheit auf. Sie hinkte, aber sie konnte allein laufen. „Ich bin hier.“
Ohne Zeit mit Nachdenken zu verschwenden, lief er zu ihr und zog sie in seine Arme. „Du bist verletzt.“ Er küsste sie aufs Haar, strich mit den Händen über ihren Rücken, musste sich überzeugen und wollte trösten. „Billie.“ Er umfasste ihr Gesicht und küsste sie, hart, dann löste er sich von ihr. „Wir müssen hier weg.“
„Weißt du, wie?“
„Aye.“
„Ich habe mir den Fuß verstaucht. Ich kann nicht schnell laufen.“
„Ich stütze dich. Komm.“
Er schlang den Arm um ihre Hüfte und zog sie an seiner Seite mit sich. Er merkte, welche Anstrengung es sie kostete, mit ihm Schritt zu halten, doch kein Laut der Klage kam über ihre Lippen. All das, was zwischen ihnen unmöglich war, war jetzt unerheblich.
Sie stolperte, und er hielt sie fester. „Vorsicht. Ich will nicht, dass du dich noch mehr verletzt.“
„Es breitet sich so schnell aus. Erst war es nur Rauch, dann ein roter Schimmer, und dann konnte ich die Flammen sehen.“
„Wir sind schneller.“
„Wer kann das Feuer gelegt haben?“
Diese Frage hatte er sich auch schon gestellt. „Niemand. Ein unerklärliches Naturereignis oder ein Missgeschick. Wie hast du dir den Fuß verletzt?“
„Ich bin in ein Loch im Boden getreten und umgeknickt.“ Abrupt blieb sie stehen. „Iain, sieh!“
Er hob den Kopf. Vor ihnen loderten Flammen wie Feuertürme in den Himmel. Er fluchte laut. „Wir sind falsch abgebogen.“
„Nein, das glaube ich nicht. Es kreist uns ein.“
Es konnte unmöglich stimmen, und doch fürchtete er, dass sie recht hatte. Er zog sie in eine andere Richtung. Von hier aus konnten sie noch immer die Straße erreichen, auch wenn es weiter war und er nicht wusste, wie lange Billie noch durchhalten würde. „Halt dich an mir fest.“
Sie humpelte stärker, strengte sich aber tapfer an. Er spürte, wie sie alle Kraftreserven aus sich herausholte. Ihr Körper fühlte sich so zerbrechlich an seiner Seite an. Trotz aller quicklebendigen Energie und ihres Löwenmuts war sie dennoch eine zierliche Frau und nun auch noch eine verletzte. „Ich werde nicht zulassen, dass dir etwas geschieht. Ich hole dich hier raus“, versprach er.
„Uns wird nichts geschehen.“
Er wollte den Worten glauben, doch am Horizont vor ihnen konnte er die Flammen sehen. Schon wieder waren sie eingeschlossen. Die Luft war erdrückend. Er hörte Billie husten, bevor er selbst zu husten begann.
Ihm wurde klar, dass der Rauch zur größeren Gefahr für sie werden könnte als das Feuer selbst. Solange die Flammen nicht den Wald erreichten, blieb ihnen wenig Nahrung, wenn das Heidekraut erst abgebrannt war. Der Brand würde von allein erlöschen. Iain musste dann nur
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