In den Armen des Spions
Lippen.
»Bis zum nächsten Mal.«
Damit trat sie zwischen den Zelten hervor, blickte sich um und sah die beiden älteren Frauen langsam weitergehen, ihr den Rücken zugewandt. Sie holte tief Luft, spürte, wie sich ihr Verstand klärte, und folgte ihnen.
Sie hatten es erraten, natürlich. Anya und die anderen älteren Frauen betrachteten sie voller Neugier, als sie sich in dem großen Zelt auf ihre Lager betteten, um zu schlafen.
»Dieser Major - er ist ein gut aussehender Mann.« Bersheba machte diese Bemerkung an niemand im Besonderen gerichtet, aber ihre Augen ruhten auf Emily, die sorgsam ihre Röcke und ihre Bluse zusammenlegte, ehe sie unter ihre Decken schlüpfte.
Marila schnaubte.
»Er ist mutig - das ist viel wichtiger. Du hast doch den Scheich gehört - der Major ist ein großer Krieger.«
Emily konnte Dorcas’ und Arnias Blicke spüren, die ebenso fasziniert waren wie die der anderen Frauen.
»Aber Männer sind nun einmal Männer, egal ob große Krieger oder nicht«, erklärte Katun. »Sie brauchen es, dass man ihnen ... schmeichelt. Und das oft.«
»Es würde mich nicht überraschen«, bemerkte Anya, »wenn er nach dem Gefecht heute, in dem er und mein Ali-Jehan unsere Männer zum Sieg geführt haben, dringend ein wenig Schmeichelei gebraucht hätte. Männer sind schließlich sehr leicht vorherzusagen. Sie verzehren sich danach, dass ihr Mut Anerkennung findet.«
»Besonders von denen, die sie beschützen wollen«, warf Girla ein.
»Besonders wenn dies auch noch die sind, die sie beeindrucken wollen«, stellte Katun fest. Nach einer winzigen Pause fügte sie hinzu: »Mit ihrer Tapferkeit.«
Emily kuschelte sich unter ihre Decken.
»Vermutlich haben Sie recht. Gute Nacht.«
Sie legte ihren Kopf auf das Kissen, zog die Decken über ihre Schulter und betete, dass die Dunkelheit ihre flammenden Wangen verbarg. Ältere Frauen waren, so hatte es den Anschein, überall auf der Welt einfach unverbesserlich. Was allerdings noch interessanter war, war der Umstand, dass männliches Verhalten weltweit ähnlich gleich zu sein schien.
7
2 6. Oktober 1822
Früher Nachmittag
ln Anyas Zelt im Lager an einer Wüstenoase
Liebes Tagebuch,
wir haben die Oase kurz nach der Mittagszeit erreicht. Es gibt hier einen klaren See, etwas größer, als ich erwartet hatte. Er muss von einer Quelle gespeist werden und ist von Palmen und verschiedenen anderen Pflanzen gesäumt, die einen grünen Gürtel um sein Ufer bilden. Außer uns sind noch zwei weitere Karawanen hier, die aber beide kleiner sind als unsere. Sie haben ihre Lager aufgeschlagen, aber es gibt um den See mehr als genug Platz für uns alle. Ich nehme an, es ist üblich, hier ein paar Tage zu verweilen, damit Menschen und Tier sich erholen können, bevor sie erneut zum beschwerlichen Zug durch die Wüste aufbrechen.
Die Ruhepause ist mir höchst willkommen. Ich schwöre, ich schwanke in Dohas Rhythmus, selbst wenn ich nicht im Sattel sitze. Noch wunderbarer als die Pause ist aber, dass es genug Wasser gibt, um ein Bad zu nehmen, ein Umstand, den ich nach Kräften auszunutzen gedenke. Trotz der damit verbundenen Mühsale habe ich festgestellt, dass unter den Berbern zu leben leichter ist, als ich zunächst dachte.
Ebenso ist es offensichtlich einfacher, wegen Careth zu einem Entschluss zu kommen. Unter Berücksichtigung meines Verhaltens letzte Nacht - und ich würde mich wiederum genauso verhalten, wenn ich nochmals die Gelegenheit erhielte - muss ich zu dem Schluss kommen, dass meine Entscheidung über jeden Zweifel hinweg feststeht, dass er der Eine für mich ist - der Gentleman, mit dem ich den Rest meines Lebens verbringen will.
Unabhängig davon, dass ich rein verstandesmäßig meine, es sei besser, vorsichtig zu sein, aber wenn es um ihn geht, kann ich nicht vorsichtig sein. Nach dem Zwischenfall in Cathcarts Salon war ich der Ansicht, ich würde Zeit brauchen, um nachzudenken, bevor ich den nächsten Schritt mache - der Schritt, der - einmal gemacht - nicht wieder rückgängig gemacht werden kann - aber nein. Wie es mir - und ihm gewiss auch - gestern Abend zwischen den Zelten klar geworden ist, bin ich mehr als bereit und willens, bei ihm zu liegen.
Nicht, dass es etwas wäre, das geschehen kann, während wir mit der Karawane reisen, aber ich dachte eigentlich, es würde mehr nötig sein, als zuzusehen, wie er zu meiner Verteidigung kämpft, um mich zu überzeugen.
Offenbar verlässt sich das Herz in dieser Angelegenheit nicht
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