In den Armen meines Feindes
Hoffentlich ist es nicht wegen des Anrufs, der heute schon früh für ihn kam.“
Mit zitternder Hand griff Nikki nach ihrem Kaffee. „Was für ein Anruf denn?“
Carine seufzte leise. „Eigentlich sollte ich es Ihnen ja gar nicht sagen, aber … ich mag diese Frau nicht. Manchmal ruft sie an und will mit Signor Androletti sprechen.“
„Wer? Sabrina Gambari?“
Carine nickte. „Sie wollte sich mit ihm treffen. Dringend. Und ein Nein akzeptiert sie nicht als Antwort.“
Nikkis Magen drehte sich um. „Glauben Sie, das ist es, was er meinte, als er sagte, er müsse hier noch etwas erledigen?“
Carine warf ihr einen zerknirschten Blick zu. „Ich hatte so gehofft, dass es zwischen den beiden aus ist. Als er Sie mit herbrachte, da dachte ich, er kommt endlich zur Ruhe. Aber … nun kann er das nicht mehr.“
„Wieso?“ Nikkis Kehle fühlte sich plötzlich rau an.
Die junge Frau kaute an ihrer Lippe und sah zum Haus zurück. „Ich weiß nicht, ob ich Ihnen das sagen sollte … Sie sind schließlich mit Signor Androletti zusammen, und ich will Ihnen nicht wehtun.“
Nikki beschloss, offen zu sein. „Hören Sie, Carine, Signor Androletti hat nur ein begrenztes Interesse an mir. Er liebt mich nicht, das war mir von Anfang an klar.“
Carine war ehrlich besorgt. „Aber was ist mit Ihren Gefühlen für ihn?“, fragte sie mit gerunzelter Stirn.
„Meine Gefühle sind unwichtig“, antwortete Nikki traurig. „Auch das wusste ich von Anfang an.“
Mit einem tiefen Atemzug legte Carine die Hände um die Rückenlehne des Stuhls, auf dem Massimo schon lange nicht mehr saß. „Signorina Gambari ist schwanger. Das habe ich im Dorf gehört, als ich heute früh Brötchen holen gegangen bin.“
Nikki stockte der Atem. Ihre Brust zog sich so jäh zusammen, dass es schmerzte. Massimos Exfreundin erwartete ein Kind von ihm!
„Deshalb kann er nicht mit Ihnen nach Australien zurück“, fuhr Carine fort. „Ich bin sicher, er wird sie heiraten. Das wird die Gambari-Familie erwarten.“
„Aber liegt diese Entscheidung nicht bei ihm?“, fragte Nikki. „Er scheint mir nicht der Typ zu sein, der sich herumkommandieren lässt.“
„Nein. Aber ein Sohn und Erbe ist das, wonach jeder italienische Mann sich sehnt. Signorina Gambari ist vielleicht nicht seine erste Wahl als Ehefrau, aber sie hat ihm diese Wahl ja abgenommen, weil sie sein Kind in sich trägt. Und er wird nie zulassen, dass sein Kind unehelich geboren wird.“
„Und wenn es gar nicht sein Kind ist?“
Carine begann resolut den Tisch abzuräumen. „Das wird sich wohl noch herausstellen müssen.“
13. KAPITEL
Dichter Nebel lag über Melbourne, als Nikkis Maschine mit stundenlanger Verspätung landete. Man hatte den Flug nach Sydney umgeleitet, um dort abzuwarten, bis der Flughafen in Melbourne wieder geöffnet wurde.
Ricardo wartete am Ankunft-Terminal auf Nikki und fuhr sie zu Massimos Haus. Im Rückspiegel beobachtete er, wie sie sich immer wieder hastig über die Augen wischte. Nikki wünschte sich, sie könnte ihre Gefühle besser unter Kontrolle halten.
In der sizilianischen Villa hatte sie verzweifelt darauf gehofft, Massimo würde zurückkommen, bevor sie abfuhr. Sie wollte mit ihm reden. Doch die Stunden hatten sich hingezogen, ohne eine Nachricht von ihm. Das Warten machte ihr bewusst, wie wenig sie ihm bedeutete. Wie ein Paket schickte er sie zurück, ihre Gefühle und Hoffnungen kümmerten ihn nicht. Und während dieser Stunden hatte ihre Fantasie ihr Bilder von ihm und seiner Geliebten vorgegaukelt – wie sie die Schwangerschaft feierten und ihre gemeinsame Zukunft als Familie planten.
Jetzt, hier im Wagen, unterdrückte Nikki einen Schluchzer und zerknüllte das feuchte Papiertaschentuch in ihrer Hand. Mit rot geränderten Augen sah sie hinaus in den Regen, ohne etwas zu sehen.
„Signor Androletti hat mir aufgetragen, Sie überallhin zu fahren, wenn Sie etwas zu erledigen haben oder Besorgungen machen wollen“, ließ Ricardo sie wissen, als er ihr Gepäck ins Haus trug.
„Ich weiß“, erwiderte sie. „Aber ich brauche keinen Chauffeur. Ich kann die öffentlichen Verkehrsmittel benutzen.“
„Es wäre besser, wenn Sie auf ihn hören würden“, warnte Ricardo.
Sie warf ihm einen eisigen Blick zu. „Ich nehme keine Befehle von Signor Androletti an.“
„Und ich will meinen Job nicht verlieren.“
Sie stellte sich vor den Fahrer. „Wenn er Sie feuert, weil ich Ihre Dienste nicht in Anspruch nehmen will, dann ist er
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