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In den eisigen Tod

In den eisigen Tod

Titel: In den eisigen Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana H. Preston
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Meinung über ihre Nützlichkeit. Die Gruppe kam so langsam voran, dass Scott beschloss, die Schlitten zu entlasten und die Vorräte in Staffeln weiter zu transportieren. Praktisch bedeutete das, dass jeder Schlitten nunmehr nur die halbe Last trug. Wenn diese abgeladen war, kehrten die Männer und Hunde zurück, um die andere Hälfte zu holen; auf diese Weise verdreifachte sich die Zahl der zurückgelegten Kilometer. In Staffeln voranzukommen war für die Männer sehr schwierig – Shackleton klagte, die Reise sei »schrecklich« 9 – und schien den Hunden nicht zu helfen, die auch so immer schwächer wurden. Scott und seine Begleiter waren erschüttert festzustellen, dass das einzige wirksame Mittel darin bestand, sie zu schlagen. Auch Nansen war das schwer gefallen, und er hatte zugegeben, dass Forschungsarbeiten unter so schwierigen Bedingungen einen »hartherzigen Egoismus« erforderten. Allerdings hatte Nansen seine Hunde unerbittlich geschlagen, während Scott inkonsequent war und nur »gelegentlich die Peitsche auf den Schnee oder über den Rücken eines Nachzüglers knallen ließ«. Die Hunde waren für ihn fast menschliche Wesen, und er zeichnete sympathische Porträts von ihnen: »Allgemein war man der Ansicht, dass ›Spud‹ dumm war – irgend etwas fehlte ihm im Oberstübchen.« Jim dagegen war »ein geschmeidiger, fauler, gefräßiger und mit allen Wassern gewaschener Halunke«.
    Tatsächlich gingen die Probleme, mit denen sie sich jetzt konfrontiert sahen, im wesentlichen auf die Qualität des Hundefutters zurück. Scott hatte beabsichtigt, Hundekuchen für sie mitzunehmen, war aber, vielleicht von Nansen, überredet worden, dass man sie am besten mit getrocknetem Stockfisch fütterte. Doch auf der langen Reise war der Fisch verdorben. Das bedeutete also, dass die Hunde langsam vergiftet wurden und anfingen, Blut auszuscheiden. Das Versagen der Hunde setzte alle drei Männer unter Druck. Nominell war Shackleton für sie verantwortlich, und vielleicht verstärkte sein eigenes Scheitern das Ressentiment, das sich zwischen ihm und Scott während der Reise aufgebaut zu haben scheint. Extreme Lebensbedingungen und Isolation ermuntern die Menschen dazu, nachzugrübeln und ihren Groll zu nähren, und Scott hatte sich gefragt, ob Shackleton nur ein Schwätzer war. Es gibt sicherlich Hinweise darauf, dass sich ihre Beziehung im Laufe der Reise verschlechterte – ein Prozess, der durch ihre sehr unterschiedlichen Persönlichkeiten noch verschärft wurde.
    Wilson hat wohl all seine Fähigkeiten als Schlichter gebraucht, um ein Gleichgewicht zwischen seinem zurückhaltenden und resoluten Kommandeur und dem sprunghaften Shackleton aufrechtzuerhalten.
    Doch es gab auch Augenblicke der Euphorie. Am 25. November überquerten sie den 80. Breitengrad, und Scott schrieb mit prosaischem Understatement: »Das entschädigt uns für einen Haufen Probleme.« Shackleton schrieb in sein Tagebuch über die Freude, »die Geheimnisse dieses wunderbaren Ortes zu ergründen«, während Wilson begeistert war von den zauberhaften Lichteffekten, den Scheinsonnen und den Schneekristallen, die wie Juwelen funkelten – ein Genuss, den er mit Scott teilte, dessen eigene Berichte manchmal geradezu schwärmerisch klingen. Jeder der Männer geriet auf seine Weise in den Bann der Antarktis trotz der Entbehrungen und der unheimlichen Stille, in der man sich, wie Wilson schrieb, »vorkam, wie auf einem toten Planeten. Alles war so still und kalt und tot und schaurig«.
    Ihre Reise führte sie über das Ross-Schelfeis in jene Berge, die heute Western Mountains genannt werden und die sich zwischen dem Schelfeis und der hohen Inland-Eisschicht erheben und zum Transarktischen Gebirge gehören, das das Ross- mit dem Weddell-Meer verbindet. Doch ihre Gedanken wurden immer mehr vom Hunger als von der Schönheit ihrer Umgebung beherrscht. Aus ihren Berichten spricht ein beharrlicher Fatalismus: »Wir können nicht aufhören; wir können nicht zurückgehen; wir müssen weitergehen«, schrieb Scott. Es war schon bald klar, dass ihre Rationen für die körperliche Arbeit, die sie leisteten, nicht ausreichten. Das Frühstück bestand gewöhnlich aus gebratenem Schinkenspeck mit Zwieback, zwei Tassen Tee und einem trockenen Zwieback. Zum Mittagessen gab es einen bescheidenen weiteren Zwieback mit zwei Tassen Bovril, etwas Schokolade und vier Stück Zucker. Das Abendessen, von dem sie träumten, während sie weiter trotteten, bestand aus einer

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