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In den Fängen der Macht

In den Fängen der Macht

Titel: In den Fängen der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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betrachtete das schlammige Ufer mit dem niedrigen Schilf, ab und zu schwamm Treibholz vorüber, und alte Vertäuungspfosten ragten wie verfaulte Zähne aus den Wellen heraus. Schlamm glänzte in der Sonne, wechselte sich mit grünen Flecken von Unkraut ab, und hier und da entdeckte er ein Wrack, das tief im Schlamm steckte.
    Hinter Blackwall Point lagen die Überreste von alten Frachtkähnen. Es war schwierig, zu sagen, was genau sie ursprünglich einmal gewesen waren, zu wenig war von ihnen übrig geblieben. Es könnte ein Prahm gewesen sein, der durch Fluten und Strömungen zertrümmert worden war, es könnten aber auch zwei gewesen sein. Andere alte Planken und Bretter hatten sich darin verfangen und ragten in bizarren Formationen aus dem Schlamm. Es war ein trostloser Anblick von Verfall und Niedergang.
    Der Fährmann ruhte sich, über seine Ruder gebeugt, aus, sein Gesicht war von finsteren Falten durchzogen.
    »Was haben Sie?«, fragte Monk. »Ist diese Wasserstraße nicht zu seicht für ein Schiff, das für eine Atlantiküberquerung tauglich ist? Es müsste doch sehr flach im Wasser liegen, andernfalls würde es auf Grund laufen. Hier kann es nicht gewesen sein. Wie sieht es weiter unten aus?«
    Der Mann antwortete nicht, er schien in die Betrachtung des Ufers vertieft zu sein.
    Monk wurde ungeduldig. »Was ist mit weiter unten?«, wiederholte er. »Hier ist es zu seicht.«
    »Ja, ja«, brummte der Fährmann. »Versuche gerade, mich an was zu erinnern. Irgendwas hab ich hier gesehen, genau um die Zeit, um die es geht. Kann mich nur nicht daran erinnern.«
    »Ein Schiff?«, fragte Monk zweifelnd. Es hörte sich eher verzweifelt als hoffnungsvoll an.
    Ein ein Meter langes Brett trieb an ihnen vorüber auf das Ufer zu; es lag zwei oder drei Fingerbreit unter Wasser, und das eine Ende war zackig abgesplittert.
    »Was haben Sie gesehen?«, bohrte Monk ungeduldig nach.
    Ein weiteres Stück Wrack stieß gegen das Boot.
    »Es waren mehr Wracks als die dort«, antwortete der Fährmann und deutete auf das Ufer. »Sieht jetzt ganz anders aus. Aber warum sollte jemand ein Wrack von hier fortschleppen? Ist doch nichts mehr wert in dem Zustand; das Holz ist verfault, das kann man nicht einmal mehr verheizen. Ist zu nichts mehr gut, außer hier im Weg herumzuliegen.«
    »Noch ein…«, begann Monk, aber als sein Auge auf einem weiteren Stück Treibgut hängen blieb, das vorüberschwamm, kam ihm ein höchst kühner Gedanke – verwegen, ungeheuerlich, und er würde wohl kaum zu beweisen sein, doch er würde alles erklären.
    »Gibt es hier in der Gegend jemanden, den Sie kennen?« Seine Stimme klang überraschend heiser, der neu erwachte Eifer verlieh ihr einen rauhen Unterton.
    Erstaunt sah ihn der Fährmann an, er hatte den Unterton vernommen, ohne zu wissen, worauf er zurückzuführen war.
    »Ich könnte mich umhören. Der alte Jeremiah Spatts könnte was gesehen haben. Er wohnt drüben auf der anderen Seite, aber er ist ständig unterwegs. Aber bei dem müssen Sie vorsichtig sein, was Sie fragen. Der will mit der Justiz nichts zu schaffen haben,«
    »Dann fragen Sie ihn doch«, sagte Monk, griff in seine Tasche und fischte zwei halbe Kronen heraus, die er dem Fährmann auf der flachen Hand entgegenhielt. »Bringen Sie mir eine ausführliche und aufrichtige Antwort.«
    »Das mache ich«, nickte der Mann. »Ihr Geld brauche ich nicht, aber ich will wissen, welche Idee Ihnen eben gekommen ist. Erzählen Sie mir die Geschichte.«
    Monk tat es und steckte ihm die zwei halben Kronen trotzdem zu.
    Noch am selben Abend suchte Monk Philo Trace auf, der sich glücklicherweise in seiner Unterkunft befand. Er fragte ihn nicht, weshalb er sich noch in London aufhielt, ob er immer noch hoffte, für die Konföderation Waffen kaufen zu können, oder ob er seine Abreise wegen der Gefühle, die er für Judith Alberton hegte, hinauszögerte. Die Verhandlung war vorüber, er hatte weder eine rechtliche noch eine moralische Verpflichtung, hier zu bleiben.
    Monk hatte sich daran erinnert, dass Trace erzählt hatte, er wäre für die Marine der Konföderierten getaucht, und darüber wollte er nun dringend mit ihm sprechen.
    »Tauchen!«, rief Trace ungläubig. »Wo? Wonach?« Monk erklärte ihm seine Beweggründe und erzählte, was er gesehen hatte.
    »Das können Sie nicht allein tun«, sagte Trace, als Monk geendet hatte. »Es ist gefährlich. Ich begleite Sie. Wir müssen uns Anzüge beschaffen. Sind Sie schon einmal getaucht?«
    »Nein,

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