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In den Fängen der Macht

In den Fängen der Macht

Titel: In den Fängen der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Figur vorzustellen, die er abgeben musste, aber mit einem Blick auf Trace stellte er fest, dass er damit nicht allein war.
    Der Mann, der ihm beim Ankleiden behilflich war, brachte eine rote Wollmütze zum Vorschein, die er ihm mit so viel Umsicht auf den Kopf setzte, als ob es sich um einen höchst kapriziösen Modellhut handelte.
    Eine Schlange von Schleppkähnen fuhr an ihnen vorüber, ihre Besatzungen schauten interessiert herüber und fragten sich, was da vor sich gehen mochte.
    »Passen Sie auf!«, sagte Monks Helfer. »Lassen Sie die Mütze gerade, so wie ich sie Ihnen aufgesetzt habe, denn wenn Ihr Luftschlauch blockiert wird, ziehen wir Sie tot wieder hoch. Und jetzt gehen Sie besser die Treppen da runter und steigen auf den Kahn. Den Rest des Anzugs brauchen Sie noch nicht anzuziehen. Er ist grässlich schwer, vor allem, wenn man nicht daran gewöhnt ist. Passen Sie auf!« Letzteres war eine Warnung für Monk, der einen Schritt tat und dabei mit einem Fuß, der ja nur in Strümpfen steckte, beinahe auf einen Nagel getreten wäre.
    Trace folgte ihm die lange Leiter hinunter auf das niedere Boot, das sanft gegen den Pier stieß. Darauf befand sich bereits eine wundersame Ansammlung von Pumpen, Rädern, Taurollen und Schlangen von Gummischläuchen.
    Normalerweise hätte Monk in dem schwach schaukelnden Boot leicht die Balance gehalten, aber er war zu verspannt und bewegte sich unnatürlich linkisch. Kurz schoss ihm der Gedanke durch den Kopf, was sie wohl von ihm denken würden, wenn sie nichts fänden. Und wer würde diese Expedition bezahlen?
    Trace hatte einen grimmigen Gesichtsausdruck, aber er wirkte gefasst. Wenigstens ließ er keine Befürchtungen erkennen. Hatte er Monks außergewöhnliche Geschichte geglaubt?
    Die drei Männer, die ihnen beim Ankleiden geholfen hatten, setzten sich rückwärts an die Ruder und stießen sich vom Kai ab. Dann holten sie zu weiten Ruderschlägen aus und fuhren mit der weichenden Flut flussabwärts bis hinter Bugsby’s Marshes. Niemand sprach. Man hörte keinen Laut außer dem Knarzen der Ruder in den Ruderdollen, dem Plätschern und Glucksen des Wassers.
    Der Himmel war halb vom Rauch Tausender von Kaminen bedeckt, die sich rund um die Hafenbecken des nördlichen Flussbereiches befanden. Masten und Kräne zeichneten sich schwarz vor dem Dunst ab. Vor ihnen lagen die hässlichen Untiefen der Sumpfgebiete. Monk hatte den Männern bereits so gut er konnte erklärt, wo er mit der Suche beginnen wollte. Er konnte nur ungenaue Angaben machen und ihm wurde zunehmend klarer, wie groß das Gebiet war, als sie sich dem Blackwall Point und dem Wrack, das er bei seiner früheren Fahrt entdeckt hatte, näherten. Die Männer ruhten sich über ihre Ruder gebeugt aus. Es war fast Stillwasser.
    »Also, meine Herren«, sagte einer der Männer. »Wo wollen Sie beginnen?«
    Nun war es Zeit, den Rat der Experten einzuholen.
    »Wenn jemand einen Lastkahn versenken wollte, so dass kaum eine Chance besteht, dass er entdeckt werden würde, wo würde er das wohl tun?«, fragte Monk. Seine Frage hörte sich lächerlich an.
    Über ihnen zogen kreischende Möwen ihre Kreise. Der Wind nahm zu, und das Wasser plätscherte gegen die Seiten des Bootes.
    Der Mann, der Monk beim Ankleiden geholfen hatte, beantwortete seine Frage.
    »Im Lee einer der Sandbänke«, sagte er, ohne zu zögern.
    »Dort ist das Wasser tief genug, um einen Schleppkahn sogar während dem niedrigsten Stand der Ebbe zu verbergen.«
    »Was würde einen Prahm zum Sinken bringen?«, fragte Monk ihn.
    Der Mann runzelte die Stirn. »Nicht viel, eigentlich. Höchstens Altersschwäche oder zu schwere Ladung.«
    »Aber wenn man absichtlich einen versenken möchte?«, hakte Monk nach.
    Die Augen des Mannes wurden groß. »Dann schlägt man am besten ein Loch hinein, denke ich. Natürlich unter der Wasserlinie. Nicht in den Boden, der ist aus Ulmenholz gemacht, das ist zu hart. Die Seiten bestehen aus Eichenplanken.«
    »Verstehe. Vielen Dank.« Nun wusste er alles, was er brauchte. Jetzt war es nicht mehr länger hinauszuzögern. Er musste in den Anzug schlüpfen und über die Reling in das trübe Wasser. springen.
    Noch ein paar Ruderschläge, vielleicht noch weitere fünf Minuten, dann kletterte er mit Hilfe von zwei Männern in den Taucheranzug. Er glich einem sackartigen Kleidungsstück, bei dem Jacke und Hose zusammengenäht waren, und bestand aus zwei Schichten wasserdichten Stoffs, zwischen denen eine Gummischicht eingearbeitet war.

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