In den Fängen der Macht
metallenen Läufen zurück und reichte sie Hester.
»Nun, schließlich sind sie doch noch zu etwas nutze«, sagte sie verbittert, während sie von ihren Röcken Stoffbahnen riss, mit denen sie die Wunden bandagierte und die Läufe als Schienen straff um die Beine band.
Monk hielt den Mann in seinen Armen und drückte ihm die einzige Wasserflasche, die sie noch hatten, sanft an die Lippen.
»Ich danke Ihnen«, flüsterte der Mann heiser. »Vielen Dank.«
»Wir können Sie nicht bewegen«, sagte Hester entschuldigend.
»Ich weiß, Ma’am…«
Es war zu spät, um über eine Lösung nachzudenken. Die konföderierten Soldaten hatten sie erreicht. Lange Musketen richteten sich auf sie, die erst gesenkt wurden, als die Soldaten sahen, dass sie allesamt unbewaffnet waren.
Der Verwundete wurde aufgehoben, ohne dass sich jemand darum gekümmert hätte, was mit ihm geschehen war. Er war ein Kriegsgefangener, aber wenigstens war er am Leben.
»Und wer sind Sie?«, fragte ein Offizier der Konföderierten.
Monk sagte ihm die volle Wahrheit, wobei er Merrit ignorierte. »Wir kamen, um einen Offizier der Union gefangen zu nehmen und ihn nach England zu bringen, wo er sich als Mörder vor Gericht zu verantworten haben wird.«
Merrit widersprach, aber ihre Stimme erstickte in Tränen, und es gab keinen Ort, an den sie sich hätte flüchten können. Durch das Wirrwarr der flüchtenden Unionstruppen konnte sie nicht zurück, und sie hatte keine Ahnung, was sie in Washington erwartete. Niemand wusste das. Ihre ganze Loyalität galt Breeland, und der befand sich irgendwo vor ihr. Und Monk tat alles, um ihn zu finden.
Der konföderierte Offizier dachte einen Augenblick lang nach, dann drehte er sich zu einem Mann um, der ein Stück hinter ihm stand. Anschließend blickte er Monk an.
»Gewiss ist es Ihnen ein großes Bedürfnis, seiner habhaft zu werden, wenn Sie zu einer Zeit wie dieser hierher kommen… oder wussten Sie etwa nichts von dem Krieg?«
»Wir wussten es«, entgegnete Monk grimmig. »Er war Waffenkäufer für den Norden und verhandelte wegen sechstausend erstklassigen Gewehren und einer halben Million Stück Munition. Der Waffenhändler und zwei seiner Männer wurden ermordet und die gesamte Ladung für den Norden gestohlen, obwohl sie den Südstaaten zugedacht war. Ich könnte mir vorstellen, dass Sie Ihrerseits wenig begeistert von ihm wären.«
Der Offizier starrte ihn an, und in seinem müden, von Pulverrauch und Blut verschmierten Gesicht stand das blanke Entsetzen. »Gütiger Herr Jesus!«, sagte er atemlos, während sich sein Blick in der Ferne verlor und auf das Gemetzel auf dem Feld richtete. »Ich hoffe, Sie finden ihn, und wenn Sie es tun, dann hängen Sie ihn hoch.
Versuchen Sie es in dieser Richtung.« Erst jetzt, als der Mann mit seinem Arm in eine Richtung deutete, entdeckte Monk die Bandagen und die heftige Blutung.
Sie dankten ihm und gingen in der angezeigten Richtung weiter. Monk ging voran, Hester einen Schritt hinter ihm. Mit einer Hand hielt sie Merrit fest und zog sie hinter sich her, für den Fall, dass sie in ihrem Entsetzen plötzlich stehen bleiben würde und verloren wäre.
Zuerst fanden sie Trace. Er war wegen seines weißen Hemds und der hellen Hose leichter zu erkennen, eine Kleidung, die keiner der anderen Uniformen glich. Er trug eine Pistole, und auch Monk hatte sich bei einem der Toten eine genommen.
Hier, auf dem anderen Ufer des Bull Run, war es ruhiger. Überall auf dem Boden lagen Tote. Es war immer noch heiß, und es wehte kein Lüftchen. Monk konnte das Surren der Fliegen hören, und er roch den Staub, das Kordit und das Blut.
Eine halbe Stunde später fanden sie Breeland. Er war benommen und sein Arm verkrümmt, als ob er sich die Schulter ausgerenkt hätte. Er war immer noch nicht willens, vielleicht auch unfähig, zu glauben, dass die Schlacht vorüber war und seine Männer geflohen waren. Er versuchte, den Verwundeten zu helfen, war jedoch zu verwirrt, um etwas Vernünftiges zu tun. Er war von konföderierten Truppen umzingelt, schien dies aber nicht zu bemerken. Die meisten Soldaten passierten ihn einfach. Möglicherweise hielten sie ihn für einen Feldarzt. Er trug keine Waffe und stellte keine Bedrohung für sie dar.
Trace stellte sich breitbeinig vor ihn, und die Pistole in seinen Händen zielte auf Breelands Brust.
»Lyman!« Merrit stürzte auf ihn zu. Hester hatte sie immer noch an der Hand gehalten, und die Kraft von Merrits Bewegung riss sie um ein Haar
Weitere Kostenlose Bücher