In den Faengen der Nacht
inne. Seine unheimlichen silbernen Augen bohrten sich in ihre. »Aber weißt du, Susan … ich persönlich glaube nicht, dass irgendjemand bestraft werden sollte, weil er sein Leben nicht mit jemand anderem verbringen will.« Sein Blick wurde leer, als ob er an eine Sache aus seiner Vergangenheit dachte. »Niemand sollte für Liebe mit Blut bezahlen.«
Und damit ließ er sie allein, und sie dachte über seine Worte nach.
Ravyn hatte recht. Acheron war ein unheimlicher Mann. Und sie fragte sich, welchen Preis er bezahlt hatte, damit er so aussah.
Als sie nach einem Waschlappen griff, hörte sie Ash am anderen Ende des Flures an die Tür klopfen.
»Hallo«, sagte er in seinem merkwürdig trällernden Akzent zu Ravyn, »ich wollte dir nur sagen, dass ich jetzt gehen muss.«
»Du bist doch gerade erst gekommen.«
»Ich weiß. Aber ich habe dir ja gesagt, dass meine Zeit hier extrem knapp bemessen sein würde. Aber mach dir keine Sorgen. Ich bin in wenigen Tagen wieder zurück.«
»Mach dir keine Sorgen?«, fragte Ravyn, und seine Stimme triefte vor Sarkasmus. »Warum sollte ich mir Sorgen machen? Wir haben ja nur Menschen und Daimons, die uns töten wollen. Nichts, worüber man sich beunruhigen müsste.«
»Tja, es könnte schlimmer sein.«
»Wie denn?«
»Du könntest eine Menschenfrau als Gefährtin haben.«
Diese Worte trafen Susan wie ein Schlag in den Magen. Sie ging zur Tür, öffnete sie einen Spaltbreit und sah, wie Acheron den Flur hinuntereilte und Ravyn ihm mit ernstem Gesicht nachschaute.
Sie eilte zu ihm hinüber und wartete, bis Ash außer Sichtweite war. »Glaubst du, er weiß es?«, flüsterte sie.
»Ich habe keine Ahnung.«
Ihr Herz hämmerte, und sie sah erneut den Flur hinunter, um sich zu vergewissern, dass Ash wirklich weg war. Das war er, aber seine Worte schwebten in der Luft und ließen sie beide verunsichert zurück.
So sehr, dass sie, als Ravyns Handy zwei Sekunden später klingelte, einen Luftsprung machte.
Ravyn zog ein finsteres Gesicht, als er Caels Nummer sah. Nach ihrem letzten Wortwechsel war er ziemlich überrascht, dass sein Freund schon so bald wieder anrief.
Er öffnete das Handy. »Ja?«
»Hallo, Rave. Wir haben ein ernstes Problem.«
»Das ist mir bewusst.«
»Nein, Leopard, das ist es nicht. Der Polizeichef hat mir gerade einen Besuch abgestattet. Er war in Begleitung von zwei Daimons.«
Ravyn wurde es kalt vor Furcht. Er schaute zu Susan hinüber, die ihn mit einem neugierigen Stirnrunzeln beobachtete. »Was?«
»Du hast leider richtig verstanden. Sie haben den Ort hier ziemlich verwüstet und Amarandas Schwester getötet.«
Ravyn zuckte bei diesen Neuigkeiten zusammen. Es stimmte zwar, dass er nicht viel davon hielt, Apolliten zu beschützen, aber er hasste es stets, wenn jemand so sinnlos getötet wurde. »Was ist mit dir? Geht es dir gut?«
»Ich bin verletzt, aber ich werde es überleben.«
»Und deine Frau?«
Cael schwieg. Als er sprach, brach ihm die Stimme. »Danke dir, Rave.«
»Wofür?«
»Dafür, dass du so liebenswürdig bist und nach ihr fragst.«
Ravyn sah zu Susan hinüber. Er fing allmählich an, Caels Dämlichkeit zu begreifen. »Ja, na ja, es gefällt mir vielleicht nicht. Aber wir sind doch sehr alte Freunde.«
»Ich weiß, und deswegen rufe ich auch an. Als sie hier waren, habe ich einige sehr interessante Sachen erfahren.«
»Zum Beispiel, dass ich die Frau des Polizeichefs getötet habe, die auch ein Daimon war?«
»Ja«, sagte Cael überrascht, »woher weißt du das?«
»Gut geraten.«
»Tja, es wird noch besser. Er ist hinter dir her, als ob es kein Morgen gäbe.«
Ravyn hatte sich das in etwa so vorgestellt. »Hast du ihm gesagt, wo ich bin?«
»Du solltest mich besser kennen. Ich habe ihm gesagt, du wärst im Last Supper Club. Ich nehme an, dass er gerade dort nach dir sucht. Der Mann wird nicht ruhen, ehe du tot bist.«
Ravyn spottete über seinen düsteren Tonfall. »Ich glaube, dass er nicht ruht, bis wir alle tot sind, Cael.«
»Wahrscheinlich.«
Ravyn kontrollierte noch einmal die Herkunft des Anrufs, denn ihm kamen Nicks Worte und ihre frühere Begegnung mit den Daimons in den Sinn. »Nur aus Neugier. Woher weiß ich, dass du es bist?«
Cael war kurz still, dann antwortete er: »Weil ich weiß, dass du drei zerknitterte Handschuhe hast. Es war das letzte Paar, das deine Mutter für dich gemacht hat, und in der Nacht, als du Rache genommen hast, hast du den dritten Handschuh gefunden, den sie schon gestrickt
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