In den Faengen der Nacht
verschwunden, ehe er seinen Teil der Angelegenheit erledigt hatte.
Aber zuerst hatte sie ihn ans Bett gefesselt, damit er ihr nicht folgen konnte. Er knirschte vor Frust mit den Zähnen. Er hätte seine Kräfte einsetzen können, um seinen Arm zu befreien, aber wenn er so etwas tat, wurde Artemis zornig, denn die anderen Götter auf dem Olymp konnten das spüren. Und sie sollten nicht wissen, dass er hier war.
Es war lächerlich. Sie wussten schon seit Jahrhunderten, dass er mit ihr in ihrem Tempel lebte, aber alle taten so, als wüssten sie von nichts, damit sie sich nicht mit den Tobsuchtsanfällen von Artemis herumschlagen mussten. Wenn ich bloß auch so glücklich wäre …
Artemis erschien in einem langen fließenden, weißen Gewand neben dem Bett. Sie tat erschrocken, als sie sah, dass die Sanduhr abgelaufen war. »O nein, ist die Stunde vorbei?«
»Das weißt du genau.«
»Dann müssen wir wohl noch mal von vorn anfangen …«
»Artie …«
»Bitte nicht in diesem Ton, Acheron«, sagte sie missmutig. »Du hast die Bedingungen deiner Freilassung anerkannt.« Sie machte seinen Arm los und massierte die Spuren der Fesseln an seinem Handgelenk, wo das Seil in die Haut geschnitten hatte. »Komm, Liebling, sei nicht bockig.«
Ash setzte seine typisch stoischen Gesichtszüge auf, die er immer zur Schau trug, wenn er mit ihr zusammen war. Nun gut. Jetzt kannte er die Regeln und konnte sie auch gegen sie anwenden. Er erhob sich vom Bett, ging zur Sanduhr und drehte sie um.
Artemis beobachtete ihn neugierig.
Er kehrte zu ihr zurück und griff nach der Spange, die ihr Gewand zusammenhielt. Er öffnete sie, und das Kleid glitt zu Boden und blieb zu ihren Füßen liegen. »Wo waren wir stehen geblieben?«
Susan ertappte sich dabei, dass ihr der Kopf nach vorn kippte. Sie blinzelte und unterdrückte ein Gähnen. Ravyn griff an ihr vorbei und zog ihre Hand von der Tastatur herunter.
»Wir sollten für heute Schluss machen.«
»Aber …«
»Susan, du arbeitest wie verrückt, aber draußen dämmert es schon, und du siehst aus, als würdest du bald vor Erschöpfung umfallen. So darfst du nicht weitermachen. In dem Zustand kannst du genauso gut etwas übersehen wie etwas finden.«
Sie gab es nicht gern zu, aber er hatte recht. Den letzten Abschnitt hatte sie schon mindestens ein halbes Dutzend Mal gelesen und immer noch nicht begriffen, was darin stand. Ihr tat der Kopf weh, und sie konnte die Augen nur noch mit Mühe offen halten. »Ich glaube, du hast recht.«
Diesmal machte sie sich nicht die Mühe, ihr Gähnen vor Ravyn zu unterdrücken. Er fuhr den Computer für sie herunter.
»Hast du irgendetwas entdeckt?«, fragte er sie.
»Nein, noch nicht. Es gibt ein paar Einträge über einige der vermissten Studenten, deren Eltern angerufen haben, damit nach ihren Kindern gesucht wird. Jimmy schreibt, dass er mit den Ermittlungen zu seinem Chef gegangen ist, aber der hat ihm nur gesagt, um Ausreißer müsse man sich nicht kümmern und er solle sich lieber auf andere Fälle konzentrieren. Das ist doch merkwürdig, oder? Ich meine, wenn er versucht, die Daimons zu decken, dann ergibt das Ganze einen Sinn. Warum hätte er sonst Jimmy davon abhalten sollen, Ermittlungen anzustellen und nach den Leuten zu suchen?«
»Ich habe keine Ahnung. Ich habe nicht viel Erfahrung mit der Polizei, da ich immer versuche, ihr so gut wie möglich aus dem Weg zu gehen.«
Susan rieb sich die Augen und half Ravyn, die Akten zu stapeln, in denen er geblättert hatte. »Und bei dir?«
»Auch nicht viel, es sind nur Notizen zu irgendwelchen Fällen. Aus einigen geht hervor, dass es ein paar Zeugen gab, die ihre Aussage geändert haben – es ging um eine Untersuchung, die er geleitet hat und in die eine Frau verwickelt war, der er gefolgt war. Aber da stehen weder Namen noch klare Informationen. Es ist so vage, dass ich noch nicht einmal sicher bin, worauf er sich bezieht.«
»Komm, Jimmy«, seufzte sie und räumte die Akten zur Seite. »Sag mir etwas, das wir brauchen können, um diese Sache aufzuklären.«
Ravyn zog sie an seine Brust. Es war das Tröstendste, was sie je erfahren hatte. Und wenn sie die Augen schloss, konnte sie sich fast einbilden, dass sie mehr füreinander wären als nur Fremde. Aber das war dumm. Sie wusste es besser. »Genug, Susan. Du musst jetzt schlafen.«
»Ich weiß.« Sie sah auf die nicht gerade einladende Matratze.
Ravyn stand auf und ging zur Tür.
Sie runzelte die Stirn. »Wo gehst du hin?«
»Ich
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