In den Fesseln der Liebe: Roman (German Edition)
zurück, der gerade auf eine alte Uhr blickte. Flick hob den Blick und sah über die Menge hinweg zu den Umrissen des Angel Hill.
Sie kannte den langen, langsam ansteigenden Hügel, der hinaufführte zu der Abtei, auch wenn sie ihn von hier aus nicht sehen konnte. Das Licht der Fackeln reichte nur bis zum Rande des Hofes. Der Angel Hill lag in der tiefen Dunkelheit der Nacht.
»Verdammt!« Flick sah wieder zu Bletchley, der sich einen Weg durch die Menschenmenge bahnte. Sie suchte nach Gillies und fand ihn. Er hatte gesehen, dass Bletchley wegging, und folgte ihm.
Flick seufzte erleichtert auf – doch dann erstarrte sie. Jemand hatte Gillies gepackt. Er bemühte sich zu entkommen, doch immer mehr Männer scharten sich um ihn, lächelten und lachten. Sie warf einen Blick in Gillies’ Gesicht – auch er lachte, doch gleichzeitig sah er auch verzweifelt aus.
Ein Mann legte Gillies den Arm um die Schultern, ein anderer packte ihn am Aufschlag seines Rockes und begann, heftig auf ihn einzureden. Flick sah, dass Gillies sich umschaute, sah, wie er versuchte, sich abzuwenden, doch das ließen seine Freunde nicht zu.
»Oh, nein !« Entsetzt blickte Flick zu der Stelle am Rande des Hofes, der sich Bletchley näherte und wo ein paar struppige Büsche standen, dann sah sie wieder zu Gillies, der hilflos in der Mitte der Menschen gefangen war.
Von der Stelle aus, an der Gillies stand, konnte er Bletchley nicht mehr sehen. Er wusste aber auch nicht, wo sie war, damit sie ihm die Richtung hätte zeigen können, wenn er zu ihr nach oben geschaut hätte. Gillies hatte Bletchley verloren, und es gab keine Möglichkeit, ihm zu helfen – sie konnte wohl kaum das Fenster aufreißen und hinausrufen.
Flick hob den Blick und sah, dass Bletchley den Rand des Hofes auf der gegenüberliegenden Seite erreicht hatte. Er blieb nicht stehen und sah sich auch nicht um. Er bahnte sich einen Weg durch die niedrigen Büsche und trat dann entschlossen in die Dunkelheit. Er ging genau auf den Angel Hill zu.
Um sich dort mit seinen Auftraggebern zu treffen – sie wusste es.
Flick unterdrückte einen Schrei, wirbelte herum und griff nach ihrem Umhang. Ihr Schleier flog auf der einen Seite vom Bett, die Haarnadeln fielen auf den Boden.
Sie hatte keine Zeit, sich darum zu kümmern. Sie warf den Umhang um sich, zog die große Kapuze über den Kopf und so tief in das Gesicht, das dieses im Schatten lag. Schnell band sie die Bänder des Umhanges an ihrem Hals zu und sah noch einmal nach, um sich zu versichern, dass man nichts darunter erkennen konnte, dann schob sie den Riegel an der Tür zurück und schlüpfte hinaus. Sie blieb nur kurz stehen, um die Tür hinter sich abzuschließen.
Während sie über den nur schwach erleuchteten Flur lief, versuchte sie, sich daran zu erinnern, wie das Gasthaus gebaut war. Ihr Zimmer lag im ersten Stock, der lange Flur endete an der einen Seite in einer Treppe, die zu einer Tür führte, die auf den Hof hinausging. Sie lief den Flur entlang. Die meisten Gäste des Gasthauses waren unten, niemand begegnete ihr, und Flick hoffte, dass ihr das Glück hold war.
Sie erreichte die schmale Hintertreppe und hielt sich im Schatten, während sie nach unten ging. Der kleine Raum vor der Seitentür war leer. Sie machte gerade Anstalten, ihn zu durchqueren …
Eine Tür links von ihr wurde geöffnet. Zwei Mägde kamen aus einem Raum, beladen mit Tabletts mit benutzten Töpfen und Krügen. Sie warfen Flick einen Blick zu, die sich gegen die Wand gepresst hatte, doch sie blieben nicht stehen, sondern gingen weiter den Flur hinunter.
Flick holte tief Luft und beruhigte ihr wild schlagendes Herz, dann trat sie entschlossen zu der Tür. Sie war offen.
Die Tür führte auf einen kleinen gepflasterten Platz, direkt neben dem Hof. Von links hörte sie den Lärm. Die flackernden Fackeln warfen nur wenig Licht in die Nacht.
Flick schloss die Tür hinter sich und blickte zum Angel Hill.
Leider wurde dieser gepflasterte Platz dazu benutzt, Fässer und Kisten zu lagern. Er war vom Gasthaus aus in Richtung des Hügels erweitert worden, wo er mit einer Mauer abschloss. Die einzige Möglichkeit, wie sie zu dem Hügel kommen konnte, um Bletchley zu folgen, war, nach links auszuweichen und die Stelle zu überqueren, die von den Fackeln leicht erhellt wurde.
Und sie ging das Risiko ein, dass jemand – irgendeiner der Männer auf dem Hof – sie sehen würde.
Flick zögerte. Mit dem Rücken zu der Mauer, in ihrem dunklen Umhang in
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