In den Fesseln der Liebe: Roman (German Edition)
ihr sprach, so wurde doch außer der Information, die Horatia wegen ihres Besuches bereits gegeben hatte, kein weiteres Wort darüber verloren – niemand mischte sich ein. Wenigstens nicht, solange sie es hören konnte. Jede der Ladys gab ihr das Gefühl, willkommen zu sein, und auch wenn sie mit einigen wenigen Fragen ihre ganze Lebensgeschichte von ihr erfuhren, so war das doch nicht mehr, als erwartet wurde. Aber eigentlich waren sie alle nicht neugierig, und ganz sicher urteilten sie nicht – ihre ehrliche Zustimmung, ihre bereitwillige Akzeptanz, der Schutz der Gruppe, der ihr so offen geboten wurde, überwältigten Flick.
Eine sehr alte Lady mit scharfem Blick hielt ihre Hand fest. »Wenn du dich einmal in einem Ballsaal wieder findest, Mädchen, und nicht weißt, was du tun sollst, dann suche eine von uns – selbst eine dieser flatterhaften Schwätzerinnen.« Lady Osbaldestones schwarze Augen glitten zu den Zwillingen, dann sah sie wieder Flick an. »Und du brauchst uns nur zu fragen. Die gehobene Gesellschaft kann sehr verwirrend sein, aber dafür hat man schließlich eine Familie – du brauchst nicht schüchtern zu sein.«
»Danke, Ma’am.« Flick machte einen höflichen Knicks. »Ich werde daran denken.«
»Gut. Dann darfst du mir jetzt eines dieser Makrönchen geben. Ich würde sagen, Clara möchte sicher auch gern eines haben.«
Lady Osbaldestone war nicht die Einzige, die ihr Rat und Unterstützung anbot. Noch lange, ehe der Nachmittag zu Ende war und sie und Lady Horatia sich unter Umarmungen und Winken verabschiedeten, hatte Flick das Gefühl, dass sie im wahrsten Sinne des Wortes am Busen des Cynster-Clans aufgenommen worden war.
Horatia lehnte sich in der Kutsche zurück und schloss die Augen. Flick tat es ihr nach und überdachte noch einmal den Nachmittag.
Sie waren wirklich erstaunlich. Flick hatte gewusst, dass Demon eine große Familie besaß, aber dass die Cynsters eine so eng verbundene Gemeinschaft waren, war eine angenehme Überraschung für sie gewesen. Sie hatte noch nie eine wirkliche Familie gehabt, nicht mehr, seit ihre Eltern gestorben waren, und sie hatte sich noch nie als Teil einer Gruppe gefühlt, einer Gruppe, die eine Vergangenheit und eine Zukunft hatte, die über die individuellen Mitglieder hinausging. Seit sie sieben Jahre alt gewesen war, war sie allein. Der General, Dillon und der Haushalt in Hillgate End waren ihre Ersatzfamilie geworden, aber das, was sie heute erlebt hatte, war etwas anderes.
Wenn sie Demon heiratete, würde sie wieder Teil einer richtigen Familie sein. Einer Familie, wo es andere Frauen gab, mit denen man reden konnte, an die man sich um Unterstützung wenden konnte, eine Familie, in der nach einer unausgesprochenen Übereinkunft die Männer über die jungen Frauen wachten, selbst wenn sie nicht ihre Schwestern waren.
In gewisser Weise war das alles neu für sie. Und auf eine ganz andere Art, auf einer tieferen Ebene, rührte es eine Saite in ihr an, die darauf ansprach. Es fühlte sich alles so richtig an. Flick öffnete die Augen und starrte lächelnd aus dem Fenster, sehr glücklich über die Aussicht, eine Cynster zu werden.
Zwei Tage später, an einem Morgen, biss Demon, weit davon entfernt, gut gelaunt zu sein, die Zähne zusammen und lenkte seine Braunen zum Park. Zum dritten Mal in drei Tagen war er zum Haus seiner Eltern gekommen, nur um zu erfahren, dass Miss Parteger ausgegangen war.
Er war am Nachmittag des Tages zu Besuch gekommen, an dem er sie in die Stadt gebracht hatte, weil er erwartet hatte, dass sie allein und verloren dasaß, während seine Mutter ihren Mittagsschlaf hielt. Stattdessen waren die beiden zum Kaffeeklatsch bei Tante Helena gewesen – und den kannte er nur zu gut. Er hatte seine Enttäuschung heruntergeschluckt und war ein wenig unsicher und überrascht gewesen, dass er diese Enttäuschung überhaupt fühlte. Doch dann überlegte er, dass er genau deswegen Flick in die Stadt gebracht hatte – damit seine liebe Familie, ganz besonders die Frauen, ihr bei ihrer Entscheidung, ihn zu heiraten, helfen sollte. Er hatte keine Zweifel, dass die Mitglieder seiner Familie genau das tun würden. Sie waren meisterhaft, wenn es darum ging, eine Ehe zu stiften. Und so wie er das sah, konnten sie ihre Talente ruhig auch einmal zu seinen Gunsten einsetzen.
Also war er wieder gegangen. Er hatte keine Nachricht hinterlassen – keinen Hinweis für seine sowieso schon viel zu aufmerksame Mutter. Zum Essen war er
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