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In den Fesseln des Wikingers

In den Fesseln des Wikingers

Titel: In den Fesseln des Wikingers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan McFadden
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entfesselte Meer wollte sie nicht freigeben, die Wellen rollten unaufhörlich heran, schlugen über sie hinweg, droschen auf ihren armen Schädel ein.
    „Schade um sie“, sagte eine Männerstimme. „Gewaschen und sauber angekleidet wäre das Mädchen gewiss nicht übel.“
    „Hat ordentlich was auf den Schädel bekommen, die Kleine“, meinte eine zweite Stimme, tiefer als die erste. „Vielleicht ist es gut für sie, wenn es zu Ende geht.“
    Rodena hatte Mühe, die Stimmen zu verstehen, denn das laute Geräusch der Wellen wollte sie übertönen. Der Albatros kreischte ohne Unterlass in ihre Ohren, es war schmerzhaft und beängstigend zugleich. Irgendetwas war mit ihr geschehen, doch sie konnte sich nicht erinnern, was es gewesen war.
    „Lasst sie in Ruhe! Sie ist krank!“
    War das Papia? Papia, ihre kleine Freundin – was war doch mit ihr gewesen? Richtig, sie war fortgelaufen, um den Wikinger Ubbe zu suchen. Hatte sie ihn vielleicht gar gefunden?
    „Weg, du kleines Aas. Pass nur auf, dass du nicht selbst gleich an die Reihe kommst. Na, was haben wir denn hier?“
    „Du bist ein verdammter Glückspilz. Zeig das Ding einmal her!“
    „Das ist pures, reines Gold, mein Freund. Und ich habe es erbeutet, du kannst es bezeugen.“
    „Nichts da! Wir haben es gemeinsam erbeutet – du schuldest mir die Hälfte!“
    „Soll ich das Ding vielleicht in zwei Teile zerhauen, Schwachkopf?“
    „Wir könnten es einschmelzen und ...“
    „Bist du verrückt? Schau dir die schöne Arbeit an! Es wäre eine Schande, den Anhänger einzuschmelzen. Er gehört mir, denn ich habe ihn gefunden.“
    „Mach dir keine Hoffnungen! Herzog Wilhelm wird heute Abend die Beute verteilen, und du weißt genau, wie zornig er wird, wenn jemand ein Beutestück vor ihm verbirgt.“
    „Du würdest mich verraten, du Schwein!“
    „Worauf du dich verlassen kannst, du Halsabschneider!“
    Rodena fühlte einen leichten Ruck, und sofort tobte das Meer mit doppelter Gewalt in ihrem Kopf. Als sich der Sturm ein wenig legte, spürte sie weiche Hände. Sie nestelten an ihrem Gewand herum, banden die Schnüre, strichen ihr liebevoll über die Schläfen.
    „Diese dreckigen Diebe!“, flüsterte Papia. „Sollen sie ersticken an ihrer Goldgier.“
    Rodena öffnete die Augen einen winzigen Spalt und erkannte Papias rundes, blasses Gesicht. Ihr blondes Haar flatterte im Wind – über ihr zogen dunkle Wolken mit zerfetzten Rändern über den grauen Himmel.
    „Gott sei Dank! Ich dachte schon, du würdest ewig weiterschlafen wollen. Wie geht es dir? Hast du schlimme Kopfschmerzen?“
    „Das Meer ist so laut“, murmelte Rodena und schloss die Augen wieder.
    „Was für ein Meer? Wir fahren durch Wiesen und Wald. Das Meer ist weit, du kannst es gar nicht hören. Vielleicht meinst du den Wind, der saust uns ganz schön um die Ohren.“
    Rodena zwang sich, die Augen wieder zu öffnen. Doch sie sah nichts als rohe Bretter um sich herum, darüber war der unruhige Himmel. Das Kreischen des Albatros war zu einem stetigen Quietschen geworden, und das Schlagen der Wellen erwies sich als ein ratternder Wagen, der von einem Pferd gezogen wurde. Offensichtlich hatte niemand sich die Mühe gemacht, die hölzernen Räder mit Fett zu schmieren, denn sie kreischten erbärmlich. Hinter ihnen waren Säcke und Kisten aufgeschichtet, vorn auf dem Wagen hockten zwei Männer, der eine hielt die Zügel, der andere saß schweigend daneben.
    „Was ist geschehen? Wohin bringen sie uns?“
    „Bleib ganz ruhig. Ich erkläre dir alles. Nicht bewegen, du hast eine Wunde an der Stirn.“
    Rodena hob mühsam den Arm und betastete ihren Kopf. Jemand hatte einen Stoffstreifen darumgewickelt, der ihre Stirn bedeckte. Als sie versuchte, die Augenbrauen zu bewegen, tat es weh.
    „Wilhelm Langschwert hat die Wikinger besiegt“, erzählte Papia in traurigem Ton. „Er hat viele Gefangene gemacht und Waffen erbeutet. Sie bringen uns nach Osten. Wohin, das weiß ich nicht.“
    Ein heftiger Schmerz durchzuckte ihren armen Kopf. Plötzlich standen die schrecklichen Ereignisse wieder lebhaft vor ihr, die Schreie, die blutenden Kämpfer, die blitzenden Schwerter ... die Fäuste, die sie packten. Der dumpfe Schlag.
    „Was geschah mit Thore?“
    „Ich weiß es nicht, Rodena. Er ist nicht unter den Gefangenen.“
    Sie schwieg. Verzweiflung stieg in ihr auf, die stärker war als der Schmerz. Wenn er nicht unter den Gefangenen war, dann konnte das nur eines bedeuten.
    „Trink!“
    Papia schob

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