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In den Fesseln des Wikingers

In den Fesseln des Wikingers

Titel: In den Fesseln des Wikingers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan McFadden
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Boden ausgebreitet. Niemand kümmerte sich vorerst um die beiden Frauen, denn die Wikinger schleppten jetzt die erbeuteten Waren an Land, wo sie unter den Kriegern aufgeteilt werden sollten. Während drüben auf dem Lagerplatz Kisten und Ballen ausgepackt und der Inhalt aufgeschichtet wurde, ging Rodena unbemerkt zu der Gefangenen. Sie hätte ihr nur allzu gern die Fesseln gelöst, damit sie über den Fluss schwimmen und entkommen konnte, doch die Riemen waren so fest gebunden, dass sie ein Messer gebraucht hätte.
    „Kannst du die Arme bewegen?“, flüsterte sie der jungen Frau zu.
    „Nein“, wisperte sie. „Ich spüre sie nicht mehr. Sie sind wie tot.“
    Vermutlich würde sie so nicht einmal schwimmen können. Rodena gab ihre Versuche auf. So konnte sie nur hoffen, dass Thore tat, was sie von ihm verlangt hatte.
    „Woher kommst du?“, fragte sie die junge Frau.
    „Aus Dol. Ich bin mit den Händlern gereist, weil sie mich mit nach Rennes zu meiner Tante nehmen wollten.“
    „Sind deine Eltern gestorben?“
    Sie nickte und ließ den Kopf dann wieder erschöpft auf die Schiffplanken sinken. Rodena schätzte, dass sie höchstens sechzehn oder siebzehn Jahre alt sein konnte. Ihr Gesicht war rund und hatte einen kindlichen Ausdruck, den die Stupsnase und die vollen Lippen noch verstärkten. Wahrscheinlich hatte sie Grübchen in den Wangen, wenn sie lächelte. Jetzt allerdings war ihr Gesicht sehr bleich und die großen, blauen Augen dunkel umschattet. Sie hatte Schmerzen und starb fast vor Angst.
    „Mach dir keine Sorgen! Ich tue, was ich kann, um dir zu helfen“, flüsterte Rodena.
    Drüben an Land war jetzt die Aufteilung der Beute in vollem Gange. Es schien eine feste Gewohnheit zu sein, dass der Anführer und diejenigen, die im Rang nahe unter ihm standen, zuerst einige Gegenstände für sich selbst auswählten. Danach begannen sie, jedem einzelnen Mann seinen Anteil zu geben. Hin und wieder gab es Beschwerden, wenn jemand mit seinem Beutestück nicht zufrieden war, dann wurde verhandelt, und Thore sorgte mit viel Geschick dafür, dass es nicht zum Streit kam.
    „Was tun sie?“, wisperte das Mädchen Rodena zu, denn sie konnte nicht über die Reling sehen.
    „Sie teilen die Beute. Danach werden sie essen und trinken.“
    „Und dann?“, fragte sie angstvoll.
    „Bleib ruhig und vertrau mir“, wies Rodena sie an.
    „Wer bist du?“
    Rodena zögerte kurz, denn das Mädchen war gewiss eine Christin und würde von einer Druidin nichts wissen wollen. „Ich heiße Rodena und komme von der Küste.“
    „Ich bin Papia. Werden die Wikinger denn auf dich hören? Du siehst nicht aus wie eine Wikingerfrau.“
    „Nein. Ich bin eine Gefangene wie du auch.“
    Enttäuscht schloss Papia die Augen. „Wie willst du mir dann helfen?“
    „Ich versuche es. Du wirst schon sehen.“
    In diesem Augenblick schwankte das Boot, denn einer der Männer hatte sich an der Reling emporgeschwungen. Es war Thore, der die Aufteilung der Beute inzwischen seinem Kameraden Halvdan überlassen hatte, denn er selbst hatte anderes zu tun.
    „Bist du bereit?“, fragte er Rodena.
    Sie wusste nur zu gut, wovon er sprach und nickte.
    „Dann folge mir. Dort hinten fließt ein Bach, ich hoffe, er taugt für deine Zwecke, denn meine Geduld ist am Ende.“
    Sie warf einen kurzen Blick zu dem kleinen Wasserlauf hinüber, der sich leise plätschernd seinen Weg durch Stein und Moos suchte. „Zuvor solltest du diesem Mädchen die Fesseln abnehmen“, forderte sie.
    Er spannte den Unterkiefer und blitzte sie mit grauen Augen ärgerlich an, doch er zog sein Messer und schnitt Papias Fesseln durch. Dann winkte er einen seiner Männer herbei – der vierschrötige Ubbe, dessen Gesicht von Kopf- und Barthaar fast zugewachsen war, so dass nur die breite Nase herausragte – und befahl ihm, die Gefangene zu bewachen.
    „Sonst noch Wünsche?“
    „Niemand soll sie berühren!“, forderte Rodena. „Auch dieser Kerl da nicht.“
    Thore sog tief die Luft ein, denn es reichte ihm langsam.
    „Fass sie nicht an“, knurrte er Ubbe an. „Ich bestimme nachher, wer sie bekommt.“
    „Sie gefällt mir“, sagte Ubbe und setzte sich dicht neben das erschrockene Mädchen. „Ich gebe meinen Anteil zurück, wenn ich dafür die Kleine erhalte.“
    „Darüber reden wir später!“
    Er sprang über die Reling und wartete, bis Rodena aus dem Schiff geklettert und durch das seichte Wasser ans Ufer gewatet war. Dann richtete er seine Schritte zur Mündung des

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