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In den Fesseln des Wikingers

In den Fesseln des Wikingers

Titel: In den Fesseln des Wikingers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan McFadden
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noch mit ihrem rebellierenden Magen zu kämpfen gehabt. Die Männer wechselten sich an den Rudern ab, wer gerade Pause machte, nahm sich von dem Brot und Käse, mit dem Alain seine Bundesgenossen reichlich versorgt hatte, und trank einen tiefen Zug aus den Apfelweinkrug. Die Wikinger ruderten jetzt bereits seit dem Morgen, und trotz der erlittenen Verwundungen murrte keiner der harten Burschen gegen den Anführer, der sie unablässig vorantrieb. Rodena verspürte große Lust, Thore eine Menge hässlicher Dinge zu sagen, doch ihr Stolz hielt sie zurück. Vermutlich wartete er nur darauf, dass sie sich beschwerte, um ihr dann hämisch zu erklären, dass er wohl angekündigt habe, sie an der Küste abzusetzen, doch nicht, an welcher. Wahrscheinlich konnte sie froh sein, wenn er nicht nach England übersetzte, um sie dort aus seinem verfluchten Drachenboot zu werfen. Sie sah hin und wieder zu dem Anführer der Wikingerschar hinüber, um festzustellen, ob der hinterhältige Geselle sich an ihrem wachsenden Zorn erfreute, doch Thore schaute kein einziges Mal zu ihr hinüber. Seit Stunden zog er das Ruder mit unverminderter Kraft, er hatte weder gegessen noch getrunken, und seine Züge waren wie aus Stein.
    Erst als der rote Sonnenkreis ins Meer eintauchte und die Wogen für kurze Zeit wie flüssige Lohe erglühten, steuerte das Wikingerboot eine Bucht an. Das Wiesenland brach hier jäh als Steilküste zum Meer hin ab, meterhohe, nackte Felswände ragten empor, Geröll und massige, vom Meer geschliffene Granitbrocken lagen am Strand und bis weit ins Watt hinaus verteilt, einige von ihnen waren riesig, wie dunkle Meeresungeheuer, die zusammengekauert die Wiederkehr der Flut erwarteten.
    Die Wikinger zogen ihren Meerbock an den Strand und schlugen ihr Lager neben einem der unförmigen Felsblöcke auf, der ihnen jetzt bei Ebbe Schutz vor Regen und Wind versprach. Auch die beiden Frauen wateten ans Ufer, doch während Papia eifrig Decken auslegte und Ubbe behilflich war, ein Feuer anzuzünden, saß Rodena im Sand, zog sich die Schuhe wieder an und überlegte, was sie nun tun sollte. Ich kann genau so gut fortgehen und allein irgendwo zwischen den Felsen schlafen, dachte sie schließlich. Es gibt keinen Grund, sich zu fürchten, denn auch im Rauschen des Meeres und im Flüstern der Wellen lebt meine Göttin.
    Leise trat sie zu Papia und flüsterte ihr zu, dass sie nun voneinander Abschied nehmen müssten, und das Mädchen legte erschrocken die Arme um Rodena.
    „Warum bleibst du nicht bei uns?“, fragte sie bekümmert.
    „Weil ich zu meiner Mutter zurückkehren will. Ich bin eine Druidin, und mein Platz ist in unserem Heiligtum tief im Wald.“
    Papia schüttelte verständnislos den Kopf und presste sich an sie. „Aber er liebt dich doch“, murmelte sie.
    Rodena glaubt, nicht recht gehört zu haben. Was redete das Mädchen da?
    „Ich weiß es, denn Ubbe hat es mir gesagt. Thore hat viel Pech gehabt, deshalb ist er so hart und gibt vor, alle Frauen zu hassen.“
    „Was für Pech?“
    Papia zögerte einen Augenblick, denn sie musste die Geschichte, die Ubbe ihr erzählt hatte, erst wieder aus dem Gedächtnis hervorkramen. Ubbe hatte ihr viele Geschichten erzählt, so dass es ihr schien, als kenne sie die Menschen in seinem Dorf in Norwegen schon ebenso gut wie er selbst.
    „Thore Eishammer hat um eine Frau geworben – ich glaube, sie hieß Solveig. Oder Estrith? Na egal. Sie wurden einander versprochen, und Thore zog im Frühjahr nach England. Oder war es Irland? Es kann auch Friesland gewesen sein. Jedenfalls sollte die Hochzeit im Herbst sein, wenn er mit seiner Beute zu ihr zurückkehrte.“
    „Lass mich raten: Sie hat nicht auf ihn gewartet, sondern sich einen anderen genommen.“
    Papia sah sie enttäuscht an. „Du kennst die Geschichte schon?“
    „Nein. Aber ich habe so etwas vermutet, und ich ahne auch, wie sie weitergeht. Thore hat die Schmach nicht auf sich sitzen lassen, sondern er hat ihre Familie zum Kampf gefordert.“
    „Du bist wirklich klug“, staunte die Kleine. „Ja, Ubbe hat erzählt, dass Thore den Bruder seiner Braut erschlagen hat. Obgleich die beiden eigentlich Freunde waren. Nun ja – seitdem ist Thore davon überzeugt, dass alle Frauen hinterlistige Verräterinnen sind.“
    Rodena schwieg beklommen. Es gab unter Wikingern vermutlich feste Gesetze, wie ein Mann seine Ehre zu verteidigen hatte – vielleicht hatte Thore nicht anders handeln können, um nicht als ehrlos zu gelten. Eishammer

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