In den Haenden des Eroberers
empfand. „Welche Frau habt Ihr im Sinn, Mylady?“, fragte er. „Doch nicht etwa Emma? Sie ist alt und verfügt doch sicherlich nicht über genügend Erfahrung in solchen Dingen – auch wenn sie Befehle so gut zu erteilen versteht wie jeder Mann.“
Fayth spürte ihre Hände feucht werden. „Nein, Mylord.“ Sie rieb mit den Handflächen über ihr Kleid, straffte die Schultern und sah Giles fest in die Augen. „Ich dachte eher an mich selbst.“
7. KAPITEL
G iles’ Plan war also aufgegangen, denn Lady Fayth einzubinden, war genau seine Absicht gewesen. Er hatte jedoch befürchtet, dass sie sein Gesuch abschlagen würde, wenn er sie direkt fragte. Also hatte er sie gelockt, indem er ihr all die Aufgaben als Köder hingeworfen hatte, denen sie schon seit zwei Jahren, seit dem Tod ihrer Mutter, für ihren Vater nachgekommen war. Die notwendigen Informationen hatte Giles von Vater Henry erhalten, und sie hatten sich als unschätzbar wertvoll erwiesen.
Zwar hatte Edmund offiziell als Verwalter des Earls gegolten, doch Giles hatte den Verdacht, dass er – wenn überhaupt – anderen Aufgaben nachgegangen war und es in Wirklichkeit Fayth gewesen war, die das Amt der Verwalterin und Burgherrin versehen hatte. Nun endlich eröffnete sich Giles die Chance, mehr über seine Frau und den Mann zu erfahren, der sie für sich beansprucht hatte.
„Ich habe von Kindesbeinen an gemeinsam mit meinem Vater die Burg geführt, Mylord. Ich weiß zu organisieren, und ich gehe meinen Aufgaben zuverlässig nach, auch wenn Ihr mir nicht glaubt. Außerdem ist mir nichts wichtiger als mein Volk zu schützen vor …“ Sie stockte, und Giles fragte sich, ob ihr vielleicht entfallen war, wer vor ihr stand, denn die Worte ‚vor Euch‘ standen unausgesprochen im Raum.
„Ihr habt mir in der Tat viel zu beweisen, Mylady“, warf er ein, obwohl sein Beschluss, Fayth die Verwaltung anzuvertrauen, bereits feststand. „Erlaubt mir die Frage: Woher weiß ich, dass Ihr nicht vielleicht morgen schon Edmund und seinen Anhängern helfen werdet?“
Giles spürte, wie alles in Fayth danach strebte, wieder die Verantwortung für Taerford übernehmen zu können. Sie hatte behauptet, zuverlässig zu sein, und Giles hoffte, auf seine Frage eine ehrliche Antwort zu erhalten, die ihre Zuverlässigkeit bestätigte. Stattdessen überschattete Traurigkeit ihren Blick, und sie seufzte.
„Das könnt Ihr nicht wissen, Mylord, denn ich weiß selbst nicht, wie ich handeln würde, wenn ich eines Tages vor die Wahl gestellt würde. Ich bin mir nicht sicher, ob ich einem Hungernden Brot verweigern könnte, ganz gleich, ob er zu meinen oder Euren Leuten oder unser beider Feinden zählt. Oder auch zu denen, die gegen Euch aufbegehrt haben und nun um ihr Leben fürchten.“ Fayth setzte sich wieder und sank gegen die gepolsterte Lehne zurück. „Das kann ich Euch nicht versprechen.“
Diese Wendung der Dinge hatte Giles nicht erwartet. Er hätte nicht gedacht, dass sie sein Angebot ausschlagen könnte. Im Gegenteil – er hatte angenommen, dass sie begierig nach dem Amt der Verwalterin greifen und damit zumindest eines seiner Probleme lösen würde. Nun, da sein Plan zu platzen drohte, erkannte Giles, dass er allzu zuversichtlich gewesen war. Wieder einmal hatte Fayth es geschafft, ihn zu überraschen.
„Ich weiß Eure Aufrichtigkeit zu schätzen, Mylady“, entgegnete er. „Und mir ist Eure Unentschlossenheit allemal lieber als eine eindeutige, aber unbedachte Antwort. Wir sollten die Sache beide überdenken, bevor wir eine Entscheidung treffen.“
Möge Gott geben, fügte er stumm hinzu, dass sie auch in Bezug auf ihre Verstrickung in Edmunds Pläne die Wahrheit gesagt hat – und dass sie als Jungfrau zu ihm gekommen war und Edmund nur hatte heiraten wollen, um Giles’ Anspruch auf die Burg und sie zu verwirken. Ihr Verhältnis zueinander könnte ein ganz anderes sein, wenn er ihr nur vertrauen könnte. Doch bis er Beweise hatte, würde dieses Vertrauen warten müssen.
„Kommt, Mylady, legt Euch schlafen“, sagte er und streckte ihr die Hand entgegen.
„Ich werde hier schlafen, Mylord.“ Fayth zog sich die Decke bis zu den Schultern hoch.
„Habe ich Euch etwa vergangene Nacht Schaden zugefügt, während Ihr schlieft?“ Giles’ Mund wurde schmal. Oh, diese Frau konnte so stur sein!
„Ich habe vergangene Nacht nicht geschlafen“, erwiderte Fayth.
Das wusste Giles. Sie hatte sich von ihrem Platz an der Wand nicht weggerührt. Er hatte
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