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In den Häusern der Barbaren

In den Häusern der Barbaren

Titel: In den Häusern der Barbaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Héctor Tobar
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er die letzten beiden sopes , mit der anderen stellte er sein leeres Glas auf Aracelis Tablett. »Danke, Kleine.«
    »¡Cabrón!« , murmelte Araceli leise, aber Avakian hörte sie nicht, weil er bereits in das Gespräch mit den anderen zurückkehrte, das inzwischen den klagenden, rückwärtsgewandten Grundton angenommen hatte, der alle Ehemaligentreffen der MindWare-Mitarbeiter befiel, sobald der Alkohol Wirkung zeigte.
    »Wir hätten nach Indien gehen sollen«, sagte Tyler Smith gerade. »Machen jetzt alle. Bombay.«
    »Mumbai«, korrigierte Carla Wallace-Zuberi.
    »Genau. Oder Bangalore. Alle haben uns dazu geraten.«
    »Die Aktionäre«, sprach Tyler Smith ein Wort aus, das die allgemeine Stimmung weiter verdüsterte. »Der Typ von dem Hedgefonds. Was für ein Arschloch!«
    »Shahe!«, rief Mrs Avakian in Richtung Hüpfburg. »Shahe Avakian! Nimm sofort den Fuß vom Hals des Jungen!«
    »Diese Hüpfburgen fördern das aggressive Verhalten«, sagte Carla Wallace-Zuberi.
    »Die Aktionäre! Die geheiligten Aktionäre!«, warf der Big Man ein, während seine Backenzähne den letzten Rest von Aracelis sopes zermalmten. »Als Erstes hätten wir mal alle Aktionäre umlegen sollen.«
    »Äh, da wären wir dann aber selbst auch alle dabei gewesen.«
    »Und die Vorstandsmitglieder gleich mit. Ich frage mich, wo wir die eigentlich herhatten«, sagte der Big Man, der es nur zu gut wusste.
    »Die haben tatsächlich von uns erwartet, dass wir Geld verdienen«, sagte Scott.
    »Wisst ihr noch, der Brief von diesem Aktionär aus Tennessee?«, fragte der Forschungsleiter. »Der Typ, der uns erzählt hat, er werde an uns festhalten, obwohl er schon die Hälfte seines investierten Geldes verloren hatte?«
    »Und die ganzen bescheuerten Vorschläge, die er gemacht hat«, erinnerte sich Scott. »Dass wir unser Hauptquartier nach Nashville verlegen sollten.«
    »Toyota ist auch nach Nashville gezogen«, bemerkte Carla Wallace-Zuberi trocken. »Immerhin war der Typ loyal.«
    »Ich bin mir sicher, dass er kurz danach verkauft hat.«
    »Ich lebe immer noch unter dem Joch der Aktionäre«, sagte Scott. Er war jetzt Abteilungsleiter in einem anderen Unternehmen und dort für die Überwachung der Programmierer zuständig. »Die Aktionäre kontrollieren und bewerten alles, was man tut. Die meisten kriegst du nie zu sehen, aber umgekehrt wissen sie anscheinend alles über dich. Die Aktionäre funktionieren ein bisschen so wie der liebe Gott. Und wenn deine Zahlen nicht stimmen, dann lassen sie dich fallen und rennen alle dem nächsten Hype hinterher. Wie eine Herde kopfloser Hühner.«
    Diese Bemerkung rief allgemein zustimmendes und wissendes Nicken hervor. »Wenn man darüber nachdenkt«, sagte Carla Wallace-Zuberi, »funktioniert das System wie die reinste Pöbelherrschaft.«
    »Weh einem Lande, das ein Kind regiert!«, rief der Big Man plötzlich und ohne erkennbaren Grund. Seine ehemaligen Kollegen drehten sich zu ihm um: Sein erhitztes Gesicht war zum Rasen gesenkt, er schaute ins Nichts, und sofort dachten sie alle das Gleiche: Er betrinkt sich wieder.
    »Er ist auf dem Shakespearetrip«, erklärte seine Frau lakonisch. »Den Vers zitiert er dauernd. Weil er in seinem neuen Job so viel mit Politikern zu tun hat.«
    »Das war aus einem der Richards«, sagte der Big Man und unterdrückte ein Rülpsen, schien sich ansonsten aber wieder zu erholen. »Richard der Zweite. Oder vielleicht der Dritte. Nein, der Zweite.« Er spürte den Wein in der Sangria, und das war ein angenehmes Gefühl.
    »So verbringen wir jetzt unsere Freizeit«, sagte seine Frau. »Wir besuchen Shakespearefestivals. Sasha sagt, er schätze den großen Dichter wegen seiner Bühnenreden. Und dass er untersuchen würde, wie sie aufgebaut sind – so können wir die Festivalbesuche dann von der Steuer absetzen. Wir haben eine Inszenierung vom Sturm inmitten der Redwoods in Santa Cruz gesehen. Das war unvergesslich. Diesen Monat fahren wir nach Ashland und nächstes Jahr vielleicht nach Stratford, oder, Schatz?« Avakian deutete so etwas wie ein Nicken an, aber seine Gedanken schweiften ab. Er wollte dieses Mädchen Araceli finden und schauen, ob sie noch mehr von diesen kleinen Tortilla-Dingern hatte – und vielleicht mit ihr reden. Seine Frau blieb einen Moment stehen, da ihre Frage unbeantwortet geblieben war, und ging dann abrupt weg, um ihren Sohn zu suchen. Die anderen sahen die beiden in entgegengesetzte Richtungen davongehen, und einen Augenblick lang übernahmen

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