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In den Klauen des Bösen

In den Klauen des Bösen

Titel: In den Klauen des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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Entführung eines Kindes dort überhaupt aufgefallen wäre; eines Kindes zur Erneuerung seiner Jugendkraft, für die ewige Jugend, von der die meisten Menschen nur träumen können.
    Ted hatte ihn jedoch entdeckt, und Carl hatte sich nur mit der Drohung der Waffe ein wenig Zeit verschaffen können.
    Es war eine Dummheit gewesen, das Baby aus dem Boot der Touristen zu stehlen, doch als es zufällig vorbeigekommen war und Carl die Kinder im Boot gesehen hatte, hatte ihn die kalte Wut denkunfähig gemacht.
    Warum durften sie jung sein und er nicht?
    Warum sollten sie ein ganzes Leben vor sich haben und er außer Erinnerungen zum Trost im schmerzlichen Altern nichts besitzen?
    Phillips brachte ja die Kinder auch keineswegs um.
    Phillips hatte es ihm erklärt, damals, beim Angebot der Behandlung, und seine Behauptung anhand von Carls eigener Enkelin bewiesen.
    »Es tut den Kindern nicht weh. Ich brauche nur die Absonderung ihrer Thymusdrüsen«, hatte ihm Phillips versichert. »Später wachsen sie völlig normal auf.«
    Aber Carl hätte warten sollen, weiterpirschen sollen, bis er ein Kind der Sumpfratten gefunden hätte, ein Kind, um das sich niemand sorgte, das sowieso keine Zukunft hatte.
    Statt dessen hatte er sich von seiner Wut hinreißen lassen und das Baby aus dem Boot an sich gebracht.
    Er wiegte das schreiende Kind in den Armen und hielt ihm den Mund zu, damit es ihn nicht verraten konnte.

25
     
    Kelly wusste: Sie musste etwas tun. Eine gespannte Atmosphäre herrschte im Boot. Die Frauen hatten ihre Kinder um sich geschart, starrten schweigend aufs Moor, warteten auf ein Lebenszeichen von Michael. Doch es war, als hätte die Marsch ihn geschluckt. Seit zwanzig Minuten - nichts.
    Die Nervosität stieg mit jeder Sekunde.
    Im Heck schluchzte die Mutter des Babys leise vor sich hin. Zwei Frauen, die sie zu trösten versuchten, richteten den Blick vorwurfsvoll auf Kelly. Kelly überlegte verzweifelt, was sie tun könnte.
    »Bringen Sie uns zurück!« verlangte eine Frau. »Wir müssen Hilfe holen!«
    »Ich... ich weiß nicht, wo wir sind«, sagte Kelly.
    Die zwei Frauen, die ihr am nächsten standen, wechselten einen Blick. »Aber Sie müssen doch wissen, an welcher Stelle im Moor wir uns befinden!« sagte eine Mutter, und die Angst in ihrer Stimme war nicht zu überhören. »Das gehört doch zu Ihrem Beruf. Sie arbeiten hier!«
    Kelly schüttelte den Kopf. »Nein...« Doch in dem Moment regte sich eine Erinnerung - die Erinnerung, dass sie schon einmal im Moor gewesen war, ganz allein, und sich nicht verirrt hatte.
    Nicht in der Nacht ihrer Flucht vor dem Zorn des Vaters.
    Nein, in der ersten Nacht, als sie ins Moor gewandert war, um nach dem Jungen auf der anderen Seite des Kanals zu suchen; in der Nacht, als sie ihr Zeitgefühl verloren hatte; als sie, Clarey Lamberts Anweisungen folgend, wieder zu ihrem Ausgangspunkt zurückgefunden hatte.
    Sie konzentrierte sich ganz auf die Suche nach innerer Führung.
    »Ich kann’s«, sagte sie zuversichtlich. »Ich kann uns zurückbringen.«
    Sie schaute aufs Armaturenbrett, beugte sich vor, um die Finger über die fremdartigen Instrumente gleiten zu lassen, fasste den Schlüssel, drehte ihn herum - ein Warnsummen ertönte, doch nach kurzem Zögern verließ Kelly sich auf die Impulse, die sie leiteten, und drückte einen Knopf.
    Der Motor sprang an.
    Als sie den Vorwärtsgang einlegte und das Boot durchs Wasser zu gleiten begann, schrie die Frau im Heck auf. »Nein! Wir dürfen nicht fort! Der Mann hat mein Baby!«
    Kelly hörte die Worte wie aus großer Entfernung, sie nahm sie kaum wahr; denn ihr Bewusstsein war inzwischen ganz nach innen gekehrt und folgte der unsichtbaren Führung, der sie sich voll und ganz anvertraute.
    Langsam bewegte sich das Boot durch das Labyrinth der Bayous, und obwohl sie selbst einen nicht vom andern unterscheiden konnte, überließ sie sich der inneren Führung, bog sie von einem Bayou in den nächsten, ohne bewusst auf die Richtung zu achten, ohne sich darum zu kümmern, ob der Wasserarm auch breit genug war für das Boot.
    Als der Bayou sich nach vorn hin verengte, wurden die zwei Frauen unmittelbar hinter Kelly nervös.
    »Wir kommen hier nie wieder ‘raus!« sagte die eine. »Sie hat nicht die leiseste Ahnung, wo wir uns befinden. Sie macht alles nur noch schlimmer.«
    Die andere Frau schwieg, weil sie Kellys Gesicht sehen konnte, die Augen, die unbeirrt geradeaus blickten.
    Laubwerk umfing das Boot, schnürte den Bayou ein, und die

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