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In den Klauen des Bösen

In den Klauen des Bösen

Titel: In den Klauen des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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ein bißchen Glück konnte sie möglicherweise unbemerkt auf ihr Zimmer verschwinden und, falls später jemand fragte, so tun, als sei sie bereits seit einer Stunde zurück. Doch als sie an der offenen Tür vorbeikam, hörte Kelly die Mutter rufen.
    »Kelly?«
    Kelly war auf eine Strafpredigt gefasst. Aber ihre Muter sah sie lediglich besorgt an. »Schatz? Alles in Ordnung? Wir haben uns schon Sorgen gemacht.«
    Kelly überlegte. Dann sagte sie einfach die Wahrheit. »Es tut mir leid. Ich habe mein Zeitbewusstsein verloren, und als es auf einmal dunkel geworden war, war ich ziemlich weit von hier weg.«
    Zu ihrer großen Überraschung schimpften weder Vater noch Mutter. Keiner wies darauf hin, dass sie ihr Versprechen gebrochen hatte. Sie akzeptierten ihre Erklärung - einfach so. Und in die folgende Stille sagte Kelly noch etwas gänzlich Unüberlegtes: »Mir gefällt es hier«, sagte sie. »Ich bin froh, dass wir hierher gezogen sind.« Als Kelly sich auf ihr Zimmer über der Garage zurückzog, blickte Ted seine Frau fragend an: »Was meinst du? Haben wir das Richtige getan?«
    Die Antwort gab sein Vater. »Selbstverständlich«, sagte er. »Kelly gehört hier nach Villejeune. Wenn du mich fragst, war euer Umzug genau die richtige Medizin.«
     
    Michael Sheffields Boot glitt im Bayou lautlos um eine Biegung und stieß bald danach im Dock von Phil Stubbs an. Er warf das Seil über den Pflock, stieg aber nicht gleich aus, sondern starrte auf den Eimer mit den Fröschen.
    Er hatte ein halbes Dutzend Frösche gefangen.
    Sie waren alle tot.
    Wie seltsam - er war fast eineinhalb Stunden fortgewesen.
    Inzwischen war es völlig dunkel. Michael schaute sich um. Er war verwirrt. Verwirrt und verängstigt.
    Es war nicht das erstemal.
    Er hatte sein Zeitgefühl schon auf vielen Entdeckungszügen ins Sumpfgebiet verloren. Und jedesmal hatte seine Mutter ihn erwartet und wissen wollen, wo er gewesen war. »Ich habe mich bloß umgesehen«, hatte er ihr jedesmal erklärt. »Ich habe mich nicht verirrt oder so etwas.«
    »Du hättest binnen einer Stunde wieder zurücksein sollen!« hatte seine Mutter oft genug geschimpft. »Um Gottes willen, Michael! Du weißt doch, wie gefährlich das Moor ist!«
    »Ich habe doch keine Probleme gehabt«, hatte Michael erwidert. »Ich habe immer ganz genau gewusst, wo ich mich befand.«
    Was allerdings nur halbwegs der Wahrheit entsprach - denn häufig verlor er sich inmitten der geheimnisvollen Umgebung des Sumpfes in seiner eigenen Vorstellungswelt und fand sich am Ende an einer ganz anderen Stelle wieder.
    Die Stelle war ihm nie fremd oder unvertraut. Er wusste nur nicht, wie er dort hingekommen war.
    Den Eltern hatte er davon nie berichtet. Er befürchtete, dass sie ihm das Moor verbieten würden.
    Doch zugestoßen war ihm ja nichts. Er war von seinen tagträumerischen Ausflügen stets heil zurückgekehrt und nach dem Unterbringen der gefangenen Tiere nach Hause gegangen.
    Bisher hatte er gefangene Tiere noch nie getötet.
    Michael kletterte aus dem Boot, band es fest und schüttete die Frösche, deren Tod ihm unerklärlich war, ins Wasser. Sie trieben langsam auf der Oberfläche dahin.
    Die Nacht war heiß und schwül. Der Vollmond leuchtete auf die Lichtung herab, wo sich Phil Stubbs’ Anlage befand. Michael schaute vor dem Heimweg noch einmal rasch am Terrarium vorbei.
    Das große Terrarium mit den Mokassinschlangen war abgeschlossen; auch die übrigen Schlangenbehälter waren gesichert.
    Im Alligatorengehege lagen die drei großen Reptilien zur Hälfte im Wasser und hielten die im Mondschein glitzernden Augen auf ihn gerichtet. Als er sich dem Zaun näherte, hoben zwei Tiere den Kopf und bewegten sich vorsichtig.
    Michael schüttelte den Kopf. »Heute abend nicht, Jungs. Ihr habt genug zu fressen gehabt. Ihr wollt doch wohl nicht fett werden, oder?«
    Die Alligatoren schnellten drohend hoch und versanken wieder im Schlamm, als Michael verschwand. Vom dritten Tier, das ins Wasser glitt, blieben nur die Nase und die Augen sichtbar.
    Michael gelangte zum Käfig der Biberratten und knipste die Taschenlampe an, um Wasser und Nahrungsbehälter zu überprüfen. Ein Weibchen - die Mutter der Jungen, der Michael den Namen Martha gegeben hatte - lief herbei, um ihn durch die Maschen des Drahts zu beschnüffeln. Michael knipste die Taschenlampe aus und steckte sie in die Jacke, öffnete die Käfigtür und hob das kleine Tier hoch. Es kuschelte sich in seine Hand. Er rieb das weiche Fell an seiner

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