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In den Klauen des Bösen

In den Klauen des Bösen

Titel: In den Klauen des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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dir schon die Seele gestohl’n, und ich konnt’ sie dir nich’ mehr wiedergeb’n.«
    Kelly warf Michael einen Blick zu, der gebannt zuhörte. »Deshalb stimmt mit uns etwas nicht, oder?« fragte er leise. »Deshalb haben wir uns unter Menschen fremd gefühlt.«
    Clarey nickte. »Die Seel’ nimmt er euch. Das is’ nich’ wahr, sagt er, aber ich weiß, es is’ doch wahr. Fühlt ihr’s nich’ auch? Wie wenn ihr tot wärt, nich’ wahr?«
    »So bin ich mir immer vorgekommen«, flüsterte Kelly. »Seit ich klein war. Ich... ich habe mich für wahnsinnig gehalten...«
    »Psst!« sagte Clarey. »Das muss’ du nich’ denk’n. Du bis’ nich’ verrückt - er is’ es. Und damit muss Schluss sein jetzt, noch könn’ wir’s schaff’n.«
    Sie begann zu berichten. »Ich kenn’ alle.« Ihr Blick ruhte erneut auf Kelly. »Und deshalb bist du auch wieder zurück. Du würd’st nie wieder zurückkomm’, hat er gesagt. Aber er hat sich geirrt. Du bist zurück, und jetzt is’ der Zeitpunkt gekommen.«
    Michael überlegte angestrengt. »Wofür?« wollte er wissen.
    Clarey Lamberts Stimme wurde scharf. »Schluss zu mach’n. Euch die Seele wiederzuhol’n von den’, die sie gestohl’n hab’n.«
    Schweigen senkte sich über den Raum. Dann meldete sich Michael, mit kaum vernehmbarer Stimme. »Hat der Schwarze Mann auch mich zu dir gebracht?« wollte er wissen.
    Clareys Blick fiel auf zwei Bruchstücke aus glitzerndem Stein. »Ja«, murmelte sie. »Er hat dich zu mir gebracht. Aber dich hatt’ er nie im Moor festgehalt’n. Das hab’ ich genau gewusst.« Das Schweigen wurde bedrückend. Michael ahnte, was sie sagen würde. »Er is’ dein Papa«, sagte sie schließlich. »Du bis’ der Sohn vom Schwarzen Mann.«
     
    Draußen tauchte Amelie Coulton das Ruder sachte ins Wasser und entfernte sich still von Clarey Lamberts Hütte. Sie hatte alles mitgehört, was Clarey gesagt hatte.
    Jetzt war sicher: Ihr Baby war wirklich nicht tot. Und wie viele andere, totgeglaubte Kinder waren noch am Leben?
    Aber mit wem könnte sie sprechen? Wer würde ihr glauben?
     
    Craig Sheffield schaute auf die Uhr. Es war fast vier in der Früh. Nach Kelly schien das Moor auch Michael geschluckt zu haben. Vor einer Stunde hatte Craig die Hoffnung noch nicht aufgegeben - ein kleines Stückchen weiter, noch eine Biegung, eine letzte Insel, und er würde Michaels Boot vor sich sehen, dem nur das Benzin ausgegangen und sonst nichts zugestoßen war.
    Doch allmählich schwand seine Hoffnung; zwar setzte er die Suche fort, doch kam er sich ziemlich ausgepowert vor. Er hielt noch immer alle paar Meter an, schaltete den Motor aus und horchte nach dem fernen Tuckern eines anderen Boots, hörte jedoch wiederum nur das endlose Surren der Insekten, das er seit Jahren nicht mehr bewusst wahrgenommen hatte und erst wieder registrierte, als er Kellys Stimme oder Michaels Boot zu hören wünschte.
    Er bog um eine weitere Ecke und stellte den Motor ein weiteres Mal ab. Etwa dreißig Meter entfernt konnte er das glühende, grüne Licht von Carl Andersons Steuerbordlampe erkennen, ein Stückchen dahinter das weiße Licht eines anderen Bootes, dessen Inhaber die Suche ebenfalls nicht aufgeben wollte, bis - wie versprochen - mit Sonnenaufgang Tim Kitteridges Ersatzmannschaft erschiene. Alle hier waren erschöpft. Hatten sie beim Summen der Motoren und ewigen Gezirpe der Insekten Kellys Stimme vielleicht überhört?
    Das Wohnboot kam zum Stillstand. Craig saß lauschend hinter dem Steuer. Der hoch stehende Mond spiegelte sich im Wasser. Gelegentlich leuchteten die Augen eines Nachttieres, das auf der Jagd nach Nahrung war.
    Einmal, vor eine halben Stunde, hatte ein Schrei die Nacht durchschnitten; da waren schlagartig alle Insekten verstummt. Craig war es eiskalt den Rücken heruntergelaufen. Nach dem Verstummen des Beutetieres hatte das Insektengesirre von neuem eingesetzt.
    Doch nun erreichte ihn ein neuartiger Ton, kaum hörbar zunächst, dann zunehmend lauter - ein sich näherndes Boot.
    Craig wartete, hielt unbewusst den Atem an, glaubte den ganz eigenen Laut dieses Motors zu erkennen, und aus einem der engen Bayous tauchte er endlich auf, ein Schatten, der einen weißen Schaumstreif hinter sich herzog.
    Craig stand auf. Eine neue Hoffnungswelle durchströmte ihn. »Michael? Michael?«
    Das Boot wendete, beschleunigte, tauchte neben ihm auf - in der Mitte des Skiffs saß Kelly; Michael stand am Heck neben dem Motor. »Dad? Dad, ich habe sie

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