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In den Klauen des Tigers

In den Klauen des Tigers

Titel: In den Klauen des Tigers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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lehnten.
    Lore war gewandt bis in die Krone einer
Buche geturnt. Um sie brauchte er sich nicht zu kümmern.
    Petra, die etwas pummelig war,
benötigte Hilfe. Beide Hände mußte er ihr unter den Hosenboden legen und die
nicht unbeträchtliche Last auf den untersten Ast stemmen. Von dort konnte sie
weiterklettern.
    Ein erschreckter Schrei ließ ihn
herumfahren.
    Inge saß auf dem dritten Baum, hatte
ihren Man Eater im Arm gehabt und schon eine gewisse Höhe erreicht. Aber jetzt
war das Unglück passiert.
    Der zappelnde Rehpinscher hatte sich
befreit. Er fiel hinunter.
    Tarzan sah gerade noch, wie vier kleine
Pfoten auf einem weichen Mooskissen landeten. Die Leine fiel hinterher. Und Man
Eater, verstört von dem Sturz, raste los wie ein Irrer.
    „Mein Hund!“ schrie Inge. „Der Tiger
wird ihn fressen.“
    Ihre Stimme kickste vor Angst. Trotzdem
machte sie Anstalten, von der Buche herunter zu steigen.
    „Bleib oben!“ schrie Tarzan sie an. „Ich
hole ihn.“
    Dann rannte er dem Rehpinscher nach.

    Offenbar hatte der kleine Kerl sich weh
getan. Er flitzte hin und her, ließ sich nicht einfangen, mißverstand Tarzans
Bemühen, hörte auf keinen Lockruf und keinen Befehl und floh jetzt zum
Waldrand.
    Nicht zu fassen, wie flink dieser Zwerg
war. Tarzan spurtete über die Wiese. Der Boden war uneben. Damit kam das
Hündchen zurecht. Für Tarzan war es ein gefährliches Hindernisrennen. Er konnte
straucheln, sich den Knöchel verstauchen oder gar brechen. Und dann... Gute
Nacht! Der Tiger war unterwegs. Er mußte gleich hier sein.
    Erst am Waldrand, reichlich 100 Meter
vom Wege entfernt, erwischte Tarzan den Hund. Und das nur, weil er sich mit
einem Hechtsprung auf die Leine warf.
    Man Eater wurde unabsichtlich
umgerissen, als die Leine sich straffte. Er zappelte, sprang auf, verharrte
zitternd und wurde von Tarzan Hand über Hand herangeholt.
    „Ist ja gut, Man Eater! Ich tu dir doch
nichts.“
    Er streichelte ihn, und der Kleine
beruhigte sich.
    Ein Schreckensschrei, der sich eher wie
ein Winseln anhörte, machte ihn aufmerksam. Er wandte den Kopf.
    Was er sah, ließ sein Blut erstarren.
    Der Tiger war da.
    Er hatte die Mädchen entdeckt.
    An dem Baum, auf dem Gaby und Kathie
mit Oskar saßen, richtete er sich auf.
    Oskar winselte.
    Durch die Zweige konnte Tarzan
erkennen, wie die Mädchen sich am Stamm festklammerten.
    Napur unternahm ein paar Kletterversuche,
hatte aber keinen Erfolg.
    Tarzan, noch im Gras liegend, erlebte
den mulmigsten Augenblick seines jungen Lebens.
    So also, dachte er, ist es, wenn man
richtiges Fracksausen hat. Man Eater, Unglückswurm! Das hast du uns
eingebrockt! Wenn Napur uns bemerkt, hilft auch kein Beten. Himmel, was mache
ich? Kein Kletterbaum in der Nähe. Höchstens der!
    Es war der astlose Doppelstamm einer
Fichte.
    V-förmig ragten die nur schenkeldicken
Stämme in eine Höhe von etwa zwölf Metern. Das V war sehr schmal. Selbst in fünf
Meter Höhe betrug der Abstand nur zwei Armlängen.
    Wenn ich mich hochschiebe wie in einem
Kamin, überlegte Tarzan, Rücken gegen den einen, die Füße gegen den andern
Stamm gepreßt und den Hund vor der Brust — das müßte gehen.
    Der Doppelstamm stand nur wenige
Schritte entfernt.
    Vorsichtig robbte er darauf zu. Mit
einer Hand hielt er Man Eater die winzige Schnauze zu.
    Wieder begann das Hündchen zu zappeln.
    Tarzan atmete auf, als er hinter dem
Baum war.
    Der Tiger versuchte es jetzt an der
Buche, auf der Lore saß. Wütende Tatzenhiebe fetzten Rinde ab.
    Langsam, um ihn nicht aufmerksam zu
machen, stieg Tarzan zwischen die Stämme.
    Er trug ein Sommerhemd und einen seiner
dünnen roten Pullis. Beides war verschwitzt und klebte auf dem Körper. Als er
sich jetzt wie ein Kaminkletterer zwischen den Stämmen hinaufschob, wurde das
für seinen Rücken zur Qual.
    Die Rinde war rauh, Harz
herausgetreten. Buckel im Holz und Aststümpfe zerfetzten Pulli und Hemd. Er
spürte, wie seine Haut auf riß, wie er blutete. Aber es half nichts. Er mußte
hinauf. Sich windend wie ein Aal, bewegte er den Rücken, die Füße fest gegen
den zweiten Stamm gestemmt.
    Man Eater zappelte auf seiner Brust
herum. Mit einer Hand verschloß er ihm die Schnauze.
    Napur, enttäuscht und gereizt, wandte
sich jetzt dem dritten Baum zu. Dabei sah er in Tarzans Richtung — und
entdeckte ihn.
    In diesem Moment schien der Tiger
logisch zu denken.
    Inge, die sehr hoch geklettert und
damit unerreichbar war, interessierte ihn nicht mehr.
    Anders war es mit Tarzan und dem

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