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In den Klauen des Tigers

In den Klauen des Tigers

Titel: In den Klauen des Tigers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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die Beine aus. Er saß
hinten, Karl vorn. Draußen summten Insekten. Nicht nur Bienen, sondern auch
grünschillernde Fliegen, komische Käfer und anderes schmeißiges Insektenvolk,
das von der Müll-Deponie angelockt wurde.
    Sie ließen die Fenster nur spaltweit
geöffnet.
    Karl stellte das Radio an. Aber die
Musiksendung im dritten Programm gefiel ihnen nicht.
    Klößchen sagte, er hätte fürchterlichen
Hunger. Nicht mal Schokolade wäre zur Hand. Ob er das noch lange aushalten
könnte, wüßte er nicht. Sein Magen knurre schon lauter als Napur im schlimmsten
Zorn. Außerdem...
    „Nun hör endlich auf!“ sagte Karl. „Im
Wald zittern alle, weil ein gefährlicher Tiger rumschleicht. Tarzan und der
Kommissar haben Kopf und Kragen riskiert — und du denkst nur ans Essen.“
    „Das liegt an meinem hohen Grundumsatz“,
erwiderte Klößchen. Diesen Begriff hatte er irgendwo aufgeschnappt. Er wußte
zwar nicht genau, was das bedeutete. Aber es schien mit erhöhtem
Nahrungsbedürfnis zusammenzuhängen. Deshalb schlußfolgerte er messerscharf: „Ich
brauche eben mehr als andere. Du brauchst ja fast gar nichts.“
    „Ich esse genug. Aber ich bin nicht so
verfressen wie du. Oder glaubst du, dein Speck wächst von allein. Heh, hör mal!
Der Hubschrauber kommt zurück.“
    Er schien über der Forststraße zu
fliegen, hatte jetzt den Waldrand erreicht und landete auf dem Parkplatz. Das
Dröhnen der Rotorblätter war deutlich zu hören.
    „Kann lange dauern, bis die Zeisigs
zurückkommen“, sagte Karl.
    „Stunden“, nickte Klößchen. „Sie wollen
die Fleischbrocken hier und dort auslegen, sozusagen überall. Das ergibt eine
hübsche Strecke. Das dauert auch, und mein Magen... jaja, ich bin ja schon
still.“
    Er schwieg etwa fünf Sekunden. „Wir
könnten querfeldein zum Parkplatz zurückgehen. Dort ist jetzt bestimmt was los.“
    „Ich würde mich lieber mal in Lerchenau
umsehen.“
    „Gute Idee.“ Klößchen überlegte, ob es
dort wohl einen Kiosk mit Süßigkeiten gäbe. Er war noch nicht dort gewesen.
Immerhin, eine geringe Aussicht bestand. Oder fuhren die Lerchenauer wegen
jedem Einkauf in die Stadt?
    Die Jungs verließen den Wagen. Karl
meinte noch, klauen werde ihn wohl niemand. Dann stiefelten sie die Straße
entlang.
    Es war still, die Zufahrt am Waldrand
jetzt sicherlich abgesperrt, daher die Straße wie tot.
    Nach längerem Marsch sahen sie die
Siedlung. Wald umgab sie. Acht prächtige Grundstücke lagen sich paarweise
gegenüber. In den Gärten sprühten die Rasensprenger glitzernde Diamanten in die
Luft. Auf der einzigen Straße stand ein Streifenwagen. In seinen Scheiben
spiegelte sich die Sonne. Die Jungen konnten nicht sehen, ob jemand darin saß.
    „Kein Kiosk! Mist!“ fluchte Klößchen.
    „Was?“
    „Nichts. Habe nur laut gedacht.“
    Sie duckten sich hinter einen Strauch
und beobachteten. Nichts rührte sich. Nur die geparkten Wagen — auf der Straße
und in den geöffneten Garagen — verrieten, daß die Bewohner anwesend waren.
    Neugierig pirschten die Jungs etwas
näher; bis hinter ein Grundstück, dann durch einen schmalen Weg, der —
sozusagen als Querstraße — Lerchenau Nr. 4 von Lerchenau Nr. 6 trennte.
Mannshohe Hecken rechts und links schirmten gegen Blicke ab. Von hier aus
konnten die Jungs nicht in die Gärten sehen. Aber sie wurden auch nicht
gesehen. Sie erreichten die Einmündung zur Straße.
    Vorsichtig schob Klößchen den Kopf um
die Ecke — und starrte auf die Pistolentasche eines Polizisten.
    Sie befand sich etwa 20 Zentimeter vor
seiner Nase.

    „Habe ich doch richtig gesehen“, sagte
eine Stimme über ihm.
    Klößchen blickte auf — in das rote,
gutmütige Gesicht eines Polizisten. Er war hünenhaft. Im Arm hielt er eine
Maschinenpistole.
    Flucht? Ausgeschlossen. Auch Karl sah
das ein.
    „Ihr Schlingel!“ sagte der Mann. „Wollt
wohl den Tiger ausfindig machen, was? Wurde euch nicht ausdrücklich gesagt, daß
ihr das Haus nicht verlassen dürft?“
    „Doch... doch... ja“, stotterte Karl.
    „Zwei... zweimal wurde es gesagt.“ Klößchen
grinste. „Weil... weil... der Tiger gefährlich ist.“
    „Genau!“ nickte der Polizist. „Aber ihr
konntet eure Neugier nicht bezähmen, seid durch die Hintertür ausgerissen.
Jetzt aber zurück! Wo wohnt ihr?“
    „Dort!“ Karl hob einen Arm und wies
vage nach vorn.
    „Bei den Plockwinds? Aha! Na, los!
Worauf wartet ihr? Ins Haus, Kinder. Bevor der Tiger kommt und euch als
Vorspeise nimmt.“ Er lachte.
    Karl

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