In Den Schatten Lauert Der Tod -1-
einer Geste stummer Hilflosigkeit die Hände in die Luft.
Sean tigerte rastlos durch die Küche. »Weißt du was, Con? Ich erinnere mich noch an den Abend, als du dem Mädchen zum ersten Mal begegnet bist.«
Connor kannte seinen Bruder gut genug, um seinem leichten, beiläufigen Ton zu misstrauen.
»Tatsächlich?«, entgegnete er argwöhnisch.
»Na klar! Es war nicht lange, nachdem du bei der Undercover-Truppe angeheuert hattest. Als du noch mit leuchtenden Augen und voll Begeisterung die Mysterien deines neuen Jobs zu ergründen suchtest. Ein Jahr oder so nachdem Kevin gestorben war. Davy stand kurz davor, für Desert Storm auszurücken.«
»Dein Erinnerungsvermögen ist gespenstisch.«
»Ja, genau wie deins, nur dass deines selektiv arbeitet. Lass mich meine Geschichte zu Ende erzählen. Jedenfalls bist du eines Abends mit großen Augen und völlig in dich versunken von einem Essen bei Ed Riggs zurückgekommen. Ich hab dich gepiesackt, um zu erfahren, was passiert war, und du sagtest: ›Hey, lass mich in Ruhe. Es war ein großer Tag. Ich bin meiner zukünftigen Frau begegnet.‹«
Connor erstarrte. »Das habe ich gesagt?«
»Ja, das hast du gesagt«, bestätigte Sean. »Ich bin echt vom Hocker gefallen. Du meintest: ›Eds Tochter ist so hübsch, dass ich nicht fassen kann, welchen Blödsinn ich von mir gegeben habe. Riggs’ Frau hält mich vermutlich für geistig minderbemittelt. Das Problem ist nur, dass Erin erst siebzehn ist.‹«
»Das denkst du dir aus.«
»Nein, Hand aufs Herz. Die Szene hat sich unauslöschlich in meinem Gedächtnis festgesetzt. Also sagte ich zu dir: ›Du perverser Lüstling. Das wird sich in deinem neuen Job echt gut machen, der minderjährigen Tochter eines Kollegen nachzusteigen.‹ Und willst du wissen, was du darauf geantwortet hast?«
Connor machte sich auf das Schlimmste gefasst. »Was habe ich geantwortet?«
»Du sagtest: ›Keine Sorge, Mann. Ich werde einfach auf sie warten.‹« Sean schaute ihn bedeutungsvoll an.
»Wirklich?«, vergewisserte sich Connor mit dumpfer Stimme.
»Ja! Wirklich! Und ich dachte, du verscheißerst mich! Aber das hast du nicht getan! Es war verflucht noch mal kein Witz!«
Die Kaffeekanne begann zu brodeln und zu zischen, aber Sean war komplett in seiner Entrüstung gefangen, deshalb langte Connor an ihm vorbei und drehte das Gas ab.
»Du darfst dem Ganzen nicht zu viel Bedeutung beimessen«, murmelte er. »Es ist ja nicht gerade so, als ob ich mich in den letzten zehn Jahren für sie aufgespart hätte.«
»Oh doch, das hast du!« Sean betonte jedes einzelne Wort mit scharfem, gnadenlosem Nachdruck. »Klar hast du hin und wieder eine andere gevögelt, aber weiter bist du nie gegangen. Habe ich recht? Antworte mir, verflucht noch mal!«
Connor dachte an all die Male zurück, bei denen er die Sache behutsam beendet hatte, sobald die Frau, mit der er sich gerade traf, Zukunftspläne zu schmieden begann.
Mist! Leugnen war zwecklos. »Jetzt beruhige dich, Sean. Ich habe momentan nicht die Kraft für noch eine große Szene.«
»Sag mir nicht, dass ich mich beruhigen soll! Sag mir nicht, dass du seit zehn Jahren von diesem Mädchen träumst, dass du sie vor einem schlimmeren Schicksal als dem Tod bewahrt, dieses hinterhältige Arschloch von ihrem Vater überlebt, ihre Schwester vor diesem dämlichen Wichser gerettet, das Herz ihrer selbstmordgefährdeten Mutter gewonnen und dir den Weg in Erins Bett erschlichen hast, nur um jetzt aufzugeben!«
»Sie glaubt, dass ich irre bin, Sean!«, brüllte Connor.
»Dann überzeug sie, dass du es nicht bist!«, schrie Sean zurück. »Du wirst niemals glücklich werden, wenn du das hier aufgibst, und der Gedanke macht mich krank! Ich ertrage es nicht, dich ein weiteres Mal am Boden zu sehen!«
Ihre zornigen Blicke kämpften miteinander. Connor war der Erste, der wegsah. »Ich muss sicher wissen, dass ich nicht wirklich verrückt bin, bevor ich mich wieder in ihre Nähe wage«, argumentierte er dumpf. »Ich habe schon genug Chaos in ihr Leben gebracht. Ich will ihr nicht auch noch so etwas aufhalsen. Das wäre grausam.«
Sean presste die Lippen zusammen. Er schenkte den Kaffee aus und reichte Connor eine Tasse. »Warst du nicht mit Erin zusammen, als Vega kaltgemacht wurde?«
»Nein. Ich war bis etwa fünf Uhr morgens bei ihr, dann habe ich mich nach draußen geschlichen.«
»Warum zur Hölle hast du das getan?«
»Ich hatte Angst vor ihrer Mutter«, gestand Connor. »Du hast den Jaguar gesehen.
Weitere Kostenlose Bücher