In Den Schatten Lauert Der Tod -1-
zog ein Kleenex aus ihrer Handtasche und putzte sich die Nase. »Weil ich es versprochen habe«, erklärte sie mit flacher, tonloser Stimme. »Aus keinem anderen Grund. Alles stürzt in sich zusammen und zerbricht. Das Einzige, was mir geblieben ist, ist mein Wort. Und das werde ich bei Gott halten.«
Tonia schnaubte angewidert. »Bitte, erspar mir diesen pathetischen Mist!«
Ihr verächtlicher Ton gab Erin den Rest. Sie begann unbeherrscht zu schluchzen.
Tonia scherte unter dem verärgerten Gehupe mehrerer Autos auf den Parkplatz einer Tankstelle ein und stellte den Motor ab. Sie zog Erin in ihre Arme.
»Ach, jetzt komm mal für eine Minute von deinem hohen Ross herunter«, meinte sie beschwichtigend.
»Ich fühle mich so schlecht. Viel mehr kann ich nicht ertragen, Tonia.«
»Das weiß ich.« Ihre Stimme war weich und hypnotisch. »Natürlich kannst du das nicht. Und das musst du auch nicht. Du wirst schon sehen.«
Erin wollte nicht, dass ihre Triefnase auf Tonias weißen Leinenanzug tropfte, aber als sie sich aus ihrer Umarmung zu lösen versuchte, zog Tonia sie einfach wieder an sich.
»Du weißt, was das bedeutet, oder?«, fragte Tonia. »Es bedeutet, dass ich dein Gesicht in Ordnung bringen muss. Ganz egal, was du von Mueller hältst, du musst mit erhobenem Kopf dort reinspazieren. Du musst selbstbewusst wirken.«
»Wenn du meinst«, murmelte Erin gleichgültig. »Bring mein Gesicht in Ordnung. Gib dein Bestes.«
Tonia machte sich daran, die Klammern aus Erins Knoten zu entfernen. »Wir werden mit deiner Frisur anfangen«, erklärte sie munter. »Sie ist grauenvoll.«
Erin schniefte und versuchte zu lachen. »Danke, Tonia.«
Tonia umarmte sie so fest, dass sich die Rückseite von Erins Ohrsteckern in ihren Hals bohrte. Der scharfe Schmerz ließ sie aufkeuchen, und sie versuchte wieder, sich Tonia zu entziehen.
Doch die gab nicht nach. »Es wird bald vorbei sein, Erin«, gurrte sie. »Das verspreche ich.«
Connor drückte die Glastür auf und steuerte auf den Empfangsschalter der Klinik zu. Er hatte Mühe, das Gefühl des Eingeschlossenseins, das ihn überfiel, zu kontrollieren. Es hatte eine Zeit gegeben, zu der er bereitwillig einen Arm oder ein Bein geopfert hätte, um diesem Ort zu entfliehen. Nicht, dass die Belegschaft nicht großartig gewesen wäre. Sie hatten alle ihr Bestes für ihn gegeben. Und, oh gut, dort war Brenda, einer seiner Lieblinge. Die untersetzte Frau Mitte fünfzig stand hinter der Rezeption und spähte durch eine goldumrandete Halbbrille auf einen Computerbildschirm.
»Hallo, Brenda«, begrüßte er sie.
Sie blickte mit ausdrucksloser Miene zu ihm hoch, dann begannen ihre Augen zu leuchten. »Connor McCloud! Junge, Junge, sieh mal einer an!« Sie kam eilig hinter dem Tresen hervor und tätschelte mütterlich sein Gesicht. »Sie sehen gut aus, Schätzchen! Was führt Sie her? Wollten Sie nur Hallo sagen? Ich muss Ihre Physiotherapeuten rufen. JoAnn und Pat haben mit Ihnen gearbeitet, stimmt’s?« Sie griff zum Telefon. »Ich werde Sie schnell anrufen und …«
»Tatsächlich bin ich nicht für einen Besuch gekommen, dafür aber ziemlich in Eile.« Es tat ihm leid, sie abzuwürgen, aber er stand zu sehr unter Strom, um mit dem Klinikpersonal zu plaudern. »Ich bin hier, um ein paar Informationen einzuholen. Bitte richten Sie JoAnn und Pat viele Grüße von mir aus. Ich werde bei Gelegenheit mal bei ihnen vorbeischauen. Es geht mir mittlerweile wieder ganz gut. Die Monate der Folter haben sich ausgezahlt.«
»Und ob sie das haben, Sie hübscher Teufel! Also, was wollen Sie wissen?«
»Ich suche Informationen über eine Krankenschwester, die während der Zeit, als ich im Koma lag, hier gearbeitet hat«, sagte er. »Ihr Name ist Tonia Vasquez.«
»Hm. Da klingelt nichts bei mir, aber dies ist eine große Klinik. Wissen Sie was, ich werde Annette anrufen. Sie arbeitet oben in der Aufnahme. Vielleicht erinnert sie sich an den Namen.« Brenda wählte. »Hallo, Annette, hier ist Brenda. Rat mal, wer hier vor mir steht. Erinnerst du dich an unseren schlafenden Märchenprinzen? … Ja, in Fleisch und Blut. Niedlicher geht’s nicht. Er hat eine Frage an dich. Könntest du kurz runterspringen, oder soll ich ihn raufschicken? … In Ordnung … Ja, wem sagst du das, Liebes? … Ich schick ihn gleich rauf. Tausend Dank!«
Sie legte auf und wedelte mit der Hand in Richtung Fahrstühle. »Dritter Stock, vom Aufzug aus links, die nächste wieder links, dann sehen Sie sie schon in
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