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In den Spiegeln (Teil 1, 2 & 3) - Die dunkle Stadt (German Edition)

In den Spiegeln (Teil 1, 2 & 3) - Die dunkle Stadt (German Edition)

Titel: In den Spiegeln (Teil 1, 2 & 3) - Die dunkle Stadt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ales Pickar
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Das mit der Beliebtheit kommt erst später.«
    »Du gibst mich deswegen frei, damit ich über euch schreiben kann?« Ich starrte ihn fassungslos an.
    »Ja!« rief Michael jovial. »Das ist doch eine gute Idee!« Er blickte sich wie ein mexikanischer Bandido-Anführer um, der Zuspruch von seinen Gefolgsleuten erwartet.
    »Berichte darüber. Schreib! Erkläre den Menschen, dass die Engel kein folkloristischer Aberglaube sind. Mache ihnen verständlich, dass wir keine dicken Winzlinge mit kleinen Flügelchen sind.«
    »Um zu schreiben, müsste ich viel mehr wissen. Im Augenblick kann ich nur wenig mehr beschreiben, als meine Verwirrung.«
    »Bravo!« rief Erzengel Michael aus. »Das ist die Stelle, an der sich der Mensch aufmacht, ein höheres Wesen zu erpressen. Eure Sagen und Geschichten sind voll davon.«
    »Wenn wir wissen, dass diese Unterhaltung stattfinden wird, können wir sie auch gleich überspringen und zur Sache kommen.«
    »Wohlan!« herrschte mich ungeduldig der Erzengel an. »Bringen wir diese kleine Schäbigkeit hinter uns.«
    Meine kurzzeitige Kühnheit schien ihm die Laune verdorben zu haben, und ich ahnte, dass es an der Zeit war, ihm aus den Augen zu gehen.
    »Ich will nicht mehr im Dunkeln sein«, setzte ich aufbrausend nach. »Ich habe es satt, stets nur kleine Häppchen der ganzen Wahrheit zugeworfen zu kriegen! Ich will wissen .«
    »Ja, ja!« donnerte der Erzengel. »Ich habe es verstanden. Nach deiner Rückkehr wirst du Ambrosia speisen, und dann wirst du verstehen. Aber vergiss nicht, du schuldest uns ein Buch. Lesbar und nicht verfänglich. Keine atheistischen Schlauheiten darin und kein perverser Sex. Harmonie! Verstehst du? Harmonie!!«
    Ich bemerkte plötzlich Manakels Hand auf meiner Schulter. Er führte mich langsam aus dem Saal heraus.
    »Dann werde ich vielleicht erfahren, ob du der dümmste oder der gerissenste Mensch warst, der jemals vor meinen Thron trat«, stieß Michael aus, obwohl wir bereits aus der Tür waren. Seine Stimme hallte uns durch den dunklen Gang hinterher. »Harmonie! Verdammte Harmonie! Kein Diskordianismus. Keine transgressive Literatur. Harmonie! Ich will dich in den Bestseller-Listen gleich neben Coelho sehen!«

3.05 Beneficium

    »Ist er stets so impulsiv?«
    »Er war nicht immer so«, erklärte Manakel. »Dabei verdanken wir ihm so viel. Er war es, der vor zwei Millennien die letzte Blütezeit der Engel unter den Menschen auslöste.«
    »Ah, das Plagiat«, murmelte ich und erinnerte mich an Lichtmanns Worte auf dem Krankenhausdach.
    »Vor achthundert Erdenjahren gab es kaum einen Europäer, der nicht zutiefst von der Existenz der Engeln überzeugt war. Doch leider glaubten die Menschen damals genauso an Satan, was zusammengenommen eher eine Patt-Situation ergab. Aber dennoch. Wir waren beliebt im Mittelalter.« Er nickte eine Weile, als schwelgte er in Erinnerungen. »Doch Michael möchte darauf nicht angesprochen werden. Er hält es für eine Niederlage, da erst durch das Christentum die Renaissance und die Moderne möglich wurden. Und dann dieser ganze Trickbetrug an Descartes...«
    Wir gingen ganz allein die gewundene breite Treppe hinab, umgeben von seltsamer Fluoreszenz, die von den schwarzen Wänden abstrahlte.
    »Und ihr helft mir nun zurück, damit ich ein Buch schreibe?« wunderte ich mich.
    Es kam mir vor, als würde Manakel mit den Schultern zucken.
    »Es ist nicht meine Aufgabe, darüber nachzudenken«, erklärte er ausdruckslos. »Meine Aufgabe ist es, über der Großen Ebene zu schweben und verirrte Seelen einzufangen und jene, die noch gar nicht erkannt haben, dass sie tot sind. Wie ein Schäfer treibe ich sie zurück zur Herde. So wie es meinem Rang entspricht.«
    ›Eher wie ein Schäferhund‹, dachte ich, sagte aber nichts. Manakel war ein vergleichsweise niedrigrangiger Engel, der vor Jahrtausenden möglicherweise im Diesseits existierte und nun hier, im Reich der Finsternis, über der Ödnis vor den Pforten zu Thanatopolis seinen Dienst tat.
    »Aber etwas in mir sagt mir, dass du trotzdem den Spinnern der Lux Aeterna nachlaufen wirst, wie ein Kind, das sich einfach weigert, den Vortrag über das Wesen heißer Herdplatten zu akzeptieren«, fuhr er mit gewohnter Ausdruckslosigkeit fort. »Wir können dich nicht auf unserem natalen Pfad senden, denn der Strom des Lebens bringt dich nur in einen ungeborenen Leib. Du würdest als Säugling die Welt betreten, ahnungslos über alle Dinge, die hier geschahen. Deshalb musst du die Pforte der Lux

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