In den Spiegeln (Teil 1, 2 & 3) - Die dunkle Stadt (German Edition)
Der Lichtkegel meiner Taschenlampe tanzte stets einige Meter voraus und führte uns an. Schließlich stießen wir die letzte Tür auf und standen im Souterrain unseres Hauses. Ich hatte endgültig die Schnauze voll von unterirdischen Abenteuern.
Der ursprüngliche Plan, zu sehen, ob die Luft rein sei, stand offensichtlich nicht mehr zur Debatte. Manzio und Talitha stürzten sich hinaus in den Hof. Wir folgen ihnen.
Die Thailänderinnen waren erstaunlich leise und beherrscht. Sie trugen nur wenig mehr als schmutzige Nachthemden. Doch es herrschte keine Panik, es gab kein Geschrei. Ich sah im Licht der Straßenlaternen die große Zeichnung der Kraniche neben der Eingangstür. Was für ein widersinniger Ort dieses Haus doch war!
Die befreite Kriegerin marschierte zielstrebig über den Hof und zielte mit ihrem Maschinengewehr abwechselnd in alle möglichen Ecken der umgebenden Hausfassaden.
Manzio holte uns auf. Ich zitterte am ganzen Körper, aber ich weiß nicht, ob es Aufregung oder Kälte war. Vermutlich beides. Der kalte Wind wand sich um einen schweißgebadeten Körper.
»Was wird aus meiner Wohnung? Meinen Sachen?« zischte ich panisch. »Was wird aus den Mädchen?«
Doch Manzio antwortete nicht. Er eilte zur Straße und öffnete dort einen Wagen. Seine Hände tauchten in die Dunkelheit hinter den Sitzen des Autos, und als er wieder den Gehsteig betrat, sah ich zwei weitere Schusswaffen.
»Der Schlüssel steckt. Ich hoffe, du kannst fahren. Ich verschaffe dir Zeit. Los!«
Ich blickte ihn ungläubig an.
»Dein Manzio ist tot!« schrie er über die Schulter. »Los!«
Plötzlich erklang der dumpfe Knall eines Pistolenschusses. Neben mir zersprang das Fenster eines BMWs. Die Scheibe verfärbte sich milchig und bröckelte in tausend kleine Scherben auf den Fahrersitz. Der pulsierende Alarm heulte auf.
Eine Sekunde später bellte im Stakkato das Maschinengewehr der Kriegerin los.
Auch Manzio wirbelte in die Schussrichtung und feuerte in kürzesten Abständen eine Salve aus vier oder fünf Kugeln ab.
Wie in einem Traum bewegte ich mich auf den Minibus zu und riss die Seitentür auf. Mehr im Hintergrund meiner sich überschlagenden Gedanken schälte sich die Erkenntnis heraus, dass das dumpfe Geräusch, das hinter mir auf dem Steinpflaster ertönte, von dem toten Körper eines Menschen verursacht wurde, der aus großer Höhe gefallen war. Doch ich blickte nicht hin. Ich begriff, dass ich den Mädchen nun irgendwie auftragen musste, in das Auto zu steigen. Doch die vier Thailänderinnen waren wesentlich gefasster als ich. Noch während ich mich zu ihnen drehte, schlüpften sie hinter meinem Rücken hindurch und ließen sich auf die Sitzbänke des Minibusses fallen. Nur zehn Schritte entfernt stand Manzio und ballerte durch die Gegend. Während ich mich hinter das Lenkrad zwang, sah ich die Frau, die der Hausmeister Talitha nannte. Sie hatte sich auf ihr linkes Knie gesetzt, um einen besseren Halt zu haben, und feuerte Salven in die Nacht. Ich glaubte nicht, dass seit 1945 etwas derartiges in München geschah. Könnte jemand den Film anhalten? Ich möchte mich mal übergeben. Panisch drehte ich an dem Zündschlüssel. Ich hatte mal einen alten Ford Escort. Doch das Ding hier war deutlich größer. Es kam mir vor wie ein Lastwagen.
»Was meint er mit tot?« murmelte ich abwesend, während ich am dem großen Lenkrad drehte.
Als ich mit quietschenden Reifen am Ende der Gasse abbog, um auf die Landsberger Straße zu fahren, hörten sich die Schüsse hinter mir bereits an, wie die Artillerie in einem Kriegsfilm. Und ein wenig wie Silvesterböller.
Polizei, dachte ich. Ich muss die nächste Polizeistation finden. Ich sollte mit denen gar nicht reden. Ich schicke nur die Mädchen hoch zu ihnen. War da nicht eine Polizeistation in der Bayerstraße, direkt neben dem Hauptbahnhof? Als ich das Zentrum erreichte, fuhr ich langsamer und vorsichtiger. Die Straßen um den Bahnhof waren leer. Das Ziffernblatt auf meinem Armaturenbrett zeigte vier Uhr morgens. Ich blieb am Postamt stehen und ließ den Motor laufen. Ich atmete tief aus. Stille. Keine Schüsse mehr. Ruhe finden. Runterkommen. Die Frauen schwiegen und warteten. Entweder verstanden sie meine Gefühlslage oder sie waren lediglich abgerichtet, in jeder Situation die Ruhe zu bewahren. Vermutlich traf beides zu.
Nach einer Weile drehte ich mich zu ihnen.
»Ihr müsst hier aussteigen«, sagte ich. Sie sahen mich ausdruckslos an. Zwei von ihnen flüsterten sich
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