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In den Spiegeln - Teil 3 - Aion

In den Spiegeln - Teil 3 - Aion

Titel: In den Spiegeln - Teil 3 - Aion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ales Pickar
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Säugling die Welt betreten, ahnungslos über alle Dinge, die hier geschahen. Deshalb musst du die Pforte der Lux Aeterna benutzen. Ich kann dich hinbringen, doch dem Ritual der Häretiker darf ein Engel nicht beiwohnen.«
    »Ihr kontrolliert doch alles hier. Wieso können die anderen eine eigene Pforte besitzen?«
    Manakel zögerte mit der Antwort.
    »Es ist kompliziert«, erklärte er. »Es gibt einen Mann hier. Ein Freund von Paul Lichtmann. Er ist versteckt irgendwo in der Unendlichkeit des Jenseits. Vielleicht in einer Felshöhle, vielleicht irgendwo anders. Er hält einen Engel gefangen, dessen Name Pahaliah lautet. Einen hochrangigen Engel. Er ist seine Geisel. Die Bedingung ist, dass wir die Apythia, die große Sacraporta der Häretiker dulden. Würden wir Apythia vernichten, würde man sich an Pahaliah rächen.«
    »Man kann doch keinen Engel töten!« rief ich überrascht aus.
    »Nein, aber die Häretiker könnten ihn an die Schatten ausliefern.«
    »Welcher Mensch verschanzt sich freiwillig im Jenseits und hält dort einen Engel als Geisel?« fragte ich verwundert, während wir die schlammige Straße überquerten. »Und wieso könnt ihr einen Kerl, der sich in imaginären Felsenhöhlen versteckt, nicht fassen? Wo gibt es das denn?«
    »Das alles geht mich nichts an. Vermutlich ist das einer, der am Diesseits ohnehin wenig Freude hatte. Ich weiß nichts über ihn, außer seinen Namen«, erwiderte Manakel. »Er heißt Arthur Machen.«
    Wir gingen durch die dunklen Gassen. Manchmal hörte ich über uns die Schwingen eines Engels, doch die meiste Zeit war es still und trostlos. Wir betraten eine enge Gasse, die zwischen zwei dunkle Gebäude führte.
    »Wir haben nicht endlos viel Zeit. Dieser Ort ist zwar nicht gebunden an das, was ihr als Raum bezeichnet, doch wir sind hier gebunden an das, was ihr als Zeit bezeichnet. Verweilst du zu lange hier, vergeht im Diesseits zu viel davon.«
    Doch wir waren bereits da. Ich erkannte die schmale Gasse, an deren Ende sich der Hinterhof befand, umgeben von Häuserfassaden. Inmitten des Hofs stand der Tempel mit dem Stier und dem Widder auf dem Dach. Das quadratische Gebäude trug ein steiles Dach und besaß ein zentrales Tor, das zwischen sechs Säulen stand.
    »Er war hier«, zischte Manakel und sah sich um.
    »Wer?« fragte ich naiv.
    »Lichtmann«, belehrte mich Manakel. »Ich kann ihn riechen.«
    »Riechen ist das einzige, das mir hier wirklich schwer fällt«, brummte ich nachdenklich. Nach meinem Empfinden gab es hier nicht einmal Luft gab, geschweige denn etwas zu riechen.
    Wir blieben vor dem Tor stehen.
    » Beneficium «, seufzte Manakel abfällig. Der Gedanke daran, mich auch noch persönlich an die Pforte des »Häretiker-Tempels« gebracht zu haben, schien ihn zu beschmutzen. »Die Schatten bemühen sich nun seit über dreißigtausend Jahren um das Diesseits und haben fast dreitausend davon auch wirklich regiert. Sie erschufen eine Welt, in der nicht mehr die Liebe den Unterschied macht, sondern die Information. So wie hier in diesem Tempel. Ob man weiß, dass man in wenigen Sekunden stirbt, oder ob man es nicht weiß. Perfide.«
    »Es ist aber ganz praktisch«, wandte ich ein.
    »Wie ein dressierter Hund wirst du ihnen nachlaufen«, sagte Manakel kalt und nickte stumm. »Denk an mich, wenn du im Herzen eines Schlachtfelds eintriffst.«
    Ich blickte nicht ohne Furcht auf die schweren Eisengriffe an der Pforte. Es waren eingehängte Klopfringe, die das Emblem der Lux Aeterna darstellten.
    »Eine Sache noch«, sagte der Engel. »Um die Ambrosia zu essen, wird dein Weg dich in die Stadt Worms führen, zu einem Mann. Sein Name ist Theophil Schorm. Suche ihn auf.«
    »Ja?« entgegnete ich. »Wollt ihr mich nicht lieber zu Coelho schicken?«
    Ich begutachtete das Tor und legte meine Hand auf den schweren Ring. Dann sah ich zurück zu Manakel, doch ich blickte auf einen leeren Hinterhof, während über mir schlagende Schwingen rauschten und sich entfernten. Das hier waren keine Wesen fürs Händeschütteln.
    Sie mochten mich nicht, das war offensichtlich. Ich war weder bußfertig noch besonders von ihrer Agenda überzeugt. Aus ihrer Sicht war ich höchstens der erhärtete Beweis, wie wichtig es war, dass sie wieder die Macht über die Erde ergriffen. Doch sie waren sich nicht zu schade, um mich bekehren zu wollen oder notfalls unter Druck zu setzen.
    Hinter mir ragte der Turm hoch in den Himmel. Er sah aus, als wäre er Kilometer entfernt. Von vier Seiten senkten

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