In der Box: Wie CrossFit® das Training revolutionierte und mir einen völlig neuen Körper verlieh (German Edition)

und seine Auffassung nachhaltig geprägt. Obwohl sie in jenen zehn Jahren am Leben war, »wusste sie weder wo, noch wer sie war«. Sie war bettlägerig. Glassman sagt, dass es sein schlimmster Albtraum wäre, mithilfe der modernen Medizin künstlich am Leben gehalten zu werden, bis er mit 135 Jahren schließlich das Zeitliche segnet. Er würde getrost auf diese letzten Jahre verzichten, wenn er dafür im letzten Drittel eines normal langen Lebens körperlich und geistig belastbar sein könnte.
    Fitness bedeutet für ihn, nicht in einem Altersheim dahindämmern zu müssen, »Brei zu essen und den ganzen Tag vor der Glotze zu sitzen«. Er sagt: »Es ist doch viel erstrebenswerter, mit 90 noch ein aktives Liebesleben zu haben und notfalls einen Halbstarken windelweich prügeln zu können, der einen am Geldautomaten auszurauben versucht.«

Nicht reden, machen
    Glassman gibt zu, dass sich CrossFit nicht leicht erklären oder auf einen Nenner bringen lässt. Anstelle einer Antwort nimmt er Interessierte lieber ins Studio mit und lässt sie ein »Met-Con« (ein Workout zum Metabolic Conditioning) absolvieren – ein anaerobes, hochintensives Training der Energiestoffwechselsysteme, wie es auch Fran zugrunde liegt. Wenn der Fragensteller dann auf dem Rücken liegt und nach Luft ringt, beugt sich Glassman zu ihm herunter und sagt: »Das ist CrossFit.«
    Aber die Sprache von CrossFit verändert sich täglich und die Dialekte variieren von Gegend zu Gegend und von Box zu Box. Glassman ist sich dieser Tatsache bewusst. CrossFit ist ein dynamisches Phänomen, deshalb werden sich auch die Definitionen mit der Zeit verändern. Glassman sieht einen Vorteil der CrossFit Games darin, dass sie eine Gruppe von CrossFittern ins Rampenlicht führen können, die irgendwo im Hinterland ihre Grenzen neu auslotet und den Sport zu ungeahnten Höhen führet. Wenn eine kleine Box in einer kleinen Stadt eine große Zahl von CrossFittern hervorbringt, die an den Games teilnehmen und dort außergewöhnlich gut abschneiden, will natürlich jeder wissen, was sie anders machen.
    Meiner Erfahrung nach erfährt man am besten, was es mit CrossFit auf sich hat, wenn man sich einer Box anschließt. Als ich einer Box beitrat, hatte ich eine feste Vorstellung davon im Kopf, was CrossFit sein musste.
    Ich hatte ja keine Ahnung.
    * Die Informationen über Glassman in diesem Kapitel wie auch alle seine Zitate sind Quellen aus dem Internet entnommen, unter anderem den Video-Archiven des CrossFit Journal und von ihm selbst verfassten Fachartikeln. Ich traf Glassman einmal, am 5. April 2012, führte damals aber kein richtiges Interview. Die Vorträge, die Glassman vor Inhabern von CrossFit-Boxen gehalten hat, lassen erkennen, dass er nicht daran interessiert ist, durch Öffentlichkeitsarbeit für seine Sache zu werben. Zwar hat er in der Vergangenheit einigen Journalisten Interviews gegeben, doch zurzeit scheint er die Auffassung zu vertreten, dass es ausreicht, die Fragen der Medienvertreter im CrossFit Journal zu beantworten. Es gibt mehrere Stunden Videomaterial, in dem Glassman eine Vielzahl von Themen rund um CrossFit bespricht, und er ist ein hervorragender Redner. Es ist offensichtlich, dass Glassman keine Standesdünkel hat, wie so mancher Firmenchef sie gerne pflegt. Dies spiegeln auch die angeführten Zitate wider. Im Buch vorkommende Zitate, die auf andere Quellen wie etwa Jim Baker zurückgehen, stammen aus Interviews, die entweder persönlich, telefonisch oder per E-Mail stattfanden.

Mit einem Minimum von zehn CrossFit-Filialen ist San Diego ein überaus CrossFit-freundliches Pflaster. Allein in meiner unmittelbaren Nachbarschaft – ich lebte damals an der Ecke 30. Straße und Thorn Street, in der Nähe von North Park, einem Stadtteil mit einer überaus trendbewussten Bevölkerung und einer unüberschaubaren Anzahl an Tätowierstudios, Bierlokalen, veganen Cafés und Kurierfahrrädern ohne Gangschaltung und Bremsen, auf denen sich die hippe Bevölkerung zwischen den besagten Bierlokalen, Cafés und Tätowierstudios fortzubewegen pflegte – gab es vier CrossFit-Boxen. Ich hatte eigentlich vor, diese nacheinander auszuprobieren, als ich feststellte, dass eine Box mit dem Namen CrossFit Elysium gerade dabei war, ihren Standort zu wechseln, und ganz in die Nähe meiner Wohnung zog. Sie würde künftig an der Ecke 30. und Adams liegen, mit meinem Rennrad nur einige Minuten Fahrt entfernt.
    Man muss kein Mitglied einer CrossFit-Filiale sein, um CrossFit