In der Box: Wie CrossFit® das Training revolutionierte und mir einen völlig neuen Körper verlieh (German Edition)
Schlafmangel.
Irene hatte ihren Trainern anvertraut, dass sie im Durchschnitt nur fünf Stunden pro Nacht schlief. Sie rieten ihr zu mindestens sieben Stunden. Was die Ernährung betraf, hatte Wall das Gefühl, dass Irene ihre Fortschritte durch ihre Essgewohnheiten untergrub, die sie noch nicht radikal verändert hatte. »Irenes Problem in Sachen Ernährung ist, dass sie nicht konsequent bleibt«, sagte Wall. Die Psychologin vertritt die Auffassung, dass man sich nur dann langfristig gesund ernährt und sein Gewicht hält, wenn man eine vernünftige Einstellung zum Essen und Kochen entwickelt. Mit radikalen Fastenkuren kommt man nicht besonders weit, weil sie nur funktionieren, wenn man äußerste Willenskraft aufbringt und ständig Verzicht übt. »Ich halte nicht viel von Radikaldiäten«, sagt Wall. »Ich bin der Überzeugung, dass eine Ernährungsumstellung dann am erfolgreichsten ist, wenn sie sich dauerhaft im Alltag umsetzen lässt.«
Irene aß unter der Woche in der Regel nur Hühnchen und Gemüse, an den Wochenenden aber verfiel sie in alte Gewohnheiten und verzehrte viel Süßes und Fast Food. Wall erkannte, dass sich Irene vor allem deshalb keine ausgewogene Ernährung aneignete, weil sie schlichtweg nicht kochen konnte. Deshalb organisierte Wall eine Reihe von Kochkursen, die im Studio stattfanden. Verschiedene interessierte Mitglieder kamen zwanglos zusammen und verbrachten den Nachmittag damit, gemeinsam neue, gesündere Rezepte auszuprobieren. Die Nachmittage wurden zu Workshops, in denen sich Irene einige grundlegende Kochkenntnisse aneignete.
Aber Irenes Geschichte ist noch nicht zu Ende. Die neuen Kochkünste werden ihr vielleicht dabei helfen, schnellere Fortschritte zu erzielen. In jedem Fall hat es ihr nicht geschadet, an Walls Kochunterricht teilzunehmen. Irenes Entschlossenheit ist wirklich erstaunlich, aber sie hat mit Sicherheit auch davon profitiert, dass so viele Menschen hinter ihr stehen und sie bestärken. Außerdem hatte sie das große Glück, ein CrossFit-Studio mit einem Mediziner im Trainerstab zu finden, dessen Frau obendrein auf Essstörungen spezialisiert ist. Alle diese Dinge wirkten sich positiv auf ihre Entwicklung aus.
Doch wie ungewöhnlich ist ihre Geschichte? Ist CrossFit, kombiniert mit einer ausgewogenen Ernährung, ein gangbarer Weg für Menschen, die mit lebensbedrohlichen Gewichtsproblemen zu kämpfen haben? Es gibt keine Pauschalantwort auf diese Frage, weil vieles von der einzelnen Person und dem Studio abhängt. Changs medizinische Betreuung war sicher ein notwendiger und entscheidender Faktor für Irenes Erfolg. Jeder, der sich in einer ähnlichen Situation befindet und es ihr gleichzutun versucht, sollte allerdings Rücksprache mit seinem Arzt halten.
Irenes Mut war vorbildlich. Sie hat sich nicht nur getraut, in ein CrossFit-Studio zu gehen und ihm beizutreten, sie wurde auch die überzeugendste Botschafterin für CrossFit, der ich jemals begegnet bin. Aus einem Gefühl der Freundschaft und Solidarität heraus besucht sie auch regelmäßig andere CrossFit-Boxen. Im Elysium war sie nicht selten die treibende Kraft hinter Partys und anderen geselligen Abenden. Mit einem Lächeln und einer Umarmung pflegt sie ihre Trainingskollegen dann zu solchen Veranstaltungen einzuladen und duldet keine Widerworte. Es scheint fast so, als habe Irene eigenbrötlerischem, unsozialem Verhalten den Kampf angesagt. Sie überredete mich sogar einmal dazu, mit ihr Salsa tanzen zu gehen. Und Sie können mir glauben : Das war nicht leicht.
Am meisten beeindruckt mich aber, dass Irene die Lebenseinstellung einer echten Sportlerin angenommen hat. Sie verweigerte sich einfach der Rolle, die die Gesellschaft ihr wegen ihres Gewichts aufzudrängen versuchte. Ich trainierte zweimal in der Woche mit ihr und konnte dabei fast jedes Mal beobachten, wie es ihr enorm schwerfiel, eine schwere Langhantel über den Kopf zu stemmen oder sich in den Met-Cons durch die »Höhle des Schmerzes« zu kämpfen. Aber ich konnte auch miterleben, wie sie eine Hürde nach der anderen nahm : Ich wurde Zeuge ihres ersten Burpees und sah ihr bei ihrem ersten 200-Meter-Sprint zu, obwohl sie noch kurz zuvor keine fünf Schritte am Stück hätte rennen können. Dabei behandelten die Trainer sie genauso wie jeden anderen im Elysium. Sie erwarteten 100 Prozent Einsatz von ihr, nicht mehr und nicht weniger.
Eine E-Mail, die Irene dem Trainerstab des Elysium einmal schickte, bringt es auf den Punkt. Sie schrieb
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