In der Box: Wie CrossFit® das Training revolutionierte und mir einen völlig neuen Körper verlieh (German Edition)
Neulingen fehlen normalerweise sowohl die Kraft als auch die Technik für die Kipping Pull-ups und Thrusters, die in Fran vorkommen. Diese beiden Übungen erfordern Kraft, Explosivkraft sowie bewegliche Hüft- und Schultergelenke. Sie beanspruchen die dort befindlichen großen Muskelgruppen, die eine enorme Kraft entfalten können. Dieser Kraftaufwand kostet jedoch entsprechend viel Energie und nach einer Reihe solcher Klimmzüge und Thrusters fühlt sich ihre Lunge an, als befänden sie sich kurz vor dem Kollaps. *
Das Fran-Workout ist deshalb so berüchtigt, weil es ein starkes körperliches Unbehagen hervorruft. Deshalb steht auf dem beliebtesten CrossFit-T-Shirt der Satz »For a good time, call Fran: 21-15-9«, der eine geheime Losung und ein offizieller Ritterschlag zugleich ist.
»Warum bereitest du nicht schon mal die Hantelstange vor«, schlug Coach Estrada vor. »Und bring auch gleich einen Medizinball mit.« Der Medizinball diente als Hilfsmittel, um sicherzustellen, dass man sich bei jedem Thruster weit genug absenkte; damit eine Wiederholung gültig war, musste man in der unteren Endposition mit seinem Gesäß den Ball berühren. Außerdem musste man in der oberen Endposition die Hantel mit durchgedrückten Ellbogen über dem Kopf halten. Für einen regelkonformen Klimmzug galt es, das Kinn bei jeder Wiederholung über die Stange zu heben und in der unteren Endposition die Arme zu strecken.
Der Plan war, Fran als Eingangstest zu absolvieren. Nach zehn Wochen CrossFit sollte ich den Test dann wiederholen, um zu erfahren, was sich verändert hatte. Dasselbe galt fürs Kreuzheben. Ich hatte diese Übung schon Anfang der Woche getestet und schaffte ein Maximalgewicht von 134 kg.
Estrada holte sich einen Stuhl und stellte die Digitaluhr an der Rückwand des Studios auf Stoppuhrmodus. Das Workout würde aus 3 Sätzen bestehen, die sich aus jeweils 21, 15 und 9 Thrusters und Klimmzügen zusammensetzten.
Beim ersten Test beherrschte ich schon die Technik der Kipping Pull-ups, also führte ich diesen Teil wie vorgeschrieben aus. Die schnellsten CrossFitter ziehen Butterfly-Pull-ups vor, die optisch an den Schmetterling-Schwimmstil erinnern. Ich entschied mich für den gängigeren Kipping Pull-up, bei dem man die Rumpfmuskeln in einer waagerechten Druck-Zug-Bewegung anspannt, um die Kraft zu erzeugen, die man braucht, um sich hochzuziehen. Wenn man seinen Rhythmus gefunden hat, kommt man richtig in Fahrt und diesen Schwung sollte man unbedingt nutzen, um höhere Wiederholungszahlen zu schaffen.
Aber Frontkniebeugen und Push Presses – die beiden Elemente, aus denen ein Thruster besteht – beherrschte ich immer noch nicht besonders gut, weshalb Estrada vorschlug, das Workout mit einer 34 kg schweren Hantel zu absolvieren, 9 kg weniger als das vorgeschriebene Gewicht.
»Drei, zwei, eins, los«, sagte Estrada. Um eine Spitzenzeit zu erzielen, muss man die Thrusters und Klimmzüge möglichst nahtlos hintereinander ausführen. Man teilt also die ersten 21 Wiederholungen nicht in zwei Sätze à 10 bzw. 11 Wiederholungen auf, die durch eine kurze Pause unterbrochen werden. Das tat ich aber oft, vor allem mit fortschreitender Dauer des Workouts. Zwar schaffte ich den ersten Satz Klimmzüge in nur zwei Blöcken, doch im dritten Satz führte ich nur noch einzelne Wiederholungen aus und quälte mich von einer zur nächsten.
Estrada ermunterte mich, zwei in Folge auszuführen, aber als mir das nicht gelang, versuchte er nur noch, meine Pausen möglichst kurz zu halten. »Zurück an die Stange«, sagte er immer und immer wieder. Wenn das Workout bereits eine Weile dauert und man allmählich das Gefühl bekommt, es werde einem jede Sekunde die Brust zerreißen, wird es immer schwieriger, die Klimmzug- bzw. Hantelstange zu ergreifen. Doch dann begreift man, dass es so oder so wehtun wird und man sich genauso gut voll verausgaben kann, um die Sache möglichst schnell hinter sich zu bringen.
Ich schaffte den Fran-Eingangstest in 8:20 Minuten und erlebte zum ersten Mal die überraschende Nachwirkung dieses berühmt-berüchtigten Workouts – wenn man fertig ist, ist es noch nicht ganz vorbei. Am schlimmsten fühlt man sich erst ein oder zwei Minuten nach dem Ende. Ich musste mich mit den Händen auf den Knien abstützen und starrte erst einmal eine Weile zu Boden, dann musste ich mich hinsetzen.
»Oh Gott«, sagte ich.
»Nicht Gott«, antwortete Estrada. »Fran.«
Zehn Wochen Training
Am nächsten Tag begann ich mit
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