In der Bucht der Liebe
Atem.
Sie verstand sich selbst nicht mehr. Er brauchte sie nur anzufassen, und schon führte ihr Körper ein Eigenleben, das sie erschreckte und zugleich faszinierte.
Hoffentlich ahnte Dante nichts von dem Aufruhr ihrer Gefühle. Ihr verkrampfte sich der Magen bei dem Gedanken, er wisse vielleicht, wie sie auf ihn reagierte. Auf einmal spürte sie, dass er sie beobachtete, und sie tat so, als wäre alles in bester Ordnung.
Als er endlich die Hand zurückzog, atmete sie insgeheim erleichtert auf. Doch sie freute sich zu früh, denn er nahm ihre und verschränkte seine Finger mit ihren. Damit nicht genug, er fing auch noch an, mit dem Daumen ihren Puls zu streicheln.
Sie hätte sich der Berührung am liebsten entzogen, nahm sich jedoch zusammen.
„Es dauert nicht mehr lange, dann können wir uns verabschieden“, flüsterte er ihr ins Ohr.
Taylor sah ihn mit einem strahlenden Lächeln an. „Ich kann es kaum erwarten!“
„Vorsicht, meine Liebe. Nur nicht übermütig werden.“
„Keine Angst, ich bin ein vergleichsweise vorsichtiger und besonnener Mensch.“
Sein herzliches Lachen brachte sie fast um den Verstand. „Okay, ich gebe mich geschlagen.“ Ihre Schlagfertigkeit fand er geradezu herzerfrischend.
Wie gern würde er die Punkte in ihren braunen Augen wie grüne Flämmchen funkeln sehen! Langsam senkte er den Kopf und berührte ihre Lippen mit seinen. Sekundenlang stand sie wie erstarrt da, doch dann entspannte sie sich, denn er küsste sie sanft und liebevoll.
Taylor hatte das Gefühl, unter seinen Zärtlichkeiten dahinzuschmelzen. Sie hörte das Rauschen ihres Blutes in den Ohren und spürte das wilde Pochen ihres Herzens. Sie fühlte sich ungemein lebendig und vergaß, wo sie sich befanden. Irgendwie tief in ihrem Unterbewusstsein registrierte sie, wie besitzergreifend er sich verhielt, so als wollte er seine Rechte geltend machen.
Instinktiv legte sie ihm die Hände auf die Schultern. Der Saal und die vielen Menschen um sie her schienen in weite Ferne gerückt, während sie sich ihrer Sehnsucht nach diesem Mann hilflos ausgeliefert fühlte.
Als er schließlich den Kopf hob, sah sie ihn mit großen Augen an. Sie wagte nicht, die Emotionen, die in ihr tobten, zu analysieren.
„Das verzeihe ich dir nie“, brachte sie leise hervor.
„Was? Dass ich dich geküsst habe?“
Das war nicht nur ein Kuss, sondern viel mehr, dachte sie und wollte etwas antworten. Sie war jedoch so verwirrt, dass ihr die Worte nicht über die Lippen kamen.
„Ja“, erwiderte sie deshalb nur.
Mit undurchdringlicher Miene blickte er sie an. Seine Augen wirkten fast schwarz, und Taylor fühlte sich wie verzaubert von seiner sinnlichen Ausstrahlung.
„Wir sollten uns verabschieden“, meinte er dann.
Zwei Jahre lang hatte sie keine Gefühle zugelassen und niemanden an sich herangelassen. Nur so hatte sie sich sicher gefühlt. Sie hatte ihre Schwester, die sie liebte, einen bezaubernden Neffen und ihre Karriere, die ihr viel bedeutete. Mehr brauchte sie nicht, hatte sie sich immer wieder eingeredet.
Das alles hatte sich plötzlich geändert. Sie befand sich in Florenz mit einem Mann, der offenbar entschlossen war, ihr bisheriges Leben auf den Kopf zu stellen. Und sie befürchtete, es würde ihm sogar gelingen. Deshalb hätte sie am liebsten die Flucht ergriffen. Doch irgendetwas in ihr drängte sie, zu bleiben und die Zeit mit ihm zu genießen.
Trotzdem hatte sie an die Folgen zu denken. Jedenfalls musste sie damit rechnen, dass es irgendwann auch wieder zu Ende war. Und was dann? Immerhin war sie für Ben verantwortlich, für den sie so etwas wie eine Ersatzmutter war.
Natürlich spielte Dante im Leben des Jungen inzwischen eine genauso wichtige Rolle wie sie. Also waren sie praktisch gezwungen, sich immer wieder zusammenzusetzen und gemeinsam Entscheidungen zu treffen. Wie sollte sie mit der Situation zurechtkommen, wenn er sie auf einmal kühl und gleichgültig behandelte? Sie würden sich unweigerlich begegnen, wenn er Ben abholte und zurückbrachte.
„Dante, Taylor – gute Nacht!“, ertönte es plötzlich von allen Seiten.
Sie hörte die Stimmen, schaute in die freundlichen Gesichter und folgte Dante lächelnd, als er sich den Weg durch die Menge zum Ausgang bahnte. Sie bemerkte die bedeutungsvollen Blicke und spürte das höflich überspielte Interesse. Ihr war klar, was in den Köpfen der Leute vorging. Die beiden sollten sich gleich hier im Hotel ein Zimmer nehmen, schienen sie zu denken.
Vor dem
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