In der Falle - Leino, M: In der Falle
verantwortlich, was ich mir vertraut gemacht habe«, flüsterte Viitasalo. »Ich bin verantwortlich für meine Rose. Für meine beiden Rosen.«
INTERMEZZO
TURUNEN
Turunen studierte die Unterlagen, die Enqvist ihm beschafft hatte, am Abend vor Heiligabend und trank Cognac dazu. Je weiter er kam, desto besser amüsierte er sich. Was er in Händen hielt, war sein mit Abstand schönstes Weihnachtsgeschenk seit der langen Unterhose, die er als Kind bekommen hatte und die ihn so gut wärmte, als er in seiner dünnen Jeans zum Friedhof ging, um auf Vaters Grab zu pinkeln. Turunen lachte beim Lesen mehrmals laut auf: Sundström war nachgerade komisch. Gleich nach seiner Verhaftung hatte er sich als halb gelähmt ausgegeben, und die Nummer zog er gnadenlos durch, erst im Polizeigewahrsam in Pasila und dann im Gefängnis in Sörnäinen. Jedes Verhörprotokoll begann sinngemäß mit der Notiz, dass der zu Verhörende trotz mehrmaliger Aufforderung nicht freiwillig am Verhör habe teilnehmen wollen und deshalb im Rollstuhl habe gefahren werden müssen.
Die Verhörprotokolle der Voruntersuchung waren nicht sehr ergiebig: Sundström schwieg oder wurde ausfallend und war immer ohne rechtlichen Beistand. Wichtig für Turunen war allein die Tatsache, dass Sundström nichts zu entlocken war, was sie beide in Verbindung brachte. Wenn es etwas gab, was Sundström noch konnte, dann war es den Mund halten. Die Verhöre der Drogenfuzzis wirkten allerdings auch vollkommen planlos. Turunen sah schnell, dass sie von Sundströms Geschäften keinen blassen Schimmer hatten. Sie hatten nur die dämliche Waffe und die bescheidene Menge Drogen, die sie bei der Hausdurchsuchung gefunden hatten. Ein eigentliches Ziel der Untersuchung war überhaupt nicht zu erkennen. Irgendetwas stank da gewaltig, das hatte er von Anfang an gewusst. Jetzt hatte er auch einen Namen für den Gestank.
Interessant wurde erst ein Verhör im November, als Sundström schon verurteilt war und aus Sörnäinen nach Pasila gebracht werden musste. Es war das bisher letzte gewesen. Sundström war gewohnt wortkarg, aber die Fragen, die man ihm stellte, waren interessant.
Ein gewisser Janne Kivi, der das Verhör führte, war auf so schlecht gewachsten Skiern unterwegs, dass Turunen sich überlegte, was wohl der als Zeuge anwesende Kollege Virta von der Verhörtechnik seines Kollegen gehalten hatte. Oder hatte Kivi später selbst das Protokoll geschrieben und Virta nur um seine Unterschrift gebeten, ohne ihm den Text noch einmal zu zeigen? Andererseits, warum hätte Kivi seine inkriminierenden Fragen protokollieren sollen, wenn er nicht wollte, dass sie jemand las? Oder dass sie in den Akten auftauchten? Interessante Fragen. Und noch etwas fragte man sich bei der Lektüre: War Kivi einer von der peinlich korrekten Sorte, der aus lauteren Motiven an seinem Kollegen Viitasalo zweifelte, oder suchte er nach Fehlern des Kollegen, weil er sich davon eigene Vorteile versprach? Wie auch immer, Kivis Fragen bestätigten Turunen, dass er aus der Sundström-Geschichte die richtigen Schlüsse gezogen hatte. Und was immer Kivis Motive gewesen sein mochten, der Frust des Mannes sprang einen aus dem Protokoll regelrecht an.
Frage: Ist das Verhör vom Freitag, 21. 11. 08 um 13.52 Uhr richtig protokolliert?
Antwort: keine.
Frage: Warum willst du auf die gestellten Fragen nicht antworten?
Antwort: keine.
Dir wurden mehrere Fragen zu deinen Verbindungen zum Großhandel mit Amphetaminen im südlichen Finnland gestellt, und man hat dir mehrere Fotos von Verdächtigen gezeigt, die an diesen Drogengeschäften beteiligt waren. Möchtest du auf die bereits gestellten Fragen antworten? Du kannst dir auch die Fotos noch einmal ansehen, um dein Gedächtnis aufzufrischen.
Antwort: keine.
Frage: Hast du den Protokollen der bereits geführten Verhöre irgendetwas hinzuzufügen?
Antwort: keine.
Notiz: Sundström sitzt mit geschlossenen Augen im Rollstuhl, ohne auf die Fragen zu antworten.
Frage: Hast du von der Strafanstalt Sörnäinen aus Aufträge erteilt, Drogen entweder zu verkaufen oder zu vertreiben?
Antwort: keine.
Frage: Wer betreibt den Großhandel, während du deine Strafe in Sörnäinen verbüßt?
Antwort: keine.
Frage: In welcher Weise stehst du in Kontakt mit Personen außerhalb des Gefängnisses?
Antwort: keine.
Frage: Die bereits früher wie auch die heute gestellten Fragen betreffen deine Rolle bei den hier zur Debatte stehenden Straftaten. Wäre es nicht in deinem
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