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In der Falle - Leino, M: In der Falle

In der Falle - Leino, M: In der Falle

Titel: In der Falle - Leino, M: In der Falle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marko Leino
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Rangierbahnhofs nur für kurze Zeit aus der Ferne sah. Am Morgen, nachdem Sari ins Krankenhaus gekommen war, hatte er Tuomisto angerufen und ihm offen von seiner familiären Situation berichtet. Zu seiner Überraschung hatte ihn der Vorgesetzte ohne jede Diskussion bis zum Ende des Jahres beurlaubt. Tuomisto hatte, im Gegenteil, einen sehr verständnisvollen Eindruck gemacht.
    »Erst die Familie, dann die Arbeit«, hatte er gesagt. »Konzentrier dich auf deine Familie, und mach das Diensthandy aus!«
    Nach dem Telefonat hatte Viitasalo sich daran erinnert, dass Tuomistos eigene Frau ihn verlassen hatte, kaum dass ihr jüngstes Kind volljährig geworden war.
    Und er hatte auf seinen Vorgesetzten gehört. Er hatte sein Diensthandy ausgemacht und sein Ferienhandy aktiviert. Die Nummer kannte kaum jemand außer Marketta.
    Gerade stand er im Stau vor der Brücke nach Hakamäki. Auf der anderen Spur kamen ihm fast ausschließlich vollgestopfte Autos entgegen: Familien auf der Flucht aus der qualmigen, nebligen Stadt, um irgendwo auf dem Land Weihnachten zu feiern. Viele hatten Skisärge auf dem Dach.
    Er selbst hätte fast vergessen, dass morgen Heiligabend war. Wie würde es mit Liina gehen ohne Sari? Marketta hatte sie zwar zu sich eingeladen, aber er hatte sich um eine feste Zusage gedrückt. Er war sich einfach nicht sicher, ob er hinwollte. Und auch wenn sie hingingen, was war danach? Die Rückkehr in das dunkle, stille Haus: ohne Sari, ohne ihren Duft, ohne alles. Ihm kam der schreckliche Gedanke, wie es wäre, wenn Sari es geschafft hätte. Dann wäre das Gefühl der Leere endgültig gewesen. So war es eines auf Zeit.
    Man sollte nichts für selbstverständlich nehmen.
    Wie würde wohl Manninen Weihnachten verbringen? Der Mann hatte ja beide verloren, seine Tochter und seine Frau.
    Erst wenn man etwas verloren hat, begreift man, wie wertvoll es war.
    Manninen hatte unrecht. So war es nicht. Es musste nicht erst das Schlimmste passieren. Der Gedanke war zu trostlos. Vielleicht war Manninen in diese Falle gegangen, aber er würde es nicht tun. Auch Sari nicht, da war er sich sicher.

VESA
    »Ich will nur ein Weihnachtsgeschenk von dir«, hatte Mutter vor zwei Tagen gesagt.
    »Glaub mir doch, ich weiß nicht, wo er ist«, hatte Vesa geantwortet.
    »Dann krieg’s raus«, hatte Mutter gesagt. »Ich bitte dich um nichts anderes.«
    Vesa hatte Mutters Idee überhaupt nicht behagt, trotzdem saß er jetzt hinter dem Lenkrad von Vaters Hiace und fuhr am schon dunklen Heiligabend Nachmittag in Richtung Ylästö. Der Beginn der Suche war im Grunde kein Problem gewesen. Er hatte im Internet nach zum Verkauf stehenden Einzelhäusern gesucht und als gewünschte Lage Vantaa eingegeben. Schon das vierte Objekt war das richtige. Er hatte sich die Objektbeschreibung und die Seite mit dem Lageplan ausgedruckt. Mutter, die neben ihm auf dem Beifahrersitz saß, hielt beides in den Händen.
    Einzelhaus, 106 m ² , Sienikuja 7, Wohn. 1–4, Vantaa, YLÄSTÖ, Kaufpr. 295.000,00
    »Die Turunen OY bietet vier Einzelhäuser in einem gefragten und kinderfreundlichen Wohngebiet. Die Häuser besitzen eine praktische und effektive Aufteilung, eine niveauvolle Ausstattung mit hochwertigen Materialien. Haus Nummer eins, das im Februar fertiggestellt wird, ist bereits verkauft. Die drei Häuser, die Ende 2009 bezugsfertig sein werden, sind noch frei! Entscheiden Sie sich schnell! Verkauf durch Pehr Enqvist, Luksuslukaalit OY«, las Mutter zum x-ten Mal während der Fahrt vor und wiederholte jedes Mal auch noch monoton Enqvists Handynummer.
    »Muss das sein?«, fragte Vesa.
    »Was?«
    Vesa warf einen Blick auf Mutter, die ihn fragend ansah und mit dem Zeigefinger das rechte Ohr nach vorne bog, um besser hören zu können. Vesa wiederholte die Frage lauter, aber Mutter antwortete nicht, sondern las weiter.
    »Die Häuser haben zwei Stockwerke, einen eigenen Balkon, eine eigene Sauna und einen Garten. Die Fenster erlauben einen Rundumblick in alle Himmelsrichtungen.«
    »Mutter!«, bat Vesa.
    »Als Arto und ich seinerzeit zusammengezogen sind, haben wir auch von einem eigenen Haus geträumt. Nichts Besonderes oder Großkotziges, nur einen eigenen Garten wollten wir haben.« Mutter sprach wie zu sich selbst und strich mit der Fingerkuppe über das Jochbein, das Vater ihr mit der Faust zertrümmert hatte.
    »Soso«, antwortete Vesa.
    »Aber der Traum war schnell ausgeträumt. Wir waren froh, wenn wir jeden Monat die Miete zusammengekratzt kriegten. Und

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