In der Falle - Leino, M: In der Falle
zugeschoben hatte, waren ein Abschreibungsposten.
»Reden wir über den April«, sagte Bregovic. »Wie sieht’s aus, wissen wir immer noch nichts Genaueres?«
»Koljakov will das Datum des ersten Transports bis zum letzten Augenblick geheim halten«, erklärte Turunen.
»Wieso? Vertraut er uns etwa nicht?« Bregovic hob in gespielter Verzweiflung die Arme und brach dann in schallendes Gelächter aus.
Sie gingen noch einmal Turunens Part durch. Von seiner Seite war alles vorbereitet. Er hatte drei Zollbeamte in Vaalimaa fest im Griff, sie hießen Yli-Hemmo, Ahde und Salmenautio. Drei reichten, denn einer von ihnen hatte immer zum richtigen Zeitpunkt Schicht. Im besten Falle sogar zwei. Ahde aus Hamina hatte eine heimliche Geliebte, bei der es sich passenderweise um die jüngere, unverheiratete Schwester seiner Frau handelte. Turunen hatte ihm nur eine Handvoll Fotos zeigen müssen. Der Mann wollte nicht in die Frontlinie zwischen zwei Schwestern geraten und hatte dafür Turunens vollstes Verständnis. Ihm hätte schon der Hass nur einer Frau gereicht. Salmenautio aus Imatra, der zweite, vertickte vom Zoll beschlagnahmten russischen Wodka und russische Zigaretten und sah das offenbar als eine Art Erschwerniszulage an. Darauf angesprochen, behauptete er, nur an seine nächsten Bekannten zu verkaufen, eine Behauptung, die er so lange aufrechterhielt, bis Macho ihm einen Stapel von über sechzig Fotos vorlegte, die ihn in den unterschiedlichsten Verkaufssituationen zeigten. Der stark verschuldete Salmenautio hatte mit anderen Worten erstaunlich viele nächste Bekannte, wollte ihretwegen aber keinesfalls seinen Arbeitsplatz im eher konjunkturschwachen Grenzgebiet verlieren. Nur bei Yli-Hemmo aus Virolahti hatte sich nichts Verwendbares finden lassen, doch zum Glück war dieses Muster von einem gesetzestreuen, charakterfesten Zollbeamten zugleich Familienvater und wusste es zu schätzen, dass seiner Frau Reetta und den drei Kindern Jarno, Marika und Jussi kein Haar gekrümmt würde, wenn er kooperierte. Hatte er anfangs noch mit der Polizei gedroht, würde er jetzt im richtigen Augenblick in die falsche Richtung sehen.
»Der von den dreien, der Schicht hat, bekommt eine SMS, sobald der LKW aufs Zollgelände fährt«, erklärte Turunen. »In der SMS steht nur das Kennzeichen.«
»Das reicht?«, zweifelte Bregovic. »Was ist, wenn irgendein eifriger Kollege den LKW doch zum Durchleuchten in den Tunnel winkt. Warum durchleuchten die eigentlich nicht einfach alle?«
»Das schaffen sie nicht«, sagte Turunen. Bregovics Unwissenheit tat ihm gut. Er richtete sich auf und nahm die überlegene Haltung ein, die er so schätzte. »Sie haben dort einen einzigen Tunnel, und Rezession hin oder her, Vaalimaa ist eine der belebtesten Grenzstationen der EU. Wollten die alle LKWs durchleuchten, wäre nach einem halben Tag die ganze Grenze verstopft. Sie schaffen fünf bis zehn pro Stunde. Das Durchleuchten an sich dauert nur ein paar Minuten, aber die Auswertung der Bilder und das Aus- und Einfahren brauchen Zeit«, erklärte Turunen. »Bei der Auswahl stützen sie sich auf eine Risikoanalyse, wie sie das nennen. Das heißt, sie schauen auf die Ladung, den Fahrer und das Fuhrunternehmen und gleichen das mit ihren Erfahrungswerten ab. War schon mal was oder weckt irgendetwas ihren Verdacht, schicken sie den LKW in die Röhre. Bei der Verkehrsdichte, die sie dort haben, sind das im Schnitt vier bis sechs Prozent.«
»Und unser LKW weckt keinen Verdacht?«
»Koljakovs Truppe weiß, was sie tut. Unser LKW ist absolut sauber«, antwortete Turunen und hob grinsend das Glas. »Sogar die Ladung. Die Frachtpapiere lauten auf ein paar Tonnen Weizenmehl für die Großbäckerei Pågens in Malmö.«
»Und warum schafft Finnland nicht mehr von solchen Röhren an?«, fragte Bregovic.
»Dafür schicken wir bei Gelegenheit ein Dankeskärtchen an unser Parlament«, antwortete Turunen. »Die Anlagen sind teuer, zum Glück. Und gerade investieren sie beim finnischen Zoll in ein höllenteures Informationssystem. Import Control System nennen sie’s, vielleicht hast du davon gehört. Sollte schon letztes Jahr zum Einsatz kommen, inzwischen sind sie froh, wenn sie den Probelauf im Sommer hinkriegen. Im übrigen glaube ich, dass sie das Durchleuchten eher als Abschreckung sehen. Sie glauben, schon weil die Leute wissen, dass es so was gibt, überlegen sie sich, ob sich das Risiko lohnt.«
»Ich finde, bei vier bis sechs Prozent Kontrollen lohnt sich
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