In der Falle - Leino, M: In der Falle
besten drehst du um und bringst mich zurück. Was immer du vorhast, kannst du besser allein. Wie gesagt: Tut mir leid.«
»Immer mit der Ruhe«, sagte Kousa. »Wenn ich noch einen Beweis gebraucht hätte, dass man dir vertrauen kann, wäre es unser Gespräch. Wir brauchen so jemanden in eurem Laden.«
»Wofür?«
»Du willst Sundström um jeden Preis drankriegen, und wir wollen Sundström und noch jemanden mehr. Wir ticken gleich«, erklärte Kousa, »und du bist Sundström näher auf die Pelle gerückt, als du denkst. Wir wollen dich dabei haben.«
»Und wenn ich nicht will?«
»Dann lass ich dich wegen dem verbotenen Scheinkauf und der Fälschung von Beweismitteln auffliegen«, antwortete Kousa so locker, als hätte ihn Viitasalo nach der Uhrzeit gefragt.
»Okay. Ich hab’s mir überlegt.«
»Gut. Und damit du gleich keinen Mist verzapfst, sag ich dir jetzt, wohin die Reise geht.«
»Nämlich?«
»Wenn ich’s kompliziert machen wollte, würde ich sagen, nach Afghanistan und Russland«, sagte Kousa. »Unter anderem.«
»Alles klar. Und schön: Ich bin in beide Länder noch nicht gekommen.«
»Wir sind auf dem Weg ins Innenministerium.«
»Und was wollen wir dort?«
»Wart’s ab.«
»Was machen wir hier?«
»Wart’s ab!«, brummte Macho.
Vesa saß neben Macho, der den Wagen auf dem Parkplatz der Shell-Tanke in Koivuhaka geparkt hatte, und gähnte. Es war die Antwort, die Macho seit einer halben Stunde wie ein Sprechapparat wiederholte.
»Im Ernst jetzt, sag!«
»Einen Job erledigen«, brummte Macho.
»Einen Job erledigen? Ich hab meinen Job gestern erledigt«, sagte Vesa störrisch.
Er war genervt. Erst gestern wieder eine Tallinn-Tour, da konnte er sich was Besseres vorstellen, als spätabends mit Macho in einem immer kälter werdenden Auto zu hocken. Dass er die Pistole hatte mitbringen müssen, gefiel ihm auch nicht.
»Gestern war gestern, und jetzt ist jetzt«, sagte Macho.
Machos Sturheit machte Vesa noch nervöser, als er es sowieso war. Schon die gestrige Tour war nicht normal gewesen. Es fing damit an, dass Macho anrief und nicht Turunen wie sonst immer. Dann war er allein unterwegs gewesen, ohne Irma, und Macho hatte seine Fragen genauso wenig beantworten wollen wie heute. Zum Glück war alles gut gegangen.
»Danke«, schnaubte Vesa, »dann weiß ich ja endlich Bescheid.«
»Du hast ab heute einen neuen Arbeitsbereich«, sagte Macho nach einer Weile.
»Irma auch?«, fragte Vesa. Vielleicht wurde Macho doch noch gesprächiger.
»Gewissermaßen. – Wenn du’s unbedingt wissen willst: Sie ist gestorben«, sagte Macho und sah ihn von der Seite an. »Du bist zu neugierig, wenn du mich fragst.«
»Gestorben?«, wiederholte Vesa ungläubig.
»Wie die meisten Menschen, wenn sie erst mal alt genug sind«, sagte Macho. »Obwohl man natürlich auch jung sterben kann. Auf alle möglichen Arten.«
»Wann ist sie gestorben?«
»Ende Januar.«
»Und was ist mit ihrem Sohn, Markku?«
»Den hat man wahrscheinlich ins Heim gesteckt.«
»Wahrscheinlich?«
»Scheiße, was weiß denn ich!«, fuhr Macho ihn an. »Bin ich beim Städtischen Pflegedienst, oder was?«
Vesa war für eine Weile still. Irma? Was hatte sie ihm im Dezember gesagt:
Es ist besser nachzugeben, als mit dem den Kopf immer gegen dieselbe Wand zu laufen. Man lernt das, wenn man älter wird. Irgendwann begreift man, dass die Wand härter ist als der Kopf.
So war es wohl. Aber würde er es jemals lernen? Irma hatte es lernen müssen, auf die harte Tour. Und jetzt hatte man ihren Sohn doch ins Heim gesteckt. Würde es dort jemanden geben, der ihn vors Fenster setzte, damit er den Autos nachschauen konnte? Hatte er überhaupt ein Fenster zur Straße? Vielleicht war da nur die Wand des Nachbarhauses, und Markku verwelkte vor sich hin, so wie Vesas Mutter gerade vor sich hin verwelkte.
Nach Weihnachten war Mutter bald wieder in ihre frühere Lethargie versunken. Sie sprach schon lange nicht mehr von irgendwelchen Kursen, und als er vor ein paar Tagen von Tiina nach Hause gekommen war, hatte er zum ersten Mal wieder die vertraute Runde angetroffen: Make, Jatta und Mutter. Nur Vater fehlte, und einen Augenblick hatte Vesa sich vorgestellt, er säße mit in der stockbesoffenen Runde. Wäre Vater der vierte in der Runde gewesen, hätte alles der Traum einer Nacht sein können, die sich nur wie ein paar Monate anfühlte. Aber Vater saß nicht als vierter mit im Wohnzimmer. Da saßen nur drei, und auf dem Tisch standen zwei
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