In der Falle - Leino, M: In der Falle
leere Koskenkorva -Flaschen.
Das Schlimmste war Mutters Blick gewesen: Als er ins Zimmer kam, hatte sie ihn angesehen, das Glas gehoben und es auf ex getrunken. Er war in sein Zimmer geflüchtet, ohne etwas zu sagen. Sie gab ihm die Schuld. Als hätte er Vater retten können! Und jetzt wartete sie darauf, dass er das Versprechen einlöste, das sie ihm an Heiligabend abgepresst hatte. Oder wollte sie ihm nur zeigen, dass sie endlich ihre Lektion gelernt hatte? So wie Irma? Dass sie sich in ihr Schicksal fügte?
»Wenn’s dich tröstet: Du sitzt hier, damit du bald frei bist«, sagte Macho und riss Vesa aus seinen Gedanken. »Das heißt, wenn du tust, was man dir sagt.«
»Frei?«
»Du denkst doch nicht, dass wir für den Rest unseres Lebens auf demselben Ast hocken?« Macho lachte kurz und trocken. »Noch ein Job, dann sind die Schulden von deinem Alten auf null, und dir bleiben sogar noch fünftausend übrig.«
»Und dann?«, fragte Vesa, der plötzlich seinen Vater vor sich sah, an dem Abend, als sie in seinem Hiace zur Baustelle fuhren und auch er das Bild von den Ästen verwandte, auf denen die Leute saßen.
»Dann war’s das«, sagte Macho. »Dann kannst du für den Rest deines Lebens machen, was du willst. Jedenfalls werden wir uns kaum noch mal über den Weg laufen.«
»Und was ist mit den Fotos?«, fragte Vesa.
Macho runzelte die Stirn, doch dann hellte sich seine Miene auf. »Ach ja, die . Die sind bei mir gut aufgehoben. Sie sind die Garantie, dass deine Lippen versiegelt bleiben und dir nicht doch irgendwann Eis von der Waffel tropft.«
»Und was soll das für ein Job sein?«, fragte Vesa, der das Bild von der Waffel bescheuert fand.
»Du wirst Leibwächter«, antwortete Macho.
»Ich? Und auf wen soll ich aufpassen? Auf dich?«
»Heute auf mich, in ein paar Wochen eher auf etwas «, sagte Macho. »Nach heute Abend gehst du für eine Weile auf Stand-by, und irgendwann im April kriegst du einen Anruf.«
»Das ist alles?«, wunderte sich Vesa.
»Ja. Würde nur nicht schaden, wenn du in der Zwischenzeit ein bisschen mit der Firmenspritze übst.«
»Und weil du mir das alles sagen wolltest, sitzen wir hier?«
»Nein, deshalb«, sagte Macho und zeigte auf einen alten amerikanischen Schlitten, der langsam auf den Parkplatz glitt. »Hol die Pistole raus, und leg sie so auf den linken Oberschenkel, dass man sie gut sieht, wenn ich die Tür aufmache.«
»Warum?«
»Und versuch zur Abwechslung mal nicht so auszusehen, als ob du dich gleich selbst damit erschießt. Los jetzt! Mach ein Gesicht wie ein Profi!«
Vesa gehorchte und legte die Waffe auf den Oberschenkel. Die Scheinwerfer des amerikanischen Schlittens, der etwa zehn Meter links von ihnen angehalten hatte, erloschen, und die Beifahrertür wurde geöffnet. Als die Innenbeleuchtung anging, sah Vesa zwei Männer. Einer mit Bart und Pferdeschwanz stieg mit einer Sporttasche aus. Der Fahrer blieb im Wagen. Vesa sah, dass er die typische Lederweste einer Motorradgang trug.
»Gib mir das, was zuoberst im Handschuhfach liegt!«, sagte Macho.
Vesa öffnete das Handschuhfach und zog einen Stapel Straßenkarten heraus. Er sah, dass darauf Orte angekreuzt waren.
»Gib schon her!«, sagte Macho ungeduldig. Er hatte die Tür auf der Fahrerseite schon geöffnet.
»Was muss ich sonst noch tun?«, fragte Vesa.
»Hoffentlich nichts«, antwortete Macho.
Er ließ die Tür weit offen, und Vesa saß im Licht der Innenbeleuchtung. Die Pistole auf seinem Oberschenkel musste gut zu sehen sein, und Macho sorgte auf dem Weg zu dem amerikanischen Schlitten dafür, dass sie immer sichtbar blieb. Vesa zitterte und wusste, dass es nicht von der Kälte kam. Er spürte mehr, als dass er sah, wie er von den beiden Männern angestarrt wurde.
Macho hatte es nicht eilig. Der Bärtige wartete, lässig an den Wagen gelehnt, auf ihn, und sie begrüßten sich. Vesa versuchte, eine möglichst steinerne Miene aufzusetzen. Er hörte nicht, was die Männer sagten, aber er sah, wie Macho, der ihm den Rücken zukehrte, über die Schulter hinweg mit dem Daumen auf ihn zeigte. Der Bärtige sah an Macho vorbei und winkte Vesa zu. Darauf wechselten die Karten und die Sporttasche den Besitzer, und Macho kam gemächlich zurück, öffnete die hintere Tür auf der Fahrerseite und warf die Tasche auf den Rücksitz. Vesa sah, wie der amerikanische Schlitten davonglitt. Bei der Tankstellenausfahrt leuchteten noch einmal die Bremslichter auf, dann war er verschwunden.
»Na also. Du wirst
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