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In der Falle - Leino, M: In der Falle

In der Falle - Leino, M: In der Falle

Titel: In der Falle - Leino, M: In der Falle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marko Leino
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wie bei der richtigen Ladung auch. Einverstanden? Bei den Vorbereitungen sind wir davon ausgegangen«, sagte Koljakov.
    »Wenn du es sagst, selbstverständlich. Für Finnland bist du verantwortlich. Du bestimmst auch die Mengen und wo du sie zulädst.«
    »Ich dachte an zwanzig Tonnen und Säcke von vierzig Kilo Weizenmehl, weil wir dann einen Container verwenden können. Rohweizen wird in Tankwagen transportiert«, erklärte Koljakov. »Die Schweden lieben Zimtschnecken, und ihr eigener Weizen reicht dafür nicht aus. Das Heroin macht zehn Prozent des Gesamtgewichts der Ladung aus – wie klingt das?«
    Demirchyan lachte. »Gut. Zwei Tonnen ist sehr gut. Die Menge muss groß genug sein, damit sie das Interesse der Polizei auf sich zieht. Lass es schön kontrolliert durchsickern, du weißt schon.«
    »Selbstverständlich.« Koljakov nickte. »Seit der Gesetzesänderung im letzten Jahr ist es ein Kinderspiel.«
    Demirchyan wusste, wovon Koljakov sprach. Die russische Polizei durfte jederzeit und ohne vorherige Anfrage bei irgendwelchen übergeordneten Stellen sämtliche Telefonate abhören oder E-Mails und SMS mitlesen, auf die sie neugierig war. Das Ausland hatte erst kritisch reagiert und auf die Gefahren für Demokratie und Meinungsfreiheit hingewiesen, war aber angesichts ähnlicher Gesetze und Gesetzesvorhaben in Westeuropa schnell verstummt. Wenn das Gesetz für etwas gut war, dann für das Verbreiten falscher Informationen.
    »Hab ich dir erzählt, woher der Anstoß zu dem Gesetz kam?«, fragte Demirchyan.
    »Nein«, sagte Koljakov, aber als er sah, wie der andere grinste, wusste er Bescheid.
    »Die besten Investitionen in Russland sind immer noch die in die Duma«, sagte Demirchyan und begann schallend zu lachen.
    Koljakovs Lachen kam erst mit einer kleinen Verspätung, und er hoffte, dass es nicht so gequält klang, wie es war. Demirchyan spielte ein doppeltes Spiel. Das, von dem er eben gesprochen hatte, war das, was von außen betrachtet so aussehen musste, als sei es gegen Organisationen wie die seine gerichtet, also am Ende gegen sich selbst. Und gegen ihn, Koljakov. – Er konnte die Gedankengänge seines Bosses auch nach vier Jahren noch nicht wirklich nachvollziehen. Überhaupt war bei Demirchyan alles komplizierter als bei der Solntsevskaya . Dort hatte er seinen Platz gekannt und gewusst, auf welcher Stufe der Pyramide er selbst sich befand, alles war durchschaubar gewesen, sozusagen ehrlich kriminell. Seit er zu Demirchyan gewechselt war, kannte er seinen Platz nicht mehr. Demirchyan hatte nicht nur eine pyramidenartig aufgebaute Organisation geschaffen, sondern eine ganze Stadt von Pyramiden, und die standen so im Dunkeln, dass Koljakov nicht einmal die relative Höhe seiner eigenen kannte. Er wusste auch nicht, wo in der Stadt sie stand, am Rand oder in der Mitte. Seine Aufgabe war es, sich um die Verbindungen der Organisation nach draußen zu kümmern, sie zu vernetzen, so wie jetzt mit Finnland. Er war das Gesicht der Organisation, derjenige, der die Risiken auf sich nahm, der einzige sichtbare Stein der vielen Pyramiden, und ein wichtiger Bestandteil seiner Aufgabe war es, nach außen größer zu erscheinen, als er tatsächlich war, schon kein Stein mehr, sondern ein Trumm von hartem Fels. Er selbst kannte von der Organisation nur Demirchyan und drei Steine der eigenen Pyramide. Es waren Steine unter ihm. Er übermittelte ihnen Botschaften, die sie wiederum nach unten weitergaben. Er hatte nicht die geringste Ahnung, wer am Fuß der Pyramide die Botschaften umsetzte und wie weit der Weg dorthin war. Was er wusste, war, dass er nicht unersetzlich war. Er war also gut beraten, wenn er auf der Hut blieb, hellwach, in jedem Augenblick. Eine Unachtsamkeit konnte tödlich sein.
    »Im Prinzip bräuchten wir also gar keinen eigenen Mann mehr innerhalb des FSB.« Koljakov grinste. »Der FSB spurt auch so.«
    Demirchyan hob den Zeigefinger. »Falsch. Im Gegenteil, Kolja. Die zweitbesten Investitionen in Russland sind solche in den FSB. Sie brauchen dort nur noch etwas anderes als bloß Geld: Arbeit. Wenn man sie auf Trab hält, haben sie keine Zeit, sich hinzusetzen und nachzudenken. Verstehst du?«
    Koljakov nickte. Demirchyan schenkte ihnen neuen Cognac ein, und diesmal traute sich Koljakov nicht, Nein zu sagen. Er sah, wie Demirchyan den Blick wieder aufs Meer richtete, und überlegte sich, was den Armenier wohl noch antrieb. Von außen gesehen hatte er alles erreicht, was man in Russland erreichen

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