In der Falle - Leino, M: In der Falle
geschmacklos, aber ohne Frage beeindruckend. Koljakov kannte sogar den damaligen Bauherrn, einen gewissen Sergej Kornilov, der einer der Bosse der im Raum Moskau operierenden gefürchteten Verbrecherorganisation Solntsevskaya bratva gewesen war. Kornilov hatte 1999 seine feste Habe schnell in Geld verwandeln müssen und war seitdem verschwunden.
»Ich bin nicht gut im Raten«, antwortete Koljakov und breitete die Arme aus.
Kornilovs plötzliches Verschwinden hatte vermutlich damit zu tun, dass Sergej Mihailov aus der Schweiz nach Russland zurückgekehrt war. Beweise für die Geldwäsche, deren er angeklagt war, hatten sich nicht gefunden, und für die zwei Jahre, die er in Haft auf seinen Prozess gewartet hatte, zahlte ihm der Schweizer Staat sogar noch eine Entschädigung. Die Anklage war hauptsächlich deshalb in sich zusammengefallen, weil die russische Regierung sich weigerte, die Beweise für die Verbindung zwischen den Mihailov zuzuordnenden Geldströmen und den Aktivitäten der Solntsevskaya herauszurücken. Der Mihailov-Prozess war auch wegen der Morde an einer Reihe von Zeugen eine groteske Farce gewesen und hatte nicht nur die Schweizer Justiz daran zweifeln lassen, ob sich ein Kampf gegen das organisierte Verbrechen auf dem Gerichtsweg überhaupt lohnte. Ob es Kornilov gewesen war, der Mihailov angeschwärzt hatte, um die Macht bei der Solntsevskaya an sich zu reißen? Darüber hatte Koljakov oft nachgedacht. Auf jeden Fall lebte Kornilov höchstwahrscheinlich mit einem neuen Namen und einem neuen Gesicht in einem der zahlreichen Staaten, die es mit der Identität und der Vergangenheit eines Menschen nicht so genau nahmen, wenn er nur ein genügend dickes Portemonnaie besaß, und Kornilov besaß davon nicht nur eins. Die andere Möglichkeit war natürlich, dass er tot war. Mihailov dagegen war nirgendwohin verschwunden. Vielmehr vermutete man, dass er immer noch der Boss der Solntsevskaya bratva war.
Koljakov war sich im übrigen sicher, dass Demirchyan wusste, dass er die Geschichte des Hauses sehr wohl kannte. Dass er, Koljakov, überhaupt hier saß, lag an seiner eigenen Verbindung zur Solntsevskaya . Der Armenier liebte es nur, Geschichten zu erzählen, ob sie wahr waren, war ihm nicht wichtig. Hauptsache, sie waren unterhaltsam.
»Du sitzt hier, weil ich mich auf dich verlassen kann«, sagte Demirchyan und nickte wie zur Bestätigung mehrmals mit dem Kopf. Seine dunklen Augen konnte Koljakov nicht erkennen. In Demirchyans Brillengläsern spiegelte sich die Sonne. »Die anderen halte ich mir vom Leib, und das solltest du auch tun, Kolja. Lass niemanden zu nah an dich heran.«
»Ich werd’s mir merken«, sagte Koljakov.
Demirchyan lächelte, dann trommelte er mit den Fingern auf die Tischplatte. »Aber zur Sache. Es ist an der Zeit, der FSB die genauen Daten, Grenzstationen und Lieferumfänge mitzuteilen. Die Informationen über Weißrussland und die Ukraine kommen dabei über dich. Ich hab damit nichts zu tun.«
»Natürlich nicht«, antwortete Koljakov. Ihm war es recht, dass es endlich voranging. »Und du bist der Meinung, wir sollen beim ursprünglichen Plan bleiben – alle Transporte am selben Tag?«
»Selbstverständlich.« Demirchyan lächelte. »Sie sollen ja alle Kräfte aufs falsche Datum konzentrieren. Es wird amüsant sein, das zu verfolgen.«
»Hast du schon ein passendes Datum dafür im Kopf?«
»Den 29. April. Es ist der Geburtstag meiner Kleinen. Natalie wird sechs.«
»Ich werd’s mir merken und ein Geschenk besorgen«, sagte Koljakov lachend.
»Und wann gründest du endlich eine Familie?«, fragte Demirchyan. »Du bist schon 46 und immer noch allein.«
»Ich bin nicht allein«, antwortete Koljakov grinsend.
»Kolja, Kolja. Frauen sind nicht dasselbe wie eine Familie.« Demirchyan schüttelte den Kopf. »Auch ich bin gern allein, manchmal, so wie jetzt. Außerhalb der Saison ist es hier wunderbar ruhig. Aber wenn ich Maria und Natalie nicht hätte, hätte ich gar nichts. – Warum hast du eigentlich keine Familie?«
»Vielleicht ist es einfach nichts für mich.« Koljakov zuckte die Achseln.
»Du opferst alles für deine Arbeit.« Demirchyan schüttelte den Kopf.
»Dafür werde ich bezahlt«, sagte Koljakov, der über das Thema nicht gern redete, schon gar nicht mit Demirchyan. Demirchyan wusste genau, warum er Junggeselle war: weil er niemanden zu nah an sich heranlassen wollte, nicht anders, als Demirchyan ihm geraten hatte.
»Für Finnland benutzen wir Vaalimaa
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