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In der Falle - Leino, M: In der Falle

In der Falle - Leino, M: In der Falle

Titel: In der Falle - Leino, M: In der Falle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marko Leino
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leben.«
    »Klingt zynisch«, bemerkte Viitasalo. »Vertraust du wenigstens dir selber?«
    »Nein, mir selber am allerwenigsten.« Kousa lachte.
    »Und wie veranschlagst du mich?«
    »Hoch genug«, antwortete Kousa. »Darum sitzt du hier.«
    Und nicht hinter Gittern, ergänzte Viitasalo in Gedanken. »Trotzdem verrätst du mir das Datum nicht.«
    »Ich sag doch: Wir haben es noch nicht.«
    »Erfahrt ihr’s von dem Agenten des FSB?«, setzte Viitasalo hartnäckig nach.
    »Ja. Obwohl auch das nicht hundertprozentig sicher ist. Nach meinen Informationen ist die ganze Ostmafia so zersplittert, dass die eine Hand nicht weiß, was die andere tut. Und ihre Geschäftspartner sind genauso unsichere Kantonisten. Schlecht, wenn man sich ein Gesamtbild machen will, aber natürlich gut, wenn man nach Schwachpunkten sucht.«
    »Aber irgendjemand muss bei denen doch den Überblick behalten?«
    »So jemanden gibt es auch«, gab Kousa ihm recht.
    »Und wer dieser Herr oder diese Dame ist, weiß man nicht?«
    »Doch«, antwortete Kousa. »Der FSB hat eine klare Vorstellung davon, wer die russische Mafia leitet und finanziert, aber die Organisation ist so verschachtelt, dass man dafür noch keinerlei schlüssige Beweise hat. Es reicht nicht einmal für eine Verhaftung, geschweige denn für einen Prozess. Niemand weiß genug. Oder ist bereit, drüber zu reden.«
    »Oder niemand will einen Prozess, vielleicht nicht mal alle beim FSB«, mutmaßte Viitasalo. »Vielleicht hat man dort Angst, was dann alles zum Vorschein kommt. Vielleicht gibt es Verbindungen zu Personen und Institutionen, für die es um mehr geht als um die Frage, ob man einen Mafiaboss aus dem Verkehr zieht.« Der Maßstab war ein anderer, aber die Situation war mit seiner eigenen durchaus vergleichbar, gestand sich Viitasalo im Stillen ein.
    »Denkbar, wenn man weiß, was in Russland los ist«, sagte Kousa.
    »Seid ihr sicher, dass ihr dem FSB-Agenten vertrauen könnt? Was, wenn er ein doppeltes Spiel spielt?«
    »Daran haben wir auch schon gedacht«, sagte Kousa und lenkte den Wagen auf die Pakilantie. Die Reifen knirschten im tiefen Schnee.
    »Und?«
    »Und was? Uns bleibt nichts anderes übrig, als ihm zu vertrauen, sonst können wir die ganze Operation vergessen.«
    »Verstehe«, sagte Viitasalo. »Und hat der FSB euch auch den Namen des vermutlichen Big Boss genannt?«
    »Der ist kein Geheimnis«, antwortete Kousa. »Demirchyan. Aram Demirchyan.«

     
    »Näher werde ich meiner Heimat nie mehr kommen«, sagte Aram Demirchyan melancholisch. »Es ist ein Jammer. Obwohl Armenien arm ist und nur elend schlechte Straßen hinführen, lebt dort das gastfreundlichste, hilfsbereiteste und freundlichste Volk der Welt.«
    Koljakov nickte, während Demirchyans Blick sich vom hinter der steinernen Balustrade blitzenden Schwarzen Meer ab- und ihm zuwandte. Koljakov fühlte sich in der Gesellschaft des Armeniers mit der Intellektuellenbrille immer unwohl, und dass er aus dem St. Petersburger Winter ein paar tausend Kilometer bis an die südlichste Grenze Russlands gereist war, machte es ihm nicht leichter. Der Temperaturunterschied betrug über zwanzig Grad, und er saß mit viel zu dicken Kleidern auf der Dachterrasse von Demirchyans Sommervilla.
    Koljakov hielt die Armenier für alles andere als ein herzliches Volk. Vor zwanzig Jahren führten sie einen Krieg mit Aserbaidschan, und binnen kurzem hatten die Nachbarstaaten 30.000 Einwohner weniger, eine beachtliche Zahl für ein Gemetzel zwischen zwei so kleinen Ländern. Einen Frieden hatte man bis heute nicht schließen können, im Gegenteil brachen immer neue Kämpfe aus.
    Demirchyans spät erwachter Patriotismus erschien umso merkwürdiger, wenn man, wie Koljakov, seine persönliche Geschichte kannte. Der heute 44-Jährige hatte sein geliebtes Heimatland, seine Verwandtschaft und das ihm teure ungesäuerte Brot schon 1985 verlassen, als er erst nach Wolgograd gezogen war und zwei Jahre später nach Moskau, um an der dortigen Universität Mathematik zu studieren. Soweit Koljakov wusste, hatte Demirchyan seine Heimat seitdem nicht einmal mehr mit dem Flugzeug überflogen.
    »Wusstest du, dass Eriwan älter ist als Rom?«, fragte Demirchyan. Die dunklen Augen hinter der Brille hefteten sich wieder auf Koljakov, dessen Hintern an dem Rattanstuhl festzukleben drohte, auf dem er nicht sehr bequem saß. »2791 Jahre, eine der ältesten Städte der Welt.«
    »Das wusste ich nicht«, antwortete Koljakov, der gelernt hatte, Demirchyan

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