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In der Falle - Leino, M: In der Falle

In der Falle - Leino, M: In der Falle

Titel: In der Falle - Leino, M: In der Falle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marko Leino
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Moment spürte er den beinahe unwiderstehlichen Drang, auf den Hof zu gehen und eine Zigarette zu rauchen. Vielleicht sollte er alles noch einmal überdenken.
    Dann hörte er, dass Sundström zu pfeifen begonnen hatte. Er zwang sich, noch einmal näher an die Zellentür zu treten. Es war wieder das Stück, dessen Refrain ihn so oft aus unruhigen Träumen hatte aufwachen lassen. Seine immer neuen nicht enden wollenden Alpträume hatten nur eines gemeinsam: Früher oder später tauchten darin Sundström und seine Zelle auf.
    Als Luhta mit zitternder Hand den Schlüssel ins Schloss steckte, war es, als hörte er die Worte vom Anfang des Stücks, das Sundström pfiff: We’re caught in a trap, I can’t walk out. Er steckte in einer Falle. Alles, was Sundström tat, tat er nicht einfach so – er spielte mit ihm. Auch das Stück pfiff er nur für ihn. Das Ekel Sundström wusste, dass er ihm nicht entkommen konnte. Aber das Ekel hatte die Sache nicht zu Ende gedacht. Wer in einer Falle steckte, hatte nichts zu verlieren.
    Luhta holte tief Luft und drehte den Schlüssel um. Sein Schlüsselbund klimperte, als er die Tür aufmachte.
    »Hast du wieder erst den richtigen Schlüssel suchen müssen, Idiot?« Die Frage war Sundström wichtig genug, dass er sein Pfeifen dafür unterbrach. Jetzt pfiff er wieder, und der rote Stift schabte übers Papier. Sundströms Zehen krümmten sich im Takt der Musik.
    Luhta zog die Tür hinter sich zu, ließ aber das Schloss nicht einrasten. Er hatte Angst, dass ihm der Sauerstoff ausging und er ohnmächtig wurde, bevor er überhaupt etwas sagen oder tun konnte. Die Schweißtropfen, die ihm im Aufenthaltsraum auf die Schläfen getreten waren, liefen ihm jetzt über die Wangen. Luhta blinzelte mit den Augen, und plötzlich war ihm, als hätte der hölzerne Uhu auf dem Regal den Kopf bewegt, um ihn anzustarren. Er wusste, dass er sich das nur einbildete, aber es machte ihn noch nervöser, als er schon war. Gleich würden sich der Vogel und der Bukowski-Bär mit vereinten Kräften auf ihn stürzen, und der Ritter von der traurigen Gestalt würde ihm den Rest geben, indem er ihm das Holzschwert mitten ins Herz stieß. Sollte er doch versuchen, mit Sundström zu reden? Ihm irgendetwas versprechen? Aber was?
    »Wir haben ein Problem«, sagte Sundström und tauschte den roten gegen einen grünen Stift. »Weißt du, welches?«
    »Ja«, antwortete Luhta. Seine Stimme brach wie bei einem Jungen in der Pubertät.
    »Dabei hätte ich dir gern geglaubt«, sagte Sundström.
    Seit Luhta die Zelle betreten hatte, hatte Sundström noch nicht den Blick gehoben. Luhta sah nur seine Stirn, die Nasenspitze unter der Brille und den konzentrierten Mund in dem viel zu kleinen Gesicht. Sein Ausmalbild schien Sundström unendlich viel mehr zu interessieren als sein Besucher.
    »Wenn ich diesen Zirkuselefanten fertig habe, ist kein Platz mehr an der Wand. Was machen wir dann?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Und da ist noch ein Problem«, sagte Sundström. »Willst du’s sehen?«
    Luhta sagte nichts, und Sundström zeigte ihm das Bild, an dem er arbeitete. Luhta sah das rot angemalte, mit den Hinterbeinen auf einem runden Hocker stehende Tier. Auf dem blutroten Gesicht des Elefanten lag ein pfiffiges Schmunzeln. Das enorme Tuch, das seinen Kopf schmückte, war blau, und die Quasten des Tuchs waren gelb. Der obere Rand des Hockers und das Zickzackmuster, das davon ausging, waren gleichmäßig schwarz. Den unteren Teil des Hockers hatte Sundström grün angefangen.
    »Ich hatte kein Rosa«, erklärte er Luhta. »Und jetzt denke ich plötzlich, dass der Hocker schwarz-weiß sein sollte. Ich hab aber schon mit Grün angefangen.«
    »Ich finde es auch so ganz schön. Also grün. Sieht richtig gut aus.«
    »Meinst du wirklich?« Sundström studierte das Bild mit gerunzelter Stirn. Er nickte und gab ein Grunzen von sich, das sich nach Zustimmung anhörte. Dann schaute er zum ersten Mal zu Luhta auf. »Du hast recht. Das Grün ist scheiße«, sagte er und zerbrach, den Blick fest auf Luhta gerichtet, den Stift.
    Das Geräusch klang in Luhtas Ohren wie ein Schuss.
    »Ich korrigiere es mit Weiß. Zum Glück hab ich Korrekturlack. Auch damit kann man ein gleichmäßiges Ergebnis erzielen, man muss nur sorgfältig damit umgehen«, erklärte Sundström. »Überhaupt sollte man immer und überall Sorgfalt walten lassen. Auch und gerade beim Betrügen. Im besten Fall merken die Leute dann nicht mal, dass sie betrogen werden. Weil sie Betrug

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