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In der Falle - Leino, M: In der Falle

In der Falle - Leino, M: In der Falle

Titel: In der Falle - Leino, M: In der Falle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marko Leino
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hier?«, fragte er laut.
    »Du sitzt da und saust alles voll, weil wir uns über deine Abrechnungen wundern.« Härski hörte durch das Dröhnen in seinem Kopf Turunens knarrende Stimme.
    »Ich hätte denen schon auf dem Parkplatz erzählen können, dass ich davon nichts weiß. Warum haben sie nicht gleich danach gefragt?«
    »Wir wollten ein bisschen Spaß haben«, sagte der Unrasierte vom Parkplatz, den Ilja, der andere Russe, Fedor nannte.
    Härski hörte einen Stuhl knarren, aber es war nicht seiner.
    »Nach unseren Berechnungen habt ihr beiden, Levola und du, für weniger Leute bezahlt, als ihr hergebracht habt«, sagte Turunen. Seine Stimme kam jetzt von näher und hinten links. »Das Gleiche gilt für die Wohnungen. Von Enqvist haben wir erfahren, dass es auch anderswo welche gibt als da, wo es ausgemacht war. – Was sagst du dazu?«
    Härski war ehrlich überrascht. Niemals hätte er sich vorstellen können, dass Levola so blöd war. Aber er schien es zu sein und hatte ihn mit in diese Scheiße geritten.
    »Ich versteh’s nicht.« Härski sprach undeutlich. Seine Schneidezähne waren abgebrochen, und er hatte sich heftig auf die Zunge gebissen. Wenn er hier wegkam, musste er Kirsi Bescheid sagen, dass er sich irgendwo zusammenflicken ließ und für ein paar Tage abtauchte. Er wollte den Jungen nicht erschrecken.
    »Nicht?«
    »Nein, überhaupt nicht. Ich dachte die ganze Zeit, die Männer und Wohnungen laufen alle über dich. Du nimmst den Falschen in die Mangel. Levola müsste hier sitzen, nicht ich.«
    »Sag bloß«, seufzte Turunen. »Nehmen wir also spaßeshalber an, dass du so blöd bist, dich von einem Volldeppen wie Levola austricksen zu lassen, obwohl ich mir das beim besten Willen nicht vorstellen kann – dann bleibt immer noch eine Menge übrig, was du mir erklären musst.«
    »Wieso?«, fragte Härski.
    »Fedor und Ilja beschatten dich schon eine ganze Weile«, sagte Turunen. »Ich wollte wissen, was ihr hinter meinem Rücken alles treibt.«
    »Ich treib gar nichts hinter deinem Rücken«, sagte Härski und spuckte Blut.
    »Nicht? Bist du dir da ganz sicher?«, fragte Turunen. »Überleg dir, was du sagst. Ich hab keine Lust, das bescheuerte Spiel noch mal von vorne zu spielen.«
    »Was für ein Spiel?«
    »Das Spiel ›Härski erzählt Märchen, und ich tu so, als wäre ich so blöd, sie zu glauben‹.«
    »Ich erzähl keine Märchen.«
    »Aber du weißt, was wir hören wollen.«
    »Ich hab keine Ahnung.«
    »Hinter wem sind die her? Und hinter was?«
    »Ich versteh nicht mal, wovon du redest.«
    Härskis Hände fühlten sich plötzlich so an, als würde sie jemand als Nadelkissen verwenden. Erst dachte er, es käme vom zu fest gebundenen Strick, dann begriff er, dass es etwas anderes sein musste. Er war aufgeflogen, so sah’s aus. Turunen wusste Bescheid. Verdammte Scheiße, er wusste es.
    »Wirklich nicht?«
    Härski sagte nichts, er überlegte. Er suchte fieberhaft nach einer Antwort, mit der Turunen und die Russen wenigstens für den Augenblick zufrieden wären. Wenn er nur erst mal den Kopf aus der Schlinge kriegte! Aber ihm fiel nichts ein. Die Antwort, die er brauchte, gab es nicht mal im Märchen, und die Wahrheit konnte er nicht erzählen. Er musste ihnen einen passenden Ersatz für die Wahrheit anbieten, irgendetwas, was sie vielleicht besänftigte. Vielleicht würden sie ihn laufen lassen, wenn …
    »Ich hab Speed«, stöhnte Härski. »Zwei Kilo.«
    Es stimmte. Er hatte zwei Kilo Amphetamine. Sein eigener Anteil betrug zwar nicht zwei, sondern nur ein halbes Kilo, der Rest gehörte den Esten, für die er es hätte verkaufen sollen, aber das konnte er später regeln. Das halbe Kilo hätte sein zweiter Schritt in eine bessere Zukunft sein sollen, in Richtung eines Neuanfangs, der letzte Schritt außerhalb des Gesetzes, der letzte kleine Abstecher vom schmalen Pfad der Tugend, Kirsi und Petteri zuliebe. Stattdessen hatte er mit diesem Ilja den Ausflug zu den Bankautomaten gemacht und sein Konto leer geräumt.
    »Ich hab’s selbst aus Tallinn geholt«, sagte er, als ihm niemand antwortete. Und auch das stimmte. Er hatte das Zeug aus Tallinn geholt, zusammen mit Kirsi und Petteri. Kurz bevor die Fähre in Helsinki anlegte, war er mit Petteri auf die Herrentoilette gegangen und hatte ihm die Tüten unterm Hemd auf die nackte Haut geklebt. Es sei ein Spiel hatte er dem Kleinen erklärt, Mama dürfe er davon kein Wort sagen. »Es ist unser Geheimnis«, hatte er gesagt, und Petteri, der

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