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In der Falle - Leino, M: In der Falle

In der Falle - Leino, M: In der Falle

Titel: In der Falle - Leino, M: In der Falle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marko Leino
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noch auf dem Klodeckel stand, hatte genickt. Und dann hatte er doch angefangen zu weinen, und Härski hatte den Jungen an sich gedrückt und ihn beruhigt.
    Es war dann alles gut gelaufen. Und er war stolz auf Petteri. Der Kleine hatte auch schon etwas für ihre bessere Zukunft getan. Wenn Kirsi es gewusst hätte, wäre sie genauso stolz auf den Jungen gewesen.
    »Ihr kriegt den Stoff zusätzlich zu dem abgehobenen Geld, wenn ihr mich laufen lasst«, sagte Härski und machte Petteris Heldentat mit einem einzigen Satz zunichte. »Alles.«
    »Lass mich raten«, sagte Turunen. »Dein Speed ist irgendwo, wo du es nur allein holen kannst, und wir glauben noch an den Weihnachtsmann und warten brav, bis du zurückkommst und uns beschenkst, ist es so?«
    »Nicht ganz«, sagte Härski. »Es ist in meinem Auto. Im Reserverad.«
    Einen Augenblick herrschte Stille. Dann knarrte wieder Turunens hässliche Stimme links hinter seinem Ohr. »Okay. – Fedor, geh nachschauen!«
    Härski hörte träge Schritte, die sich entfernten. Sie hallten in dem hohen Raum, dann ging eine Tür auf und fiel knallend wie ein Schuss wieder ins Schloss.
    »Wir warten«, sagte Turunen. »Und für dich können wir nur hoffen, dass er findet, was er sucht.«
    »Es ist dort. Zwei Kilo«, sagte Härski. Er hörte, wie Turunen sich eine Zigarette anzündete. Mit seiner lädierten Nase konnte er den Rauch nicht riechen, aber er spürte, wie er ihm in die Lunge drang.
    »Woher kommt eigentlich dein Spitzname?«, fragte Turunen. »Er ist blöd und passt trotzdem nicht zu dir. Härski – wenn’s keine Abkürzung für irgendwas ist, soll das doch Rauhbein heißen oder so ähnlich.«
    »Es kommt vom Eishockey«, sagte er. »Ich hab hart gespielt, aber fair. Und das tu ich immer noch.«
    »Dann sind wir also verwandte Seelen«, lachte Turunen. Gleich darauf begann er einen alten Schlager zu pfeifen. Härski kannte ihn, kam aber nicht auf den Titel. Das Pfeifen hallte wie vorher Fedors Schritte. Die Wände der Halle waren aus Blech. Es war die Lagerhalle von Turunens Baufirma, und sie war fast leer, anders als draußen der Hof, der bis in den letzten Winkel vollgestellt war. Härski hatte bei ihrer Ankunft zwei Traktoren mit diversen Schaufeln, ein Bobcat, einen LKW mit offener Ladefläche, ein paar offene Container, von Planen geschütztes Baumaterial und jede Menge Rohre und Kabelrollen gesehen. Zwischen hohen Bretterstapeln und von der Straße aus nicht sichtbar standen jetzt auch zwei Autos auf dem Hof: der Lieferwagen mit der Firmenaufschrift und Härskis Kadett. Als Ilja die Seitentür aufgezogen hatte, war der Kadett das erste, was Härskis Augen registriert hatten. Sein eigenes Auto in einer fremden Umgebung zu sehen hatte ihn allerdings nicht beruhigt, im Gegenteil: Es hatte sich nur alles noch bedrohlicher angefühlt.
    Härski schloss die Augen und versuchte, nicht auf Turunens Pfeifen zu achten. Zu Hause machte Kirsi jetzt das Abendessen, Kartoffelpüree und Hackfleischsauce, sein Lieblingsessen und auch das von Petteri. Wäre er da gewesen, hätte er mit dem Jungen auf dem Teppich gelegen, sie hätten Fotos geschaut, und er hätte Petteri von seinem Vater erzählt, Petteris Großvater, der ein furchtloser Seemann gewesen war und bei Sturm und aufgewühlter See sämtliche Weltmeere befahren hatte. Auf alle Kontinente hatte der Großvater seine Füße gesetzt und mehr Sprachen gesprochen als jeder andere Mensch, den Härski kannte, sogar das schwierige Ugala-bugala, von dem er Petteri schon ein paar einfache Wörter beigebracht hatte. Petteri mochte die Geschichten vom Großvater, er wollte immer noch eine hören, und Härski tat ihm den Gefallen. Er war nur froh, dass sein Vater schon fünfzehn Jahre vor Petteris Geburt gestorben war und der Kleine seinen tollen Großvater nie gesehen hatte, außer auf den Fotos natürlich. Die Fotos waren tot und still, und Härskis Vater sah darauf tatsächlich wie ein sturmerprobter Weltreisender aus. Es war ein Leichtes, Geschichten über ihn zu erzählen, von denen Härski sich als kleiner Junge gewünscht hätte, dass sie wahr gewesen wären.

     
    Das ungläubige Raunen wurde immer lauter, je mehr Litauer ihre braunen Umschläge aufrissen. Für Vesa klang es schon nach der Hälfte nach mehr als den dreizehn, für die sie Umschläge mitgebracht hatten. Aber es waren nicht mehr. Vater hatte die Männer in zwei Gruppen aufgeteilt und ließ sie in verschiedenen Schichten arbeiten. Während die einen auf der

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