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In der Falle - Leino, M: In der Falle

In der Falle - Leino, M: In der Falle

Titel: In der Falle - Leino, M: In der Falle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marko Leino
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Baustelle schufteten, schliefen die anderen in der mit Schlafsäcken eingerichteten Wohnung. Sonst hätten die Männer auch nicht in die Zweizimmerwohnung gepasst, deren Schlafzimmer für ein Doppelbett und zwei schmale Nachttische ausgelegt war. Auch jetzt, wo die Männer standen, war es eng, und die Luft roch nach sauren Fürzen.
    Vesa und Macho standen im Gang hinter Vater, der die Briefumschläge verteilte. Vesa warf einen Blick an ihm vorbei und sah, dass alle, die ihren Umschlag schon geöffnet hatten, drei Hunderter in der Hand hielten. Ein bärtiger Hüne musste eine Art Kapo der Truppe sein, denn alle anderen redeten mit roten Gesichtern und scheinewedelnd auf ihn ein. Sie sprachen Russisch und zeigten auf Vater, ein paar von ihnen drohten ihm sogar mit der Faust.
    »Was haben sie denn?«, flüsterte ihm Vesa ins Ohr.
    »Nichts, weswegen du dir ins Hemd machen musst. So sind diese Typen, geldgierig und faul«, sagte Vater. »Aber was hab ich dir gesagt: Steck eine Kanone in die Tasche, und du fühlst dich gleich viel sicherer.«
    »Fühl ich mich gar nicht.«
    »Halt dich trotzdem schon mal dran fest. Nimm dir ein Beispiel an Macho, das ist ein Profi.«
    Vesa warf Macho einen Blick zu, und der nickte kurz. Im selben Augenblick wurde es schlagartig still. Der bärtige Hüne hatte nur die Hand gehoben. Er war hier wirklich der Boss.
    »Einer der Affen kann sprechen«, sagte Vater flüsternd.
    Der Bärtige nickte seinen Landsleuten zu, trat vor Vater hin und wedelte mit seinem dünnen Hunderterbündel.
    »What is this? A joke?«, sagte er mit tiefer Stimme. Er sprach Englisch mit dem Akzent, den Vesa von russischen Gangstern in amerikanischen Filmen kannte. Fürs Kino fehlte nur die unheilschwangere Musik. »Du hast tausend Euro im Monat gesagt«, fuhr der Mann in seinem russischen Kino-Englisch fort.
    »Was du in der Hand hältst, sind tausend Euro minus Steuern und Miete«, antwortete Vater in einem Englisch, das ihm Vesa gar nicht zugetraut hätte.
    »Miete? Welche Miete? Von Miete war nicht die Rede.«
    »Dann eben jetzt.«
    »Das ist nicht korrekt.«
    »Das ist fünfmal mehr, als ihr in der Ukraine verdient.«
    »Wir sind aus Litauen.«
    »Wen interessiert’s, Osten ist Osten«, sagte Vater auf Finnisch und mit einer herablassenden Geste.
    »What?«
    »Lettland, Litauen, Ukraine – who cares«, sagte Vater halb finnisch, halb englisch.
    »Das ist nicht korrekt. Wir sind nicht zufrieden.«
    »Ich bin auch nicht zufrieden, das könnt ihr mir glauben. Und weiter? – Das hier ist Finnland, hier ist niemand zufrieden«, sagte Vater.
    »Wir wollen nur, was du uns versprochen hast«, sagte der Hüne mit drohendem Unterton.
    »Das habt ihr auf den Cent genau – minus Kosten. Wenn’s euch nicht passt, könnt ihr jederzeit zurück nach Hause.«
    Der Hüne starrte Vater einen Augenblick lang an, dann drehte er sich um und übersetzte unter zunehmendem Lärm, was der ihm gesagt hatte. Die Männer waren offensichtlich nicht begeistert und trugen ihrem Kapo auf, was er antworten sollte. Er nickte und versuchte gleichzeitig, die wütendsten seiner Landsleute zu beruhigen.
    »Wir wollen erst Geld«, erklärte er Vater, »dann gehen wir nach Hause. Alle. Sofort.«
    Vater machte einen Schritt rückwärts, warf Macho einen Blick zu und nickte. Macho zog die Pistole. Es knackte trocken, als er sie entsicherte.
    »Hands up!«
    Vesa folgte Machos Beispiel, nur weniger überzeugend. Die Hand, in der er die Pistole hielt, zitterte so sehr, dass er sie mit der anderen abstützen musste. Totenstille hatte sich über das Zimmer gesenkt.
    »Okay, ihr Luschen, aber bevor ihr gehen könnt, braucht ihr eure Pässe. Macht, sagen wir … dreihundert Euro«, sagte Vater und grinste den bärtigen Hünen an. »Übersetz es ihnen, sei so gut!«
    Der Kapo übersetzte, und die Stille wich wieder aufgebrachtem Gezeter. Jetzt war es Vater, der die Hand hob. »Listen! Hört zu! Es gibt noch eine andere Lösung!«
    Die Männer wurden still, und Vater fuhr in freundlicherem Ton fort. »Ihr könnt gehen oder fünf Monate bleiben«, sagte er auf Englisch und zeigte die Zahl mit gespreizten Fingern, »fünf Monate, so wie wir es ursprünglich ausgemacht hatten. Und weil ich ein gutes Herz habe, bezahle ich euch nicht dreihundert Euro, sondern vierhundert Euro im Monat. In fünf Monaten sind das zweitausend. Zweitausend Euro pro Mann! Na, wie klingt das?«
     
    Wenig später saß Vater gut gelaunt hinter dem Lenkrad. Er pfiff sogar leise, während

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