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In der Falle - Leino, M: In der Falle

In der Falle - Leino, M: In der Falle

Titel: In der Falle - Leino, M: In der Falle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marko Leino
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überquerten. Als ihm einer der Knirpse winkte, winkte er mit einem herzlichen Lächeln zurück und stellte sich vor, wie aus genau dem einer von den zwei oder drei seiner zukünftigen Kunden würde. In Kindern lag die Zukunft.
    Finnland war für Turunen ein gutes Land. Die geistige Atmosphäre war bedrückend, und die natürlichen Begebenheiten taten das Ihre, um die genetisch verwurzelte Neigung der Finnen zu Niedergeschlagenheit und selbstzerstörerischem Verhalten zu verstärken. Ein halbes Jahr Dunkelheit plus ein halbes Jahr Lichttherapie funktionierte sogar bei den immer zahlreicher werdenden Zuwanderern. Selbst ein mitgebrachtes Dauerlächeln gefror allmählich zur Grimasse, die Schulterlinie verlagerte sich nach unten, und das Kinn senkte sich umso tiefer auf die Brust, je weiter die Integration voranschritt. Ein paar Jahre in Finnland, und die Migranten hatten zu den von Geburt an niedergedrückten Ureinwohnern aufgeschlossen. Ein paar Jahre nur, und sie trugen wetterfeste Trainingsanzüge, standen zugedröhnt auf Kneipenhinterhöfen und stritten sich um nichts und wieder nichts, das Finnenmesser in der Hand und finnische Flüche auf den Lippen. Finnland war ein verdammt gutes Land für Turunen. Und doch dachte er daran wegzuziehen. Nicht gleich, aber spätestens in einem Jahr. Erst musste er noch seine letzten Geschäfte erfolgreich abschließen.
    Härski und Sundström. Turunen bedauerte, wie sie die Sache mit Härski erledigt hatten. Er bedauerte nicht, dass sie den doppelgesichtigen Spitzel getötet hatten. Inzwischen fand er nur, dass sie es damit zu eilig gehabt hatten. Sie hätten sich mehr Zeit lassen sollen, vielleicht hätte man doch noch mehr aus ihm herausbekommen. Dann hätte man jetzt vielleicht gewusst, was Sache war.
    »Wenn der verdammte Anruf ein paar Stunden früher gekommen wäre!«, fluchte Turunen halblaut.
    Die Situation war durch Pakarinens Anruf schwieriger geworden. Alles war anders als noch vor ein paar Stunden. Die vom Drogendezernat in Pasila hatten sich Sundström genau zur selben Zeit geschnappt, als Ilja und Fedor Härski das Fell über die Ohren zogen. Dumm gelaufen.
    Turunen überlegte fieberhaft. Warum hatte Härski nicht erzählt, wie nah die Bullen ihm schon auf den Fersen waren? Hatte er es nicht gewusst, oder war er so mutig gewesen, dass er es nicht erzählt hatte? Sollte das seine letzte große Heldentat sein?
    Turunen kam schnell zu dem Ergebnis, dass Härski es nicht gewusst hatte. Er taugte nicht zu Auftritten à la Clint Eastwood. Außerdem hatte Härski Kontakt zu einem von der Staatspolizei gehabt, der KRP, und Sundström hatten die städtischen Drogenfuzzis abgeholt. Irgendwas war faul an der Sache. Aber was? Turunen kam nicht drauf. Noch nicht.
    Was sind die Fakten?, überlegte er. Härski war ein Mann, den er selbst für die Überwachung Arto Levolas angeheuert hatte, und irgendwann hatte ihn dann die KRP in die Fänge bekommen. Und wenn die KRP Sundström im Visier hatte, dann wusste man dort unweigerlich auch über seine, Turunens, Verbindung zu Sundström Bescheid. Das war nicht gut. Und was war mit den Drogenfuzzis im Polizeipräsidium in Pasila? Die kassierten Sundström ein, obwohl er immer behauptet hatte, dass er von denen mehr beschützt als gejagt würde. Sundström hatte ihm zu verstehen gegeben, dass er einen von denen fest an der Gurgel hatte, einen, der dort an der richtigen Stelle saß. Offensichtlich hatte Sundström eine zu hohe Meinung von sich und seinem Würgegriff gehabt. Aber würde er reden? Niemals. Und was hatten die Bullen dann gegen ihn, Turunen, in der Hand – gar nichts. Die Bullen hielten Sundström für eine Schlüsselfigur und unterschätzten ihn selbst. Das war eine gute Sache, fand er, denn wäre es anders gewesen, hätten sie sich ihn mitgeschnappt – es war sogar eine verdammt gute Sache.
    Turunen zündete sich eine Zigarette an und blies einen diskreten Vorhang aus Rauch vor das Michelin-Mädchen, das auf dem Kalender neben seinem Schreibtisch mit einem Reifen spielte. Er selbst musste sein Spiel weiter so spielen, dass ihm auch in Zukunft genügend Mittelsmänner die Deckung verschafften, die er brauchte, um sich den Anschein eines kleinen Rädchens im Getriebe, einer kleinen Nummer zu geben. So würden die Bullen ihn nicht nur nicht zu fassen kriegen – sie würden es nicht mal für notwendig halten, ihn zu fassen. Nicht, wenn er aufpasste.
    Man musste immer aufpassen, wenn man auf nichts verzichten wollte. Auf Geld

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