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In der Falle - Leino, M: In der Falle

In der Falle - Leino, M: In der Falle

Titel: In der Falle - Leino, M: In der Falle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marko Leino
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dem der Schweiß in glitzernden Tropfen aus der Kopfhaut trat. Aus den Augenwinkeln warf Vesa einen Blick auf Macho, der ein paar Meter rechts von ihm stand und ihn über den Lauf seiner Pistole hinweg ansah. Hinter Macho stand das gelangweilt wirkende Russenduo. Als Vesa einen Blick in die andere Richtung warf, sah er Turunen seelenruhig eine Zigarette rauchen und abwarten. Turunen stand noch an derselben Stelle wie vor fünf Minuten. Da hatte Vesa noch neben ihm gestanden. Er hätte wieder gern die Zeit zurückgedreht, noch weiter zurück diesmal, so weit, bis er ein kleiner Junge war, der im Hof auf der Schaukel saß und wartete, dass sein Vater ihn anschubste, sein Vater, der damals noch der wichtigste Mensch der Welt für ihn war. Wenn es damals, nach dem Schaukelalter, anders gekommen wäre, wenn sein Vater der kräftige ehemalige Boxer geblieben wäre, den er bewunderte und den die anderen Kinder auf dem Hof respektierten – wenn alles anders gekommen wäre, dann würde er jetzt nicht auf dieser Plane stehen, und sein Vater würde nicht mit auf die Brust gesunkenem Kinn vor ihm knien.
    Turunen hatte neben Vesa gestanden, als Macho und einer der Russen die Plane auf dem Boden ausbreiteten.
    »Fedor«, hatte Turunen gesagt und in die Richtung von Vater genickt, der zusammengesunken in der Hallenecke saß.
    Fedor war zu Vater gegangen und hatte ihn auf die Beine gezerrt. Vaters Knie hatten nachgegeben, aber er hatte sich zusammengerissen. Fedor hatte Vater auf die Plane gestoßen und ihn an den Schultern auf die Knie gedrückt. Danach hatten Macho und die Russen Turunen angeschaut, und Vesa hatte gespürt, wie sich Turunens Hand auf seine Schulter legte. Er hätte sie gern abgeschüttelt, aber er traute sich nicht, sich auch nur zu bewegen.
    »Liebst du deinen Vater?«, hatte Turunen gefragt.
    »Ja«, hatte Vesa mit erstickter Stimme gesagt. Und plötzlich hatte er noch eine Chance gesehen. Vielleicht war Turunen doch nicht so hart, wie er wirkte. »Ja, ich lieb ihn. Bringt uns nicht um – bitte!«
    » Dich bringen wir nicht um«, hatte Turunen sanft gesagt. »Macho hat mir erzählt, dass es nur dein Vater ist, der mich für einen Trottel hält. So war’s doch, Macho? Dass sich der jüngere der Levolas korrekt benommen hat?«
    »Ja«, hatte Macho gesagt und ihn angegrinst. »Er war okay. – Im Gegensatz zu seinem Papa«, hatte er hinzugefügt und mit der Stiefelspitze Vater in die Seite getreten. »Und? Was steht jetzt am Ende des Regenbogens, sag? Ein Sack Blumenerde, oder was?«
    Vesa hatte gesehen, wie Vaters Schultern zitterten. Vater hatte geweint, aber nur stumm.
    »Sieh mal, es ist so: Du hast deinen Vater lieb, aber mir schuldet er zwanzigtausend Euro, und er ist erwiesenermaßen ein Idiot«, hatte Turunen gesagt. »Die zwanzigtausend wären demnach das Erbe, das dir der Idiot hinterlässt.«
    »Ich hab kein Geld«, hatte Vesa geantwortet.
    »Das macht nichts. Geld ist nur ein Tauschmittel, abstrakt und hoffnungslos überbewertet. Du bezahlst konkret mit Arbeit«, hatte Turunen gesagt und Vesa auf die Schulter geklopft. Danach hatte er die Hand zu Vesas Erleichterung nicht wieder auf die Schulter zurückgelegt. »Und jetzt rate, was deine erste Arbeit ist?«
    Vesa hatte den Kopf wenden müssen, um Turunen anzuschauen, der ihn anlächelte. Er hatte vom Tabak dunkle Zähne und pralle, trockene Lippen.
    »Danach ist dein Erbe nur noch zehntausend Miese.«
    »Ich versteh nicht.«
    »Doch, du verstehst schon«, hatte Turunen gesagt und Vesa mit dem Griff nach vorn die eigene Pistole gereicht. »Du erschießt deinen Vater, den du so lieb hast.«
    »Nein, verdammte Scheiße, das könnt ihr nicht machen!«, hatte Vesa geschrien, und seine Stimme hatte sich dabei überschlagen und war ins Falsett gerutscht. »Ihr könnt mich auch umbringen, aber das nicht!«
    »Du hörst mir nicht zu«, hatte Turunen gesagt, in dessen Gesicht keine Spur von einem Lächeln mehr gewesen war. »Wenn du mir zugehört hättest, hättest du verstanden, dass wir dich auf keinen Fall umbringen. Es wäre einfach ein schlechtes Geschäft.« Turunens hässliches Lächeln war wieder zurückgekehrt. »Liebst du denn deine Mutter auch? Anita heißt sie, nicht, Macho?«
    »Stimmt.«
    »Sag, liebst du deine Mutter, Vesa?«
    »Wie?«, hatte Vesa gefragt. Er hatte nicht verstanden, worauf Turunen hinauswollte. Was hatte Mutter mit der Sache zu tun? Sie hatte doch keine Ahnung von Vaters Geschäften.
    »Was ich sagen will: Wenn du deinen Vater

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