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In der Falle - Leino, M: In der Falle

In der Falle - Leino, M: In der Falle

Titel: In der Falle - Leino, M: In der Falle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marko Leino
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auf. Er glaubte nicht mehr, er müsste sterben. Er wünschte es sich.

 
    Viitasalo trat in den Windfang und wischte sich den nassen Schnee von den Schultern. Er war nach langer Zeit wieder mit dem Bus zur Arbeit gefahren. Er hatte Kopfschmerzen, und obwohl er Fisherman’s Salmiak lutschte, hatte er den abgestandenen säuerlichen Geschmack von Bier im Mund. Wie grauenhaft das morgendliche Fahren mit öffentlichen Verkehrsmitteln war, hatte er ganz vergessen: die dicke nach Schweiß und Deodorant riechende Luft, die Enge und die schon vor der Arbeit müden, in sich verschlossenen Menschen. Manche umklammerten ihre Aktentaschen, andere hatten Handtaschen auf dem Schoß, als wären sie ihr einziger Halt in einer ihnen feindlich gesinnten Welt. Und schaute man lieber aus dem Fenster, sah man eine genauso müde, sich ängstlich wegduckende Landschaft. Wässriger Schneeregen peitschte gegen die Scheiben, Helsinki im Oktober war ein deprimierender Anblick. Viitasalo wäre lieber zu Hause geblieben. Er hätte Sari zu sich ins Bett holen und den Freitag wegschlafen sollen. Der bloße Gedanke an Reino Sundström und das Verhör hatte ihm schon beim Aufwachen die Laune verdorben. Vom Eifer und der Selbstsicherheit des frühen gestrigen Abends war nicht mehr viel übrig.
     
    Sari war morgens nicht im Schlafzimmer gewesen. Viitasalo hatte seine Frau schlafend auf dem Sofa im Wohnzimmer gefunden. Als sie aufwachte und, ohne ein Wort zu sagen, ins Badezimmer schlurfte, hatte sie ausgesehen wie ein kleines Mädchen, das sich verlaufen hatte. Er hatte ihre Augen gesehen, die nicht nur vom Schlaf verquollen waren. Auf dem Tisch lag offen aufgeschlagen das Buch. Warum, um Himmels willen, las Sari mitten in der Nacht ein Kinderbuch? Der kleine Prinz. Er fragte sich, wie schlecht es ihr wirklich ging. Und er hatte gedacht, er könne sie mit den Fisherman’s Friends kurieren, mit denen er selbst kaum den schlechten Geschmack aus dem Mund bekam. Später beim Rasieren war er seinem eigenen Blick ausgewichen.
    Aus dem Bus hatte er Sari angerufen und ihr gesagt, dass er am Abend gern mit ihr essen gehen würde. Endlich.
    »Warum?«, hatte Sari gefragt.
    »Darum«, hatte er geantwortet. Er war enttäuscht gewesen, dass sie so gar keine Begeisterung gezeigt hatte. Wir müssen reden, hatte er im Stillen hinzugesetzt.
    »Wenn ich für Liina einen Babysitter kriege«, hatte sie gesagt.
    »Was ist mit deiner Mutter?«
    »Sie ist auf Madeira.«
    Daran hatte er nicht mehr gedacht. Marketta war oft auf Reisen.
    »Und was ist mit der, die wir im Sommer hatten?«
    »Mira?«
    Seit Kaarlo, ihr Mann, tot war, schien die Schwiegermutter mehr Zeit im Ausland als bei sich zu Hause zu verbringen. Sie suchte das Internet nach Last-Minute-Reisen ab, und ihr Koffer stand immer fertig gepackt in der Ecke des Schlafzimmers. Vielleicht floh sie vor Kaarlos Geist. Oder vor der Stille, die in ihrer Wohnung hauste.
    »Ja«, antwortete Viitasalo, der sich vergeblich an das Gesicht des Mädchens zu erinnern versuchte.
    »Ich kann’s ja probieren.«
    Manchmal vermisste Viitasalo seinen Schwiegervater. Sie hatten sich gut verstanden.
    »Wenn es klappt, lass es uns machen, ja? Nur wir zwei, du und ich. Vielleicht sehen wir uns vorher noch irgendeinen romantischen Film an. Ich kann nachschauen, was gerade läuft. Abgemacht?«
    »Ja«, hatte Sari geantwortet und das Gespräch beendet.
    Viitasalo hatte ein neues Fisherman’s in den Mund geschoben.
     
    Er betrat die Eingangshalle des Polizeipräsidiums, und der restliche Schnee auf seiner Jacke schmolz sofort. Er spürte, wie ihm Tropfen in den Nacken rollten.
    Vorm Tresen des Diensthabenden stand eine jüngere Frau mit einem kleinen Jungen an der Hand. Die Frau weinte herzzerreißend. Viitasalo seufzte, nickte dem Wachtmeister zu und lief zu den Aufzügen. Der linke schien sogar zu funktionieren. Viitasalo hätte das Gespräch am Tresen am liebsten gar nicht gehört, aber die Stimme der Frau war zu laut und schrill.
    »Aber Sie müssen was tun, er ist heute Nacht nicht nach Hause gekommen!«
    »Nein, das müssen wir nicht. Er ist ein erwachsener Mensch und kann tun und lassen, was er will.« Die Stimme des Diensthabenden war tief und strahlte Ruhe aus. »Ist er denn schon früher mal über Nacht weggeblieben?«
    »Natürlich«, jammerte die Frau. »Aber schon lange nicht mehr, ohne es vorher zu sagen.«
    »Sie sagen, er ist arbeitslos?«
    »Was hat das damit zu tun?«
    »Gar nichts. Ich dachte nur, dass er vielleicht

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