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In der Falle - Leino, M: In der Falle

In der Falle - Leino, M: In der Falle

Titel: In der Falle - Leino, M: In der Falle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marko Leino
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wir dieses Jahr schon im Kino oder essen?«
    »Ich kann mich nicht erinnern.«
    »Kein Wunder. Es ist das erste Mal.«
    »Wirklich?«, fragte Viitasalo. »Dann war’s ja höchste Zeit.«
    Sari strich mit den Fingern über den Fuß ihres Glases und sah an ihm vorbei. Ihre Augen waren wieder feucht, und Viitasalo wusste nichts mehr zu sagen, schon gar nicht über den falschen Film. Vielleicht hätten sie sich die neue Version von Mamma Mia anschauen sollen, auch wenn er für Abba nichts übrig hatte.
    Die Bedienung erlöste sie, indem sie das Essen brachte. Sari nickte ihr zu und lächelte. Sari hatte ein schönes Lächeln, das sie nur zu selten zeigte. In ihr Lächeln hatte sich Viitasalo verliebt, in ihr Lächeln und in ihre Hände mit den schmalen Handgelenken, die so spielerisch zwei Kugeln Rumrosineneis in eine Tüte zauberten. Sie hatte als Aushilfseisverkäuferin gejobbt, und für ihn war es das erste Eis des Sommers gewesen und Liebe auf den ersten Blick. Saris Gefühle waren langsamer erwacht, aber seine offensichtliche Tollpatschigkeit brachte sie gleich bei der ersten Begegnung zum Lachen.
    »Du hast meine Frage nicht beantwortet«, sagte Sari.
    »Wie?« Viitasalo erschrak beinahe, als sie ihn aus seinen Gedanken riss.
    »Warum hast du mich ausgeführt?«
    »Braucht es dafür einen besonderen Grund?«, fragte Viitasalo. Er hatte reden wollen, aber er wusste nicht mehr, worüber und warum. Um alles noch mal von vorn aufzudröseln?
    »Ich liebe dich, und ich dachte, dass du mal einen freien Abend brauchst, ein bisschen Abwechslung.«
    »Danke. Ich liebe dich auch.« Sari legte Messer und Gabel über Kreuz auf ihren Teller und sah wieder so aus, als würde sie gleich anfangen zu weinen.
    »Was hast du?«
    »Ich … Es könnte sein, dass wir uns nächstes Jahr nicht mal mehr das eine Mal leisten können.«
    »Jetzt fang doch nicht schon wieder damit an«, sagte Viitasalo und bereute es noch im selben Augenblick.
    »Wir müssen reden«, sagte Sari und sah Viitasalo in die Augen, »ehrlich reden.«
    Viitasalo versuchte, das trockene Stück Huhn hinunterzuschlucken, das er sich gerade in den Mund geschoben hatte. Er griff nach dem Glas, um das Huhn mit Wein aus der Speiseröhre zu spülen, bevor er es noch auf den Tisch hustete. Sari wusste es also doch. Viitasalo hatte sich seitdem allein um ihre Geldangelegenheiten gekümmert, aber Sari hatte natürlich Zugriff auf ihr gemeinsames Konto. Sie hatte eins und eins zusammengezählt, und jetzt benutzte sie seine eigenen Worte: Wir müssen reden.
    »Worüber?«, fragte Viitasalo mit erstickter Stimme, weil ihm das Huhn, ein Stück tiefer, immer noch in der Speiseröhre steckte.
    Sari kramte in ihrer Handtasche und reichte ihm ein in der Mitte zusammengefaltetes Blatt Papier über den Tisch. Sie hatte sich also den Kontoauszug kopiert und auf den richtigen Zeitpunkt gewartet.
    »Was ist das?«, fragte er, obwohl er es wusste. Er wollte Zeit gewinnen, seine Gedanken ordnen, eine glaubhafte Erklärung entwickeln.
    »Es ist von Asko, also von Kerttula, unserem Personalchef«, sagte Sari. »Lies es, laut!«
    Viitasalo faltete das Blatt auseinander. Der Text darauf war kurz und in schrägen Großbuchstaben geschrieben. Der Schreiber versuchte, einen kumpelhaften Ton anzuschlagen.
    LIEBE MITARBEITER!
    IN UNSICHEREN ZEITEN WIE DIESEN SOLLTEN WIR UNS ALLE UMSO MEHR UM UNSERE GESUNDHEIT KÜMMERN. ALLEN MITARBEITERINNEN UND MITARBEITERN UNSERES HAUSES STEHT DESHALB FÜR DIE DAUER DER VERHANDLUNGEN ÜBER DIE KÜNFTIGE MITARBEITERSTRUKTUR DER PSYCHOLOGISCHE DIENST MEHILÄINEN KOSTENLOS ZUR VERFÜGUNG. BEACHTET NUR BITTE: WER BEREITS WEISS, DASS ER DAS HAUS VERLÄSST, HAT DIESES ANRECHT NICHT. DAS ANGEBOT GILT NUR FÜR DIEJENIGEN MITARBEITER, DEREN VERHANDLUNGEN NOCH NICHT ABGESCHLOSSEN SIND.
    MIT FREUNDLICH-KOLLEGIALEN GRÜSSEN,
    ASKO.
    Viitasalo warf das Machwerk auf den Tisch.
    »Nicht zu fassen«, sagte er. »Das soll ein Scherz sein, oder?«
    »Leider nicht. So hört es sich an, wenn sie Rücksicht nehmen.«
    Viitasalo schüttelte den Kopf. Er war wütend und erleichtert zugleich. Er war wütend, dass man seine Frau und ihre Kollegen so schäbig behandelte, und erleichtert, dass Sari doch nicht über die Vergangenheit reden wollte.
    »Ich überleg gerade«, begann er vorsichtig. Wenn überhaupt, war jetzt der richtige Augenblick. »Vielleicht solltest du das Angebot sogar annehmen, egal wie bescheuert dieser Kerttula euch das hinreibt. Du schläfst nicht, und der Stress kommt

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