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In der Falle - Leino, M: In der Falle

In der Falle - Leino, M: In der Falle

Titel: In der Falle - Leino, M: In der Falle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marko Leino
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ja von den Zuständen bei euch. Du kannst ja an gar nichts anderes mehr denken.«
    »Würdest du an meiner Stelle nicht daran denken?«
    »Doch, schon«, sagte Viitasalo. »Aber darum geht’s nicht. Ich meine nur … Ach, vergiss es!«
    »Ich bin eine von denen, für die das Angebot nicht mehr gilt«, sagte Sari.
    »Du …?«
    »Ich bin seit zwei Wochen gekündigt«, sagte Sari.
    »Seit …? Warum, um Himmels willen, hast du nichts gesagt?«
    »Ich hab’s nicht gekonnt. Ich wollte erst selbst damit fertig werden. Aber auch das hab ich nicht gekonnt«, sagte Sari. »Jetzt bräuchten wir wieder ein Wunder wie damals, als du im Toto gewonnen hast. Es war wie im Märchen …«
    »Augenblick mal, nicht so schnell! Dass du es mir nicht erzählt hast …«
    »Ich hab’s außer Mutter niemandem erzählt.«
    »Wie? Du hast es ihr erzählt, aber mir nicht? Ich bin dein Mann!«
    Sari nahm die Serviette, wischte sich den Mund ab und schob den Stuhl zurück.
    »Wo willst du hin?«
    Sari antwortete nicht mehr. Die Tränen liefen schon in Strömen, als sie aufstand und in Richtung Damentoilette lief.
    Viitasalo fiel nichts anderes ein, als nach seinem Glas Wein zu greifen und es in einem Zug auszutrinken. Auf Saris weißer Serviette leuchtete der Abdruck ihres Lippenstifts wie eine rissige, an den Rändern aufklaffende Wunde.
    Viitasalo schaute auf seinen Teller. Der Appetit war ihm vergangen. Der Anblick der in ihrer Pfeffer-Speck-Sauce in den Resten eines Reisrands schwimmenden Hühnerteile verursachte ihm Übelkeit. Er schloss die Augen und hatte plötzlich Lust auf eine Zigarette, obwohl er rechtzeitig vor Liinas Geburt mit dem Rauchen aufgehört hatte und seitdem erstaunlich schmerzfrei dabei geblieben war. Er war kein einziges Mal schwach geworden, nicht mal im Suff.
    Was Sari erzählt hatte, war nicht schwer zu begreifen, aber dass sie es erst ihrer Mutter erzählt hatte, war unbegreiflich. Hatten sie sich so weit voneinander entfernt? Wann war das passiert? Hatte es mit Liinas Geburt angefangen? Davor waren sie einander genug gewesen und hatten niemanden sonst gebraucht. So hatten sie immer gesagt. Oder lagen die Anfänge schon früher? Hatte er zu viel Druck auf Sari ausgeübt, weil er die ewigen Fragen nach einem Kind nicht mehr hören konnte? Waren sie von da an auseinandergedriftet? Aber wieso hatte er es nicht früher gemerkt? Hatte er es nicht merken wollen?
    »Bei euch alles in Ordnung?«
    Viitasalo machte die Augen auf. Die Bedienung war an ihren Tisch getreten.
    Viitasalo nickte und versuchte ein Lächeln. »Ja«, sagte er. »Noch einen Whisky bitte, einen Jameson, wenn ihr den habt.«
    Die Bedienung nickte und war so schnell wieder verschwunden, wie sie aufgetaucht war.
    »Alles ist gut«, flüsterte Viitasalo. »Alles ist verdammt gut.«

     
    »Ein gemütliches Haus«, sagte Vesa. »Was so was wohl kostet?«
    Vesa sah, dass Tiina auf die Micky-Maus-Uhr an der Küchenwand schaute. Mickys erhobene Hände berührten sich beinahe. Es war 23.05 Uhr. Um zwölf würde Micky in die weiß behandschuhten Hände klatschen. Jetzt sah es so aus, als wollte sich die Maus ergeben.
    »So eins haben wir eines Tages auch«, schwärmte Vesa. »Und vielleicht auch eine kleine Liina. Oder zwei, wer weiß. Ich seh’s schon vor mir.«
    »Ich nicht. Ich bin siebzehn.«
    »Und?«
    »Du musst gehen.«
    »Warum?«
    »Die wissen nicht, dass du hier bist, und sie können jeden Augenblick kommen.«
    »Na und? Was ist dabei, wenn sie mich sehen?«, antwortete Vesa. Dass Tiina sein kleines Gedankenspiel nicht mitspielte, kränkte ihn. Sie brauchte das doch nicht gleich so ernst zu nehmen. Das erwartete er gar nicht. Obwohl es ihm total ernst damit war. Tiina würde schon noch verstehen, wie sehr er sie liebte. »Bin ich dir peinlich?«, fragte er.
    »Darum geht’s nicht. Geh jetzt! Bitte!«
    »Nicht so laut, du weckst noch die Kleine«, sagte Vesa und stand vom Tisch auf. Er war bereit zu gehen, obwohl er lieber mit ihr zusammen weggegangen wäre. Je weniger Zeit er allein verbringen musste, desto leichter konnte er die dunklen Gedanken unterdrücken. Wenn Tiina bei ihm war, konnte er träumen, von sich und ihr und einem anderen Leben.
    »Ich ruf dich an, wenn ich zurück bin«, sagte Vesa.
    »Ja, Mann. Geh jetzt!«
    »Gibst du mir einen Kuss?«, fragte Vesa und breitete die Arme aus.
    Tiina stand widerwillig auf, während von draußen Scheinwerferlicht das Küchenfenster streifte. Sie schauten hinaus und sahen rote Bremslichter und ein

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