Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In der Falle - Leino, M: In der Falle

In der Falle - Leino, M: In der Falle

Titel: In der Falle - Leino, M: In der Falle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marko Leino
Vom Netzwerk:
gelb leuchtendes Taxischild.
    »Ja, genau. Fuck!«, sagte Tiina und stieß Vesa vor die Brust. »Sie sind schon da.«
     
    Der Hausherr, der sich als Juha Viitasalo vorstellte, sah noch vierschrötiger aus als auf dem Hochzeitsfoto im Wohnzimmer. Er war fast zwei Meter groß, ein Mann mit strenger Miene, einem harten Händedruck und einem durchdringenden Blick aus grauen Augen, der Vesa fast unangenehm war. Aber er schien nicht überrascht, gleich zwei Babysitter anzutreffen. Sari, seine Frau, konnte dagegen ihre Überraschung nicht verhehlen. Ihr Händedruck war schlaff und flüchtig.
    Vesa zog seine Jacke an und versuchte, sich locker zu geben, obwohl er spürte, dass der Mann ihn nicht aus den Augen ließ. Wenn es einen Blick gab, der einen festnageln konnte, dann war es der von diesem Viitasalo, obwohl er nur an den Türrahmen des Wohnzimmers gelehnt stand und vollkommen gelassen wirkte, fast schon gelangweilt. Was er wohl in ihm sah? War er ein so guter Polizist, dass er auf den ersten Blick erkannte, wen er vor sich hatte? Hatte er den tödlichen Blick für Menschen, die etwas zu verbergen hatten? Er sah nicht aus wie jemand von der Kriminalpolizei, eher wie einer, der in einem Streifenwagen durchs nächtliche Helsinki fuhr. Aber man konnte nie wissen.
    »Es war ganz leicht. Liina ist wirklich ein nettes Kind«, antwortete Tiina auf die Frage des Mannes, wie es gegangen sei. »Sie war richtig lieb, sogar als sie ins Bett sollte.«
    »Hat sie, ohne zu meckern, Zähne geputzt?«
    »Ja, warum?«
    »Erstaunlich.«
    Wenn das überhaupt möglich war, sah Viitasalos Frau noch zerbrechlicher aus als auf dem Hochzeitsbild. Sie war fast magersüchtig schlank und hatte unter den Augen dunkle Ringe, die durchs Make-up hindurchschimmerten. Obwohl sie freundlich lächelte, machte sie auf Vesa einen nervösen Eindruck.
    »Vielen Dank noch mal, dass du kommen konntest … dass ihr so kurzfristig kommen konntet«, sagte sie, als sie Tiina zwei Zwanzig-Euro-Scheine hinhielt. »Reicht das?«
    »Ja. Danke«, sagte Tiina.
    »Meinst du, du könntest wiederkommen, wenn wir jemanden brauchen? Oder ihr?«
    Vesa schaffte es, vor Tiina zu antworten. »Ja, warum nicht. Wir mögen beide Kinder richtig gern.«
    »Wohnt ihr zusammen, wenn ich fragen darf?«, fragte Viitasalo.
    »Nein«, sagte Tiina für Vesas Empfinden fast zu schnell.
    »Sie meint, noch nicht«, sagte er, um sie zu ärgern.
    »Hätte von mir sein können, als ich noch jünger war«, brummte Viitasalo. »Man muss wissen, was man will und wie man’s bekommt.«
    Tiina wurde rot und erntete einen verständnisvollen Blick der Frau.
    Für einen Augenblick war es still, dann brach es aus Viitasalo heraus. Er lachte dröhnend. In den grauen Augen lagen jetzt auch Wärme und Witz. Liina hat es gut, dachte Vesa.
    Die Frau runzelte erst die Stirn, dann sagte sie lächelnd: »Ich hab’s ganz anders in Erinnerung. Juha war mehr der stille Typ. Die ersten Monate dachte ich, er hätte einen Sprachfehler, weil er nur Dreiwortsätze herausgebracht hat.«
     
    Als die jungen Leute draußen waren, wurden beide Viitasalos wieder ernst. Sie hatten zwei jungen Menschen gezeigt, wie ein glückliches Paar aussah, das genügte.
    In der Küche versuchte Viitasalo, an das Gespräch anzuknüpfen, das sie während der Taxifahrt begonnen hatten, vielmehr an sein Selbstgespräch. Aber Sari hob abwehrend die Hände, erklärte, sie halte keine weiteren Schuldzuweisungen mehr aus, und schlüpfte ins Badezimmer. Ein Stück Brot und das Messer, mit dem sie es sich geschnitten hatte, ließ sie auf dem Schneidbrett liegen. Viitasalo nahm die Scheibe und biss hinein.
    »Um Schuldzuweisungen geht’s gar nicht«, setzte Viitasalo sein Selbstgespräch fort. »Ich will nur wissen, warum ich nichts erfahre. Es ist schließlich auch mein Leben. Zum Beispiel damals die Messer: Ich weiß immer noch nicht, warum sie verschwunden sind, nicht wirklich.«
    Mit der Scheibe Brot in der Hand ging er ins Wohnzimmer und öffnete den Barschrank. Er hatte Lust zu trinken, bis er den ganzen Scheißtag vergessen hatte. Die ganze Scheißwoche. Er nahm eine Flasche Whisky und ein Glas, setzte sich aufs Sofa und schenkte sich das Glas halb voll. Am besten, er trank gleich so viel, dass er auch die Dummheit von vor viereinhalb Jahren vergaß, für die er, wie es aussah, bis ans Ende seiner Tage würde bezahlen müssen. Als er den ersten brennenden Schluck nahm, war er sich plötzlich sicher, dass die ganze gequirlte Scheiße einzig

Weitere Kostenlose Bücher