In der Gewalt der Banditen
Leben taugte.
Nichts und niemand würde ihn jetzt noch stoppen können.
Ich musste nur so lange durchhalten, bis mich Gott in seiner Gnade erlöste.
„Du kannst die Kutsche nehmen.“
„Danke.“
Ich erhob mich.
„Mit Eurer Erlaubnis“, sagte ich und verbeugte mich leicht.
Seine Kiefer mahlten, das konnte ich deutlich sehen. Vielleicht tat es ihm ja Leid, dass er mich so zurechtgewiesen hatte. Vielleicht wollte er die Uhr zurüc k drehen. Aber das ging nicht.
Gewiss empfand ich in jenem Moment den Drang, ihn freizusprechen. Etwas zu sagen, das sein Gewissen entlasten mochte. Doch ich tat es nicht.
Er hatte seinen Anteil an den Geschehnissen und er musste selbst damit z u rechtkommen.
„Wenn Ihr anspannen lassen würdet … Ich werde in Kürze soweit sein.“
Ohne auf seine Antwort zu warten, verließ ich den Raum und ging langsam die Treppe nach oben.
In meinem Zimmer erwartete mich bereits die händeringend umherlaufende Claire. Als sie mich bemerkte, flog sie förmlich zu mir herum.
Ihre Augen funkelten und ihre Züge waren voller Verzweiflung.
„M´am … Ihr werdet nicht wirklich gehen, nicht wahr?“
„Doch. Die Kutsche wird gerade angespannt und ich muss nur …“
„Nein!“ Mit diesem Aufschrei war sie bei mir, warf sich zu meinen Füßen nieder und hob ihr kleines Gesicht zu mir empor.
„Bitte … Der Master bereut seine Worte. Ich weiß es. Alle wissen es. Er will nicht, dass Ihr geht!“
Was sollte ich darauf sagen?
„Steh auf!“ Ich ergriff ihre kalten Hände und zog sie hoch. „Es muss ja doch sein, meine liebe Claire. Ich werde ihm nie den Sohn geben können, den er braucht. Also mache ich den Platz frei für eine bessere Frau.“
Ihre Augen füllten sich mit Tränen.
„M´am … Ich flehe euch an …“
Doch ich konnte nur den Kopf schütteln. Dann löste ich mich von ihr, nahm die alte Reisetasche, mit der ich in Black Hill House angekommen war und tat all jene Sachen hinein, die ich auch mitgebracht hatte.
„Wärst du so lieb und würdest mir mein Cape bringen?“
Sie hatte versucht, was sie konnte und eingesehen, dass es sinnlos war. Also verließ sie das Zimmer und kam kurz darauf mit meinem Umhang zurück. Vo r sichtig legte sie ihn um meine Schultern und verschloss ihn sorgfältig unter meinem Kinn.
„Es ist kalt, M´am. Ihr müsst auf euch achten …“
Mit einem kleinen Nicken und einem Kuss auf die Stirn verließ ich sie.
Die Tasche in Händen, betrat ich die Halle.
Henry stand an der geöffneten Tür und sah mich lange schweigend an.
Er öffnete den Mund, als wolle er etwas sagen, schwieg dann aber.
Mit einem Nicken erwiderte er meine Verbeugung.
Ein kalter Wind fegte herein und als Perkins meine Tasche abnehmen wollte, ließ ich ihn nicht.
Ohne mich noch einmal umzusehen, verließ ich Dark Hill House.
Es war zu Ende.
Der Nebel lag schwer über der Landschaft und man konnte nur wenige Fuß weit sehen. Aber die Pferde hatten ein gutes Gespür für den Weg und so kamen wir zügig voran.
Ich fühlte mich so müde und gleichgültig, dass wenn in diesem Moment jemand gekommen wäre und mir ein Messer an die Kehle gehalten hätte, ich mich nicht einmal zur Wehr gesetzt hätte.
Wie lange würden wir wohl brauchen bis zum Institut? Ich zog mit einem Finger den ledernen Schutzvorhang beiseite und atmete die feuchte Nebelluft ein.
Knorrige Äste schoben sich gespenstisch an die Kutsche heran, streiften die Wände und machten dabei Geräusche wie von Knochenhänden.
Als die Kutsche durch eine Senke rumpelte, wurde ich schmerzhaft gegen die Wand geschleudert. Und gerade, da ich meine Schulter rieb, um den Schmerz zu vertreiben, geschah es: Ich weiß nicht, ob ich Perkins Schrei zuerst hörte, oder das Brechen der Achse. Denn gleichzeitig, begann sich die Welt um mich herum zu verdrehen.
Ich wurde hin und her geworfen. Versuchte, mich mit klammen Händen ab zu stützten. Schreie dröhnten in meinem Kopf und ich wusste nicht, ob ich es war, oder die Pferde, oder der Kutscher.
Und dann krachte die Kutsche schwankend auf die Seite.
Ein heftiger Schlag traf meinen Kopf und dann wurde alles schwarz.
Ich weiß nicht, wie lange ich so in der umgestürzten Kutsche gelegen hatte, aber plötzlich hörte ich eine Stimme.
„M´am? … M´am?“
Jemand rüttelte an der Türe und eine Welle von Übelkeit kam über mich.
Ich versuchte, mich zu orientieren, was mir umso schwerer fiel, als mein Kopf dröhnte und mein Nacken eingeknickt war.
Mühsam richtete ich
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