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In der Gewalt der Banditen

In der Gewalt der Banditen

Titel: In der Gewalt der Banditen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassandra Norton
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dass zumindest einige der Männer sich im Kampf übten.
    Plötzlich wurde das Eingangstuch meines Zelts zurückgeschlagen und der A n führer, dessen Namen ich noch immer nicht wusste, trat ein.
    Sein Haar hing ihm vors Gesicht, weil er sich so tief bücken musste, um in die winzige Behausung einzutreten.
    „Ich hoffe, es geht euch besser?“
    Da er eine so höfliche Anrede wählte, ging ich davon aus, dass er nach wie vor sicher war, keineswegs ein Dienstmädchen gefangen genommen zu haben.
    Ich nickte lediglich, denn ich hatte keinen Grund zu besonderer Herzlichkeit.
    Mit einem kleinen Ächzen ließ er sich auf dem Boden mir gegenüber nieder und zog dabei die Knie bis an die Brust.
    „Was euch geschehen ist, bedaure ich zutiefst. Francis ist ein hervorragender Kämpfer, aber ein lausiger Denker.“
    Er schwieg und sah mich an, auch wenn ich kein Wort von mir gab.
    Seine Nähe, sein Schweigen – all das irritierte mich. Instinktiv hielt ich ihn für den verschlagensten Mann, den ich je getroffen hatte. Ich misstraute ihm sofort und zutiefst.
    „Ich würde euch gerne eurem Gemahl zurückgeben.“
    „Und wieso tut Ihr es nicht?“
    Er holte tief Luft und machte dann eine kleine Geste mit der Rechten, die wohl Hilflosigkeit andeuten sollte.
    „Schicke ich euch mit einem meiner Männer, wird er ihn sofort töten lassen. Und alleine schafft Ihr es nie bis Dark Hill.“
    Worauf wollte er hinaus?
    „In ein paar Tagen kann ich wieder reiten und dann ist das Problem gelöst, Sir.“
    Mit einer überraschend schnellen Bewegung war er auf den Füßen und an me i ner Seite.
    Er war also nicht nur verschlagen, er war auch flink.
    So nah kam er meinem Gesicht in diesem Moment, dass ich die schwarzen Sprenkel in seinen tiefbraunen Augen sehen konnte.
    „Ich habe dich sofort wiedererkannt“, flüsterte er.
    Mir wurde glühend heiß.
    „Du hast mich nicht verraten, obwohl du es gekonnt hättest.“ Seine Haut duft e te herb und männlich. Nach Leder ein wenig und einem Hauch …
    Ein Sirren ging über meine Haut. Die Härchen auf meinen Armen stellten sich auf und ein seltsames Kribbeln rann über meinen Rücken.
    Seine Lippen, schmal und entschlossen, bewegten sich so nah an meiner Haut, dass ich sie beinahe spüren konnte.
    „Jede andere hätte mich an den Galgen geliefert …“
    „Ihr wart halb tot …“, wisperte ich beinahe atemlos.
    „Trotzdem …“, erwiderte er.
    Mein Magen zog sich zusammen und meine Beine verkrampften sich vor A n spannung.
    „Dir verdanke ich mein Leben.“
    Seine Augen eilten förmlich über mein Gesicht.
    „So etwas vergesse ich nicht!“
    Wie nah seine Lippen den meinen kamen. Sein Haar kitzelte mich und sein Atem umfing mich, dass mir fast schwindelig wurde.
    Plötzlich legte er seine Hand an meine Wange. Ich erstarrte.
    Seine Zunge benetzte seine Lippen.
    „Niemals …“ Seine Worte waren kaum mehr als ein leises Hauchen. Nur für mich noch hörbar. Dabei so tief und eindringlich, dass mir die Sinne beinahe schwanden.
    Und dann berührten wir uns. Eine Berühru ng unserer Lippen, sacht wie der Schlag eines Schmetterlingsflügels.
    „John?“
    Eilige Schritte vor dem Zelt.
    „John? Wo zum Teufel steckst du?“
    Abrupt richtete er sich auf. Die Zelttür wurde aufgerissen und einer seiner Mä n ner stierte uns an.
    „Was ist?“, knurrte der Anführer.
    Ein kurzes, schmutziges Lächeln huschte über das schmutzige Gesicht des Rä u bers.
    „Störe ich?“, fragte er scheinheilig.
    „Bei was solltest du wohl stören?“, versetzte der Anführer und erhob sich. Sein Kopf stieß dabei gegen die Decke.
    „Hm … Weiß ja nicht. Terry sucht dich …“
    „Ich komme gleich.“
    Der Räuber nickte knapp und verschwand.
    John aber ging neben mir in die Hocke.
    „Verhalte dich ruhig! Unternimm keinen Fluchtversuch. Ich werde dich zurüc k bringen. Dir wird nichts geschehen! Hörst du? Aber du musst unbedingt tun, was ich dir sage.“
    Ich konnte keine Antwort geben. Zitternd lag ich unter meiner dünnen, von Löchern durchzogenen Decke und sah ihm nach.
    In den folgenden Tagen kam niemand in mein Zelt außer einem kleinen, alten Mann, dessen Rücken von einem großen Buckel gekrümmt wurde. Er trug stets einen zerbeulten Dreispitz und schmutzige Kleider. Seine Kniebundhose endete an seinem linken Bein oberhalb eines angeschnallten Holzbeins, das eigentlich nicht mehr war, als ein in Form geschnitzter Stock.
    Da er stark hinkte, hatte er große Schwierigkeiten, mit meinem Essen oder

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